Café Menta: Leichte Küche und Nachbarschaftsgefühl

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Wien (Culinarius) – Vom Schönheitssalon, übers Sonnenstudio, bis hin zum Waschsalon hat schon alles am Radetzkyplatz Nummer 4 eröffnet. Auf die Idee ein Café aus der Eckimmobilie zu machen ist aber noch niemand gekommen. Bis Selda Gürsesli dem Weißgerberviertel vor drei Jahren durch das Café Menta, mit stylischer Inneneinrichtung und gut getarnten südländischem Flair, Leben und Gemütlichkeit zugleich verpasste.

Als Bewohner des an einigen Ecken verschlafenen und an anderen Enden hippen Bezirks Landstraße, spricht man über das Café Menta schon mit so einer Selbstverständlichkeit, als wäre es ein typisches, alteingesessenes Wiener Caféhaus mit mürrischen Kellnern. Stimmt aber nicht. Ein Lokal, wie das Menta hätte wohl auch genauso gut in der Gegend Neubau/Mariahilf Erfolg gefeiert, wenn nicht sogar schneller. „Dort wären wir aber auch nur einer von vielen gewesen“ meint Selda Gürsesli dazu. Im Weißgerberviertel nahm das Café Menta bei der Gründung vor drei Jahren aber die Vorreiterstellung ein, was sich auch bemerkbar macht. Das Publikum ist bunt durchgemischt und besteht, über den Tag verteilt, größtenteils aus Stammkunden, die sich schon immer ein gemütliches Stadtlokal in Wohn- oder Arbeitsnähe gewünscht haben.

Früher gab es nicht viel Auswahl im Grätzel, so hat man sich für ein Treffen mit den Nachbarn meistens auf den Weg ins Zentrum gemacht. Nach leichtem vegetarischen oder, ganz zu schweigen, veganem Essen, konnte man hier lange suchen. Das war Gürsesli als Anrainerin ein Dorn im Auge. Selber stammt sie aus Istanbul und wollte unter Beweis stellen, dass die türkische Küche nicht nur Dürüm und Kebab zu bieten hat. Diese besteht nämlich aus weitaus mehr, was man auch auf der Speisekarte sieht. Das Café Menta bietet eine weite Vielfalt an mediterranen Gerichten der Westtürkei, sowie teilweise Griechisch. Durch den ersten Küchenchef, der Italiener war, hatten auch solche Speisen in die Karte Einzug genommen. Genauso wie ein paar spanische Lieblingsspeisen, die Gürsesli nach drei Jahren Leben in Barcelona mitgebracht hatte.

Für das Innenleben des Lokals hat sich das Designer-Duo Robin Molenaar und Yvon Krisch von der Beschaffenheit und den Überraschungen, die ein Altbau zu bieten hat, inspirieren lassen. Durch das gesamte Menta zieht sich eine raue Wand, die dem stylischen Café durch verputzte, aber nicht übermalte Löcher, den Chic nehmen und es zu einem Lokal mit Charakter und Gemütlichkeit machen. Gürsesli selber wünschte sich eine halboffene Küche, weshalb man dem Küchenpersonal durch ein großes Fabriksfenster aus Milchglas zuwinken kann. Drinnen sitzt man auf Rainer-Stadthallensesseln, im Licht von Industrielampen aus den 50er Jahren und draußen im Schatten der Bäume.

Ein gemütliches, offenes und vor allem ehrliches Café hat sich die ehemalige HR-Managerin schon immer gewünscht, was sie auch konsequent einhält. Seit Anfang an setzt das Menta auf ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis und auf das direkte Feedback der Kunden. „Ein Restaurant ist wie ein Kind. Es muss seine Persönlichkeit selber entwickeln, sich in die Gesellschaft integrieren.“, meint Gürsesli. Vielleicht spricht sie in der Konversation deshalb immer wieder von „unserem Menta“. Gegründet von einer Anrainerin, geformt durch die Nachbarschaft und lieb gewonnen von allen, die sich einmal durch die vielen Straßen und Gassen auf den Radetzkyplatz verirren.

 

Fotocredit: Café Menta