Pizza Pizza – Little Napoli in der Leopoldstadt

Andrea Wieger

Ob Burger, Pulled Pork, Craft Beer oder Slow Tacos – all diese kulinarischen Trends der Stunde (der Anglizismus lässt grüßen) beherrschen zwar noch immer die Konzepte vieler neuer Lokale, der Hype flaut jedoch schon etwas ab. Das trifft sich gut für das vor einigen Monaten am Karmelitermarkt eröffnete „Pizza Quartier“, denn hier geht es nämlich nicht um Trends, sondern um den authentischen Geschmack neapolitanischer Holzofenpizza und die echte Cucina alla Mamma. „Schon wieder eine neue Pizzeria?“ könnte man sich jetzt denken, wenn man liest, dass das nächste Pizzalokal in Wien eröffnet hat. Aber so schlimm ist es ja eigentlich auch nicht, dass sich die Möglichkeiten, ausgezeichnet Pizza essen zu gehen, in der Stadt vermehren.

Das einstige Marktachterl am Karmelitermarkt hat also wieder neue Betreiber. Das erfahrene Gastronomenpaar Anita Paic und Alessandro Perrella haben in den vergangenen Jahren nach der perfekten Location für süditalienische Hausmannskost gesucht. Für die fachmännische Umsetzung konnten sie sich einen der besten Pizzaioli der Stadt angeln: den aus Neapel stammenden Mario Siani, ein begehrter Mann wenn es um die Kunst des richtig guten Pizzabackens geht! Er ist es auch, der für die Besonderheit dieses Lokals verantwortlich ist: „Wir verzichten auf Germ und setzen auf italienischen Sauerteig, Lievito madre. Den hat mein Vater vor zehn Jahren angesetzt: Die Starterkultur entstand aus einem Apfel und Joghurt.“ erzählt er. Nicht nur den Pizzateig, auch das Brot bäckt Siani mit dem selbst angesetzten Sauerteig. Der Teig unterscheidet sich von jenen der Konkurrenz durch eine angenehm säuerliche Note und eine weichere Konsistenz, trotzdem präsentiert sich der Pizzaboden hauchdünn. Und das will man erlebt haben: So bekömmlich, so durch und durch köstlich, wie der runde Fladen hier nach nur 90 Sekunden Backzeit (!) aus dem 420 Grad heißen Ofen kommt, hat man ihn bislang nur selten kosten dürfen. Noch dazu, wo auch die Belagsarbeit mit besonderer Sorgfalt geschieht: hier nimmt man nämlich ganz bewusst Abstand von italienischen No-Gos wie Dosenmais – jawohl, kein Mais auf der Pizza! – oder auch dem hierzulande oft beliebten extra Knoblauch am Pizzarand. Nein, hier kommt ausschließlich „Echtes“ wie San Marzano Paradeiser aus der Region Kampanien, Mozzarella aus Agerola, fantastische Salsiccia, von der Mamma des Pizzabäckers hausgemachtes, kräftiges Chiliöl und andere Feinheiten oben drauf. Gut so! Sehr zu empfehlen sind auch die weißen Pizzen, ohne Tomatensauce. Ich entschied mich für diese Variante belegt mit Büffelricotta, Parmigiano Reggiano und Fior di latte (Mozzarella aus Kuhmilch) und kann nur soviel sagen: beinahe hätte ich meinen Gaumen jubeln gehört – mhhhh, so muss Pizza schmecken! Noch dazu mit dem beruhigenden Gefühl, dass sich nach deren Genuss dank des hefefreien Teiges die Blähkraft in Grenzen hält – perfetto!

Was es in Wien bislang noch nicht gab, ist eine besonders typische Spezialität, die man in Neapel an jeder zweiten Straßenecke bekommt: Pizza fritta. Dafür wird die belegte Pizza zusammengeklappt und nicht etwa dem Ofen, sondern der Fritteuse überlassen. Erinnert irgendwie an eine Fusion aus Calzone und Langos, wer´s deftig mag ist damit jedenfalls bestens bedient. Die Küche hat aber noch mehr zu bieten. Wer beispielsweise den im Ganzen servierten Büffel-Mozzarella gekostet hat, will nie wieder einen anderen, drei Mal die Woche wird das Restaurant mit frischem Käse beliefert, der in Neapel hergestellt wird. Weitere Köstlichkeiten auf der Karte: Cappellacci (eine Art Tortelloni) mit Füllung in Parmesancreme oder Fritturino all‘ italiana mit Arancinos (mit Rindfleisch gefüllte, frittierte Reisbällchen), die sahnigste Panna Cotta die ich jemals genossen habe und ein vom Koch selbst angesetzter, extra-cremiger Limoncello (Zitronenlikör aus der Amalfi-Region). Am Wochenende gibt’s traditionelle neapolitanische Torten (Stichwort Ricotta) und samstags kann auch gefrühstückt werden – wie praktisch, dass der Markt vor der Tür ist.

Das Ambiente im Pizza Quartier ist freundlich, wenn auch ein wenig kühl und recht modern. Nach meinem Geschmack könnte es ruhig mehr Gemütlichkeit vertragen, die sich mit bisschen Stoff hier und bisschen Grün da einfach herbeizaubern ließe, doch bei der Größe des Lokals ist es vermutlich nicht ganz so einfach ein eher uncharmantes Kantinenflair zu vermeiden. Und dass man, im Gegensatz zu sehr vielen anderen Restaurants in dieser Stadt, nicht zum Kuscheln mit dem Nachbar gezwungen wird ist doch auch erfrischend. Genial und sehr beliebt ist der richtig große Tisch an dem bis zu 30 Personen Platz finden – eine grandiose Gelegenheit für die nächste Geburtstags-Pizza-Party. Was beim Interieur eventuell noch nicht ganz auf den Punkt gebracht ist, macht in jedem Fall das herzliche Service des italienischen Personals wieder wett. Diesbezüglich habe ich beobachtet, dass man auch als nicht-junger-und-nicht-weiblicher Gast ausgesprochen freundlich und kompetent bedient wird. Der italienische Charme kommt nämlich immer durch, egal ob Bella Ragazza oder Signore.

Mein Fazit:

Authentisch, herzlich, fantastisch im Geschmack – dem ist Nichts hinzuzufügen!

 

Pizza Quartier

Karmelitermarkt 96

1020 Wien

Tel. 01/212 49 94

www.facebook.com/pizzaquartierwien

Geöffnet: Montag – Freitag 11 – 23 Uhr, Samstag 8 – 23Uhr, Sonn- & Feiertag geschlossen