Mag. Klemens Mayer ist Rechtsanwalt in Wien und schreibt regelmäßig eine Kolumne zum Thema „Recht in der Gastronomie und Hotellerie“. Interessante und aktuelle Themen werden regelmäßig erläutert, Tipps für GastronomInnen gegeben und auf Unrechtmäßigkeiten hingewiesen.
Ich möchte mich im Rahmen der Kolumne mit zwei Themenkomplexen beschäftigen, nämlich die Möglichkeit im Rahmen von Warenlieferungen sowie das Verhalten bei abgeschlossenen Leasingverträgen.
Warenlieferungen
Ein Gastronom hat vor dem 10.03.2020 bei Lieferanten für seinen gastromischen Betrieb verderbliche Waren zur Verarbeitung bestellt (Fleisch, Obst, Gemüse, etc.); durch die Covid-19 Erlässe musste der Gastronom seinen Betrieb schließen und konnte die Ware nicht verarbeiten und in weiterer Folge entsorgen. Hier stellt sich die Frage, ob der Gastronom diese Ware an seinen Lieferanten bezahlen muss oder nicht. Wir befinden uns hier in einem Spannungsverhältnis, der Lieferant hat seine Leistung vollständig und ordnungsgemäß erbracht, hat daher grundsätzlich einen Anspruch auf Bezahlung des vereinbarten Entgeltes, andererseits ist der Gastronom nicht in der Lage die bezogene Ware weiter zu verarbeiten und im Rahmen des Gastronomiebetriebes zu verkaufen. Im Rahmen der normalen Geschäftsbeziehung ist der Gastronom verpflichtet, unabhängig davon ob er tatsächlich Gäste hat oder nicht, die bezogene Ware zu bezahlen. Die einzige Möglichkeit die hier besteht, ist die Argumentation des Rechtsinstitutes, der sogenannte Wegfall der Geschäftsgrundlage, die in einem solchen Fall zur Leistungsfreiheit führt.
Die aufgrund der Corona-Pandemie eingetretene Situation ist unter dem Begriff höhere Gewalt zu subsumieren, wenn diese vertraglich nicht ausgeschlossen wurde führt nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes die höhere Gewalt zum Wegfall der Geschäftsgrundlage und in weiterer Folge zur Leistungsfreiheit des Gastronoms. Selbstverständlich muss jeweils im Einzelfall die tatsächliche Anspruchsgrundlage geprüft werden, wie bspw. die abgeschlossenen Verträge, die Möglichkeit, die Haltbarkeit der bezogenen Produkte durch geeignete Maßnahmen zu verlängern, gegebenenfalls auch die Verwertung über andere Möglichkeiten zu versuchen (Lieferservice, Abholservice), ferner ist der Gastronom selbstverständlich auch verpflichtet spätestens nach Kenntnis der entsprechenden Verordnung den Lieferanten frühzeitig über die mangelnde Abnehmbarkeit bestellter Ware zu informieren um diesem die Möglichkeit einer anderen Disposition zu geben. Eine allgemeine Leistungsfreiheit aufgrund der eingetretenen Situation ist unter keinen Umständen gegeben.
Leasingverträge
Gastronomiebetriebe haben meistens bei diversen Wirtschaftsgütern Leasingverträge abgeschlossen (Kopierer, Telefonanlagen, Schankanlagen, Computeranlagen, etc.). Es ist die Frage zu beurteilen, inwieweit es für den Zeitraum der Schließung des Betriebes und dem gänzlichen Entfall der gewerblichen Tätigkeit nicht die Möglichkeit besteht für diesem Zeitraum die Leasingentgelte nicht nur zu stunden, sondern überhaupt für diesen Zeitraum das Leasingentgelt auszusetzen. Wesentliche Voraussetzung für das Aussetzung des Leasingentgeltes liegt darin, inwieweit es sich um ein reines Mietleasing handelt und sohin der Leasingvertrag als klassischer Bestandvertrag zu werten ist. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofes sind bei reinen Mietleasingverträgen oder bei Leasingverträgen bei denen der Mietcharakter überliegt, die Regeln des Bestandvertrages anwendbar, was im Ergebnis dazu führen kann, dass der Gastronom berechtigt ist so wie bei der Geschäftsraummiete mit den Zahlungen für den Zeitraum der Schließung des Betriebes auszusetzen.
Auch hier gilt jedoch, dass im Einzelfall die Anspruchsgrundlage geprüft werden muss, insbesondere der Vertragsinhalt des abgeschlossenen Leasingvertrages sowie die Art des abgeschlossenen Leasings.
Jedenfalls sollte der Gastronom sowohl bei den Lieferanten als auch beim Leasinggeber unmittelbare Schritte nach Prüfung der Anspruchsgrundlage setzen!
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