Worum geht es wirklich in der “Causa” Konstantin Filippou?

Marko Locatin

Nach einem Bericht der Wiener Zeitung (WZ), in welchem acht ehemalige Mitarbeiter befragt wurden, hagelt es heftige Vorwürfe gegen den 2-Sterne Koch Konstantin Filippou. Die Mitarbeiter fühlten sich schlecht behandelt. Der Kern aber: Verwendung minderwertiger, respektive falsch ausgewiesener Ware. Laut WZ soll es Fotos und Videos geben. “Es sind Fehler passiert”, sagt Filippou im Standard. Hysterie ist nicht angebracht, meint Marko Locatin in einem Kommentar.

Die Vorwürfe

Ich werde hier nicht auf alle Vorwürfe im einzelnen eingehen. Weder bin ich Jurist, noch von irgend jemandem beauftragt, noch verfüge ich in dieser Causa über Insiderwissen. Freilich, der “Grieche” wie er in der Branche flapsig genannt wird, ist mir seit Jahren bekannt. Von meinen bis dato dreimaligen Besuchen kann ich nichts Negatives berichten. Dass die Sterne-Gastronomie Marke Michelin insgesamt auf glattem Parkett fußt, dürfte jetzt niemanden groß überraschen. Viele große Köche – von Gerer bis Witzigmann, von Lafer bis Schuhbeck sind auf ebendiesem ausgerutscht.

Nun aber zu Sache:

Einige der befragten Mitarbeiter beklagen den rauen Ton und unfaire Arbeitsbedingungen. Ja, in der Küche (besonders in jenen, wo Männer in der Übermacht sind), weht mitunter ein rauer Ton. Jeder, der in die Sterne-Liga einsteigt, weiß das. TV-Köche wie Tim Mälzer oder Steffen Hennssler beflegeln sich zum Gaudium des Publikums und werden gerade auch dafür abgefeiert. Das A- und F-Wort markiert hier keine Grenze, persönliche Beleidigung sehr wohl. „Diese Aussage ist mir zu meinem größten Bedauern in einem Stressmoment sicher passiert. Eine gewollte Beleidigung kann ich ausschließen”, räumt Filippou in WZ ein. Zu den Arbeitsbedingungen: Seit Jahresbeginn habe er eine 4-Tage-Woche eingeführt.

Schwerer wiegt der Vorwurf der Trickserei mit Zutaten. Logistische Versäumnisse räumt Filippou ein. Der Austern-Vorwurf:

„Sie sagen, es sind Belon-Austern, aber sie kaufen niemals Belon, sie kaufen Gillardeau-Austern“, sagt ein ehemaliger Koch. Tatsächlich stehen Gillardeau-Austern aus Aquakulturen auf mehreren Rechnungen, datiert mit den Tagen vor dem Besuch unserer Testesser:innen. Belon suchen wir vergebens. Wieder will uns Filippou keine Rechnungen zeigen. Anders als Belon-Austern sind Gillardeau-Austern nicht so selten. „Gillardeau ist einfacher zu bekommen“, sagt ein Fischhändler. Preislich schenken sich die Tiere nicht viel. Doch Filippou schreibt lieber die exklusive Ware auf die Karte. 

Wiener Zeitung

Ähnliches, so der Vorwurf ehemaliger Mitarbeiter, sei beim Signature-Dish, bei Kaisergranat passiert. Statt wertvoller kroatischer Ware sei zeitweise gewöhnliche Tiefkühlware verarbeitet worden. Auch die exklusive Soja-Sauce sei aus dem 20-Liter Kikkoman-Kanister ausgeschenkt worden. “Wir verwenden keine Fake-Zutaten”, kontert Filippou, räumt aber ein: Als Belon einmal nicht verfügbar waren, hätte man auf die qualitativ gleichwertigen Gillardeau zurück gegriffen. Ferner sei manche Ware an die falsche Adresse gelangt. Man hätte Änderungen jedoch den Gästen kommunizieren müssen. (Anm: Funktionierende Logistik ist ein Schlüsselfaktor der Sterneküche.)

Fazit

Hysterie, wie sie derzeit in vielen Kommentaren in den Medien und sozialen Netzen ventiliert wird, ist nicht angebracht. Klar ist: auf diesem Level gilt es, Herkunft und Zutaten penibel auszuweisen. Das einigermaßen krude Argument, dass niemand den Unterschied zwischen handgetauchten Jakobsmuscheln und anderen schmecke, zielt am Kern der Sache treffsicher vorbei. Speis & Trank ist Vertrauenssachen. Ist Vertrauen einmal gebrochen, ist’s doppelt schwer, es zurück zu gewinnen. Entlastende Rechnungen hat Filippou bislang nicht vorgelegt.

Bericht der Wiener Zeitung
Bericht in der “Presse”
Interview im “Standard”