Wer kennt Ihn nicht, den Traum vom eigenen Lokal?
Verfasst von Peter Pointner – Mit leicht verklärtem Blick und der sprichwörtlichen „rosa Brille“ blicken viele Menschen auf dieses Ausstiegsszenario. Ein kleines, idyllisches Lokal, das gerne besucht wird und sich bei den Gästen wie eine Erweiterung des eigenen Wohnzimmers anfühlt. Ein kleines Café im Bezirk, ein charmantes Bistro in dem der „Wahlfranzose“ zur Gänze auf seine Kosten kommt, oder eine charmante Bar ohne Sperrstunde, wo man die ganze Nacht mit seinen Freunden feiern und diskutieren kann. Es ist ein romantisches Bild, das wir vor Augen haben. Probleme blendet man dabei völlig aus, denn was soll da schon schiefgehen? Kurz gesagt: Sehr viel!
Träume und Herzenswünsche sind etwas sehr Schönes, nur haben sie in den seltensten Fällen Gemeinsamkeiten mit der Wirklichkeit, denn die sieht bekanntlich anders aus. Ein Lokal zu führen ist Arbeit, harte Arbeit und so verlockend der Traum auch sein mag, so hart kann dieses Geschäft sein. Wie in jedem anderen Unternehmen muss man äußerst wirtschaftlich denken, denn die Gastronomie ist und bleibt mitunter eine beinharte Branche die nur selten Fehler verzeiht. An erster Stelle sollte eine gute, fundierte Ausbildung, sowohl in der Theorie, als auch in der Praxis, sein.
Einer der wichtigsten Punkte ist die Location. Die richtige Positionierung kann über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Die Lage ist im Verhältnis zum Gesamtkonzept von entscheidender Bedeutung. Man sollte kein „Bobo-Café“ neben einem Sportplatz auf die grüne Wiese stellen und sich dann darüber wundern, wieso niemand bereit ist € 4,80 für einen „Cinnamon-Latte“ zubebezahlen, oder warum sich das „Cherry-flavored-Craft-Beer“ nicht verkauft. Wer sich beispielsweise als Fast-Food-Franchisenehmer etablieren will, der sollte voll und ganz auf Hochfrequenz-Lagen wie Kino- oder Einkaufszentren setzen.
Was hier so selbstverständlich klingt, ist aber nicht immer einfach. Man muss sich im Klaren darüber seine welche Klientel man ansprechen und bedienen will. Eine Standortanalyse ist hier äußerst empfehlenswert.
Wenn man den richtigen Standort gefunden und ein dazu passendes Konzept für seinen Betriebstyp entwickelt hat, sollte man sich dringend in Sachen Genehmigungen informieren. Österreich ist über die Grenzen hinaus bekannt für seine Bürokratie und seine scheinbar unendlichen Amtswege über diverse Behörden. Zwar kann man hier mitunter kabarettreife Erlebnisse haben, doch selbst Humor kann einem im Angesicht eines Marktamtsbesuchs verloren gehen.
Auch was Baugenehmigungen betrifft, sollte man immer „up to date“ sein. Sehr oft sprengen Rückbaumaßnahmen das Budget und Lokalbesitzer stehen schon vor der Eröffnung stark in der Kreide. Notausgänge, Feuerwehrzufahrten, Lüftungsanlagen, Brandschutzeinrichtungen und diverse Anschlüsse können schnell zum Verhängnis werden, wenn man nicht alle Eventualitäten durchgedacht hat.
Hat man alle Informationen gesammelt und genaue Zahlen, Daten und Fakten zu Standort, Lage und Betriebstyp kommt man zur Finanzierung. Hier gibt es ein Zitat aus dem legendären Film „Der Pate“, von Francis Ford Coppola: „Es ist nichts Persönliches. Es geht ums Geschäft.“
Ganz richtig. Das eigene Lokal ist ein Geschäft und bei Geschäften aller Art muss man leider immer ein Auge auf die Finanzen haben. Besonders in der Gastronomie gilt der Grundsatz des Eigenkapitals. Man muss genügend Rücklagen haben um etwaige Verluste während der Anlaufzeit kompensieren zu können. Wer hier wirtschaftlich denkt und genügsam ist, der ist klar im Vorteil. Die neue Registrierkassenpflicht ist hier ein gutes Beispiel. Einige Lokalbesitzer hatten an alles gedacht, nur eben nicht an die Registrierkassa. Viele Cafetiers und Lokalbesitzer mussten dann die Erfahrung machen, wie teuer Registrierkassen-Systeme sein können. Viele Gastronomen mussten umständliche Leasingverträge für ihre Kassen abschließen, die sie noch über Jahre finanziell „beschäftigen“ werden. Manchmal sind es scheinbare Kleinigkeiten, die einen jungen Unternehmer in Schwierigkeiten bringen können.
Auch beim Personal gilt der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit. Anfangs ist man nicht selten versucht gerade beim Personal zu sparen, schließlich gibt es genügend Menschen in Österreich die einen Job suchen. Auch billige Arbeitskräfte haben Ihren Preis. Selbstverständlich scheint es am Anfang billiger zu sein Studenten oder andere Hilfskräfte zu engagieren. Doch oft zeigt sich, dass eine Fachkraft meist bessere Arbeit leistet als eine Gruppe von Aushilfskräften, die neue in der Gastronomie sind. Für Quereinsteiger können Fachkräfte oft unerlässlich sein, da diese einem oft bessere Einblicke verschaffen können oder oft über Know-How verfügen, das einem weiterhelfen kann.
Wenn es um Qualifikation geht, sollte man bei sich selbst auch immer wieder Maß nehmen. In der heutigen Zeit, in der sich die Branche ständig in Bewegung findet, ist Weiterbildung beinahe unumgänglich. Oft können einem Lehrveranstaltungen, Konferenzen und Branchenmessen Dinge vor Augen führen, die man aus Betriebsblindheit selber nicht bemerken konnte. Wie in vielen Dingen, darf man sich in der Gastronomie nicht vor neuen Wegen scheuen, jedoch sollte man auch immer berücksichtigen welche Herangehensweisen schon funktioniert haben.
Wen es um den Traum vom eigenen Lokal geht, sollte man nie vergessen, dass, so schön der Traum auch sein mag, am Ende oft ein böses Erwachen steht. Wer offen ist und hart arbeiten kann, der hat vielleicht das nötige Zeug zum Gastronomen. Planung und Konzeption sind hier das Um und Auf, doch darf man niemals vergessen, dass es letztendlich die Kunden, beziehungsweise die Gäste sind, die uns den Erfolg bringen. Kommunikation und Engagement sind zwei der wichtigsten Werkzeuge der Gastronomie. Es ist eine wunderbar vielfältige Branche und eine kleine Welt für sich, die sich ständig verändert, eine Welt die uns träumen lässt, aber auch eine Welt, die uns klar vor Augen hält, dass Traum und Wirklichkeit nur in den seltensten Fällen dasselbe sind.
Das WIFI Kursbuch:
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