Im Interview mit Gastro.News spricht die Unternehmerin und Gastronomin Farangis Firozian Klartext über das Problem mit den Wirtschaftshilfen der Regierung, die schlechte Stimmung innerhalb der Branche und wagt eine Prognose, die genauso plausibel wie beunruhigend ist.
Farangis Firozian ist seit mittlerweile sieben Jahren fester Bestandteil der Wiener Gastro-Szene. In ihrem Lokal Soul Kitchen im dritten Wiener Gemeindebezirk bietet sie Soul-Food und coole Events für die Wienerinnen und Wiener an. Aber im Lockdown ist alles anders und auch der fröhlichen Wirtin geht irgendwann die Kraft aus. Gastro.News hat nachgefragt.
Gastro.News: Du bist in der Wiener Gastronomie gut vernetzt und stehst im regen Kontakt mit deinen Kolleginnen und Kollegen. Wie ist die Stimmung im vierten Lockdown, kurz vor Jahresende?
Firozian: Als Gastronomin oder Gastronom ist man immer etwas eigen. Leidenschaftlich, emotional und mit Liebe am Werk. Uns muss man nicht zur Arbeit motivieren. Denn wir leben dafür. Das hat sich in den vergangenen zwei Jahren allerdings stark verändert. Heute herrscht Desinteresse, bis zu einem gewissen Grad sogar Depression in der Wiener Gastronomie. Das Kämpferische ist verloren gegangen und viele sperren zu, haben keine Energie mehr. Das ist doch unfassbar traurig.
Der Geduldsfaden ist gerissen. Die Stimmung der Branche ist am Boden.
Farangis Firozian – Unternehmerin und Gastronomin
Gastro.News: Wie geht es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wenn im Betrieb Resignation spürbar wird?
Firozian: Das Team bricht auseinander. Obwohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das Wichtigste überhaupt sind. Aber das ständige Auf und Zu hinterlässt seine Spuren. Umschulungen sind die Folge. Weil es in unserer Branche keine Sicherheit mehr gibt. Die Zeit im Lockdown ist nach wenigen Tagen unerträglich und die Aussicht auf Besserung kaum bis gar nicht vorhanden. Und dann bewerben sich ausgebildete Köche bei IT-Firmen, um für sich und die Familie sorgen zu können. Ja, so weit ist es gekommen!
Gastro.News: Um die Mitarbeiter und Betriebe zu halten, sind wirtschaftliche Unterstützungen seitens der Regierung notwendig. Einfach verhält es sich damit allerdings nicht, wie man aus der Branche zu hören bekommt. Woran liegt das?
Firozian: Wir haben es heute mit dem Ausfallsbonus zu tun, dem Nachfolger des Umsatzersatzes aus dem Vorjahr. Dieser kann beantragt werden, sobald der Betrieb 30 Prozent Umsatzeinbußen im Vergleich zum selben Monat des Jahres 2019 verzeichnet. Der Lockdown hat aber erst am 22. November begonnen. Daher kommen ganz viele nicht auf die vorgeschriebenen 30 Prozent. Das geht sich einfach nicht aus. Auch wenn die Gastronominnen und Gastronomen versucht haben, wenig Umsatz in der letzten Woche zu machen. Das kann doch bitte nicht der richtige Weg sein.
Die Gastronomie wird von der Regierung als Druckmittel missbraucht.
Farangis Firozian – Unternehmerin und Gastronomin
Gastro.News: Wird die Soul Kitchen die Krise überleben?
Firozian: Ich glaube fest an unser Konzept und an die Soul Kitchen als Gastronomiebetrieb, Ort der Begegnung und Event-Location. Denn wir hatten in der Vergangenheit bereits tolle Momente und waren immer öfter ausreserviert. Das ist jetzt alles weg. Das Restaurant ist geschlossen und die Events verschoben oder abgesagt. Ich bin wirklich am Boden. Das erste Mal seit sieben Jahren. Man verliert die Kraft, muss aber trotzdem für das Team stark sein. Unsere Branche ist am Ende, obwohl sie so wichtig für das psychische Wohl der Bevölkerung ist.
Gastro.News: Hast du eine Idee, eine Prognose, wie es in den kommenden Monaten mit der Gastronomie weitergehen wird?
Firozian: Ich gehe von einer Wiederholung des vergangenen Frühjahrs aus. Denn ich rechne nicht damit, dass wir im Jänner offen haben werden. Das wird wohl erst im Juni wieder möglich. Die große Hoffnung liegt wieder einmal auf dem Sommer. Und bis dahin versuchen wir, mit aller Kraft durchzuhalten.
Gastro.News: Danke für das Gespräch!