Peter Pointner: Wir sind die Macher im Hintergrund!

Dominik Köhler

Peter Pointner im Interview mit Gastro.News ©CENTERPRISE group

Im großen Gastro.News Interview spricht Gastro-Experte Peter Pointner Klartext über die Herausforderungen beim Verkauf eines Gastronomiebetriebs, die Trends und Booms der Gegenwart und letzten Jahre und verrät, was die Arbeit von Dr. House und seine gemeinsam haben.

Gastro.News: Warum brennst du für die heimische Gastronomie und den österreichischen Tourismus?
Pointner:
Ich habe mein Leben lang in den Branchen Gastronomie und Tourismus gearbeitet. Und schon als Student mein Geld als Barkeeper, Reiseleiter und später auch im Reisebüro verdient. Wobei mich das Reisebüro von Amerika, über England bis zuletzt nach Moskau geführt hat. Ich bin dann Ende der 90er Jahre zurück nach Österreich gekommen, als das Land gerade einen regelrechten Boom der Multiplexe erlebte.

Gastro.News: Eine attraktive Chance sich als Unternehmen zu entwickeln und zu positionieren?
Pointner:
Natürlich. Damals gab es niemanden im Immobilien-Bereich, der dahingehend vernünftige Konzepte vorlegen und auch umsetzen konnte. Für die hungrigen Investoren war die Umsetzung in der Planung und bei der Vergabe von Geldmitteln aber ganz entscheidend. Wir haben uns schon damals gleich um die Vermittlung der Mieter gekümmert. Ein komplettes Package angeboten, kann man sagen. Das ist gut angekommen.

Gastro.News: Der Boom der Multiplexe war aber nicht von Dauer, was ist dann gekommen?
Pointner:
Richtig. So schnell wie er gekommen ist, war alles auch schon wieder vorbei. Nach rund drei Jahren wollte ich also wieder zurück in den Tourismus. Und dann kam der Boom mit den Shopping-Centern.

Gastro.News: Welche Entwicklung konntest du dahingehend beobachten und welche Rolle hat die Gastronomie dabei gespielt?
Pointner:
Die haben alle begonnen massiv Entertainment-Anteile dazu zubauen. Unterhaltung war gefragter als je zuvor. Dann ging es weiter mit den Bahnhöfen. Ich erinnere an den Hauptbahnhof in Linz, Graz und natürlich in Wien. Trends wie diese müssen früh erkannt und verstanden werden. Dann lässt sich ein lukratives Geschäft daraus machen. Der hohe Anteil an Gastronomie und Unterhaltung in all diesen Bereichen ist bis heute extrem wichtig.

Gastro.News: Welchen positiven Effekt hat das gesteigerte Angebot an Gastronomiebetrieben an eben diesen Hot Spots?
Pointner:
Das ist leicht erklärt. Mit derartigen Angeboten wird die Aufenthaltsdauer der Besucherinnen und Besucher in beispielsweise den Malls massiv verlängert. Das hilft den Shops, der Gastronomie und natürlich den Betreibern.

Im Office geht es um Strategie und Planung ©CENTERPRISE group

Gastro.News: Das Angebot in Wien und Österreich ist aber schon allein aufgrund der Größe knapp bemessen. Wie wurden neue Aufträge lukriert?
Pointner:
Durch die große Osterweiterung. Der Roll-Out österreichischer Investoren in den Osten. Davon hat die Bauwirtschaft, die Shops und das Land profitiert. Ein Glück für Österreich.

Gastro.News: Welche Rolle hat die CENTERPRISE group bei dieser Entwicklung gespielt?
Pointner:
Wir haben das gemacht was wir am besten können. Konzepte entworfen, präsentiert und umgesetzt. Und wir haben uns natürlich um die Vermietung gekümmert. Wobei in Ländern wie Rumänien andere ungeschriebene Gesetze herrschen als in Österreich. Ich musste mich immer interkulturell einlesen um zu erfahren, was dort ´State of the Art´ in der Gastronomie ist. Die Branche ist ja immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. Bei uns auch dahingehend, dass jede Immigrationswelle ihre landestypische Küche mitgebracht hat. Ob die Syrer oder die Iraner in den 80er Jahren. Das Land gewinnt viel dadurch und wird insgesamt kosmopolitischer.

Gastro.News: Welchen Boom erleben wir heute in der Gastronomie?
Pointner:
Derzeit ist die Stadtentwicklung ein ganz wichtiges Thema. Die große Zeit der Malls ist erledigt. Man tauscht aus, optimiert oder verbessert. Das war´s aber auch schon. Jetzt haben wir die Situation in Wien, dass die Stadt enorm wächst. Die Wohnbauträger müssen der Stadt Wien vernünftige Konzepte zur Infrastruktur-Entwicklung vorlegen, damit keine seelenlosen Satellitenstädte wie in Paris umgesetzt werden. Dafür kommen sie zu uns, um Rat einzuholen und das Konzept gemeinsam zu erarbeiten.

Gastro.News: Welche Projekte in der Pipeline sind gerade besonders spannend?
Pointner:
Da gibt es unter anderem ein ganz tolles Beispiel im 12. Bezirk, in der Eichengasse nähe Meidlinger Hauptbahnhof. Dort werden gerade an die 1000 Wohnungen gebaut, plus 350 Studentenheimplätze. In unmittelbarer Nähe steht und stand seit hundert Jahren eine alte Remise der nun neues Leben eingehaucht wird. Sprich ein Ziegelbau, wie beispielsweise die Stadtbahnbögen, wo die Straßenbahnen gewartet wurden.

Gastro.News: Wie wird diese Wiederbelebung der alten Remise aussehen, sobald das Projekt abgeschlossen ist?
Pointner:
Es wird eine neue Brauerei, Destillerie, Rösterei und ein Food-Court mit Spezialitäten geben. Umgesetzt von einem Unternehmen aus England, angeführt von einem deutschen Auswanderer. Events wird es dort auch geben. Das ist ganz spannend und wird für viel Aufsehen in Wien sorgen.

Gastro.News: Von welcher Fläche sprechen wir dabei?
Pointner:
1500 m2. Aber es wird noch größer. Mittlerweile planen wir auch ein Projekt im Süden Wiens. Da gibt es eine ehemalige Munitionsfabrik, zuletzt Sargfabrik und Tischlerei in der Breitenfurter Straße. 5000 m2, die mit derselben Rezeptur belebt werden. In dem Fall aber mit noch mehr Events und Kultur. Umzingelt von neuen Wohnbauten, einem Bildungs-Campus und so weiter.

Die Gastronomie ist immer ein Spiegelbild der Gesellschaft. Bei uns auch dahingehend, dass jede Immigrationswelle ihre landestypische Küche mitgebracht hat. Das Land gewinnt viel dadurch und wird insgesamt kosmopolitischer.

Peter Pointner

Gastro.News: Wie wirken sich real gewordene Mega-Projekte wie diese auf die unmittelbare Umgebung aus?
Pointner:
Für die Immobilienentwicklung ist das natürlich unfassbar spannend. Beim Londoner Vorbild sind die Mieten in der Umgebung signifikant gestiegen. Und auch die Kaufpreise. Jeder will eine tolle Wohnung, aber ohne Infrastruktur ist das nicht so sexy. Wir sehen, dass Städte wachsen und neue Bezirkszentren entstehen. Dort können wir wirken um das Angebot zu attraktivieren. Aber wir haben auch mit der Umgestaltung, dem Verkauf und der Neuorientierung von Betrieben Erfahrung.

Gastro.News: Welche Herausforderungen gilt es bei eben solchen Neuorientierungen für die beteiligten Parteien zu beachten?
Pointner:
Einzelverkäufe sind beispielsweise insofern problematisch, sobald 10 bis 50 Mitarbeiter davon betroffen sind. Die dürfen von den Umstrukturierungen nämlich nichts mitbekommen. Das muss alles sehr diskret über die Bühne gehen. Und nachdem wir nicht mit dem ´Zu verkaufen Plakat´ rumlaufen und uns damit in die Auslage stellen, suchen wir immer das direkte Gespräch mit möglichen Interessenten. 25 Jahre Erfahrung und ein großes internationales Netzwerk helfen dabei natürlich enorm. So haben wir Hard Rock nach Wien gebracht, oder Peter Pane. Es ist ein unglaubliches Werken hinter den Kulissen. Weil die Verkaufsprozesse solcher Betriebe oft zwischen drei und sechs Monaten dauern.

Gastro.News: Wieviel Eigenkapital braucht man heute um als Einsteiger in der Branche durchzustarten, oder einen bereits bestehenden Betrieb zu übernehmen?
Pointner:
Am besten 120 Prozent. Die Bankenlandschaft ist ganz unfreundlich zu unseren Kunden. Diejenigen die es sich leisten können heute zu expandieren, haben meist bereits drei, sechs oder sogar zehn eigene Lokale. Aus dem Cashflow wird finanziert. Dabei agieren wir stets in beratender Funktion.

Gastro.News: Ohne dabei das öffentliche Interesse zu wecken.
Pointner:
So muss es sein. Wir sind keine typischen Immobilienmakler die sich im Internet großartig inszenieren. Die sich digital vernetzen und das Angebot auf zig Plattformen inserieren. Bei uns läuft es anders. Wir sind im Hintergrund und es geht immer um B2B Geschäfte. Wohnungen und Büros haben uns nie interessiert. Wir sind bei der Shop-Börse und bei der Gastro-Börse geblieben.

Gastro.News: Das wird sich auch nicht ändern?
Pointner:
Wir sind eine kleine Nummer, dafür in unserem Bereich die Nummer eins. Es braucht viel Wissen und Erfahrung darüber, wie man Unternehmen verkauft und die richtigen Parteien zueinander bringt. Die haben wir.

Außenansicht des Büros ©CENTERPRISE group

Gastro.News: Ihr seid also die ersten Ansprechpartner wenn ein Verkauf oder eine Übernahme im Gespräch ist?
Pointner:
Wenn man uns kennt, ja.

Gastro.News: Ist es für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht belastend, erst so spät von den Umstrukturierungen am Arbeitsplatz zu erfahren?
Pointner:
Wir versuchen die Verkaufsprozesse so ruhig und reibungslos wie möglich zu gestalten. Die Belegschaft erfährt bewusst erst ´5 vor 12´ davon, damit nicht zu früh Unruhe entsteht. Dann können sich die Betroffenen meist immer noch dafür entscheiden zu bleiben, oder sich etwas neues zu suchen. Niemand will Gerüchte darüber hören, dass der Betrieb in dem man arbeitet verkauft wird. Dann bleiben nämlich auch die Gäste fern. Ganz wichtig beim Verkauf eines Gastronomiebetriebs ist, dass sich der Verkaufende nicht von seinen Gästen verabschiedet.

Gastro.News: Kannst du das näher ausführen, warum soll eine Verabschiedung bewusst vermieden werden?
Pointner:
Weil das einen ganz negativen Effekt hat. Die Kunden meinen dann, ´oje mein Lieblingskaffee oder Pub gibt es dann nicht mehr´, haben das geistig abgespeichert und gehen nicht mehr hin. Das ist für den Nachfolger natürlich ein großes Problem.

Gastro.News: Wie wird es besser gemacht, ohne die Mitarbeiter und Gäste zu verschrecken?
Pointner:
Hilfreich ist es, wenn man sich bei der Kommunikation darauf beschränkt zu sagen, dass der Betrieb zum Beispiel die nächsten zwei Monate geschlossen wird. Dass Umbauarbeiten vorgenommen werden und es dann wieder losgeht. Einfach Tschüss und baba sagen, ist meiner Erfahrung nach selten gut ausgegangen. Das sind natürlich Elemente, die ein Gastronom der 20 Jahre lang einen Betrieb geführt hat nicht wissen kann. Weil er Gott sei Dank lange Gastwirt war und sich nie mit dem Verkauf beschäftig hat. Unternehmen die heute zehn oder mehr Betriebe haben, kennen diesen Aspekt natürlich besser. Aber auch da wirken wir beratend. Es geht immer um Nuancen und Details, damit derartige Vorhaben perfekt umgesetzt werden.

Wir sind keine typischen Immobilienmakler die sich im Internet großartig inszenieren. Die sich digital vernetzen und das Angebot auf zig Plattformen inserieren. Bei uns läuft es anders. Wir sind im Hintergrund.

Peter Pointner

Gastro.News: Ein Verkauf, Konkurs oder eine Insolvenz ist immer auch eine persönliche Angelegenheit. Macht euch das manchmal betroffen?
Pointner:
Wir sind nicht aus Stein und natürlich bis zu einem gewissen Grad emotional beteiligt. Unsere Aufgabe ist es aber Mut zu machen und das beste aus der jeweiligen Situation. Der Verkauf wird oft durch finanzielle Probleme in Gang gebracht. Betroffen sind Betriebe wo jede Wirtschaftlichkeit entglitten ist und große Hilflosigkeit besteht. Die Schulden wachsen einem über den Kopf und verursachen schlaflose Nächte, Existenzängste bis hin zu Angstzuständen. Dann schalten wir auch externe Experten wie Konkursjuristen oder Sanierungsberater ein. Wir möchten unsere Kunden auf bestmögliche Art betreuen, egal wie aussichtslos die Lage scheint. Die Arbeit dafür beginnt schon beim Erstgespräch, bei dem wir in Erfahrung bringen, wie der Betrieb zum aktuellen Zeitpunkt dasteht.

Gastro.News: Wie gehen die Kunden mit so unangenehmen Gesprächen und Situationen um?
Pointner:
Dr. House sagt gerne, dass alle Patienten lügen. Keiner will sich beim ersten Gespräch so offen deklarieren und Klartext darüber sprechen, wie verheerend die Situation im Restaurant, Lokal oder Pub wirklich ist. Dabei ist es so wichtig ehrlich zu sein. Kein Arzt kann dir helfen, wenn du sagst ´mir tut die Lunge weh, aber ich rauche nicht´, um in der Dr. House Metapher zu bleiben. Das gilt auch bei uns.

Gastro.News: Gibt es einen aktuellen Trend den du in der Wiener Gastronomie für die kommenden Jahre erkennen kannst?
Pointner:
´Trend´ ist so ein Modebegriff wie die Hosen in den 70er Jahren weit waren. Der Trend ist momentan eher dahingehend, dass sich erst zeigt welche Betriebe sich von den Strapazen der letzten Jahre erholen und überbleiben. Das Fast-Food Segment hat in der Pandemie stark gewonnen und die großen internationalen Ketten expandiert. Für die meisten anderen wird der Markt aber auch in naher Zukunft noch schwierig bleiben. Auch weil die Verunsicherungen nicht aufhören. Die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine ist das beste Beispiel dafür. Aber Wien ist kein Dorf neben Kiew. Auch wenn das leider manche so sehen. So negativ darf man dann nämlich auch nicht denken.

Gastro.News: Vielen Dank für das Gespräch.

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