Für großes Interesse hat die Ankündigung des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig gesorgt, öffentliche Räume für jene Gastronomen zur Verfügung stellen zu wollen, die über keinen eigenen Schanigarten verfügen. Auch diese Kolleginnen und Kollegen sollen eine faire Chance bekommen so lange die Innenbereiche der Lokale im Lockdown sind.
Dass der Herr Bürgermeister dieses ambitionierte Projekt nicht selbst leiten wird, war klar. So wurde Stadtrat Peter Hanke mit der Umsetzung beauftragt, der wiederum die Stadt Wien Marketing dafür einsetzt. Ist auch naheliegend, denn hier liegt die Erfahrung von Film-Festival und Rathausplatz.
Da Michael Ludwig die Gastronomen als seine „Verbündete“ bezeichnete und die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer bei diesem Vorhaben extra betont wurde, haben wir als Fachvertreter sogleich um einen Gesprächstermin angefragt.
Bekannt ist bisher, dass es möglichst in jedem Bezirk bis zu 2 Schanigärten geben soll. Die dafür vorgesehenen Standorte wurden in den Medien bereits veröffentlicht. Im Stadtpark sind 10 Picknick-Inseln für maximal 36 Personen geplant. Pagodenzelte oder Hütten, sowie Tische und Sessel, Wasser, Strom und WC werden von der Stadt zur Verfügung gestellt. Das ergibt eine ansehnliche Investition von 2,8 Mio. Euro. Dafür meinen Respekt. Als Kostenbeteiligung ist geplant, den teilnehmenden Gastronomen einen Schanigartentarif von € 2,— pro Monat und Quadratmeter zu verrechnen. Jedes Monat sollen andere 100 Gastronomen die Plätze bespielen. Somit kommen theoretisch etwa 300 Betriebe zum Zug.
Was allerdings überhaupt noch nicht klar ist, sind die technischen und logistischen Voraussetzungen, die ein Gastronom erfüllen muss, um auf diesen Plätzen überhaupt ein Geschäft umsetzen zu können. Die Basis-Infrastruktur wird zur Verfügung gestellt, die gastronomische Ausstattung wird wohl der Gastronom organisieren müssen. Wie jene kleinen Gastronomen, die sich gerne bewerben würden, aber keinerlei Erfahrung, geschweige denn Ausstattung für Catering haben, dies stemmen sollen, bleibt offen. Ich glaube kaum, dass die finanziell schwer angeschlagenen Betriebe jetzt noch in Gläser, Geschirr, Besteck, Rechauds, Kochplatten, HCCP konforme Kühlboxen und vieles mehr investieren werden. Selbst wenn ein guter Teil aus dem Betrieb genommen wird, wissen wir alle, was Gläser- oder Geschirrkörbe für einen bruchsicheren Transport kosten. Stellt sich die Frage der Zulieferung der Getränke, die Installation von Bier-Zapfgeräten, oder wird es ausschließlich Getränke aus und in der Flasche geben? Wie steht es mit der Entsorgung und Reinigung der benutzen Teller und Gläser sowie dem allgemeinen Abfall? Nachdem Betriebe aus dem jeweiligen Bezirk für die Plätze vor Ort ausgewählt werden sollen, war ein Vorschlag, die Reinigung im Betrieb durchzuführen. Selbstverständlich wird auch eine Registrierkasse zu installieren sein.
Fragen über Fragen, die beantwortet werden müssten, um eine korrekte Ausschreibung mit genauem Anforderungsprofil erstellen zu können. Dieses ist Voraussetzung für fachlich durchdachte und damit erfolgversprechende Bewerbungen inklusive Konzept des Angebotes. Natürlich geht es auch anders: „Wir stellen Tische, Sessel, Strom, Wasser, WC zur Verfügung, für den Rest hat der Gastronom zu sorgen.“ Auf dieser Basis werden sich entweder gastronomische Abenteurer bewerben oder jene Großen, die wissen was es braucht. Oder sich aufgrund ihrer Erfahrung eben nicht bewerben.
Betreffend des Auswahlverfahrens ist unser Vorschlag, die Bewerber pro Bezirk zusammenzufassen und die Teilnehmer mittels Losverfahren im Beisein eines Notars zu ziehen. Nachdem es schon mediale Aufregung gegeben hat, welcher politische Günstling wieder dabei sein wird, sehen wir diese Vorgangsweise als richtig an.
Ich vertraue darauf, dass die betrauten Veranstaltungs- und Gastronomieexperten sich dieser Fragen bewusst sind und dementsprechend die für eine erfolgreiche Umsetzung notwendigen Unterlagen zur Verfügung stellen. An einem Online-Bewerbungsportal wird seitens der Stadt bereits gearbeitet.
Unsere Terminanfrage zu einem Fachgespräch blieb übrigens bis heute unbeantwortet.
Euer
Peter Dobcak