Wien (Culinarius) – Chemie-Student, Wissenschaftsjournalist, Autor, Herausgeber, Gastronom – all das zeichnet das Leben von Stefan Gergely aus. Geboren wurde er 1950 in Wien, studierte hier organische Chemie und belegte das Konzertfach Violoncello. Von 1977 bis 1994 arbeitete er als Wissenschaftsjournalist bei PROFIL, Süddeutsche Zeitung, Die Zeit und beim ORF. Außerdem ist er Autor zahlreicher Sachbücher sowie Herausgeber des Buches „Lust auf Wien – eine Entdeckungsreise durch Margareten“. Seit 1990 übernimmt er den Aufbau mehrerer gastronomischer Lokale in Wien-Margareten und die Sanierung von denkmalgeschützten Häusern. Mit dem „Schlossquadrat“ hat Stefan Gergely vier erfolgreiche Lokale errichtet, die unterschiedlicher nicht sein könnten – und doch behauptet er, er wüsste eigentlich gar nicht, was Erfolg ist.
Culinarius: „Wie kamen Sie auf die Idee, ein Lokal zu eröffnen?“
Gergely: „Die Idee kam mir schon damals als Chemie Student in den 70er Jahren, als ich den ersten akademischen Würstelstand eröffnen wollte. Der ist es dann aber doch nicht geworden, obwohl ich die Idee bis heute nicht aufgegeben habe. Vielleicht kommt er also noch, der Würstelstand.“
Stattdessen übernahm Stefan Gergely im Jahr 1988 eine Cocktailbar in der Schlossgasse 21 und baute sie um zu einem Restaurant. Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine zielgerichtete Planung, wie der pensionierte Gastronom berichtet, sondern um eine glückliche Gelegenheit, die er ergriff. So fragte ihn damals der vorm Konkurs stehende Hauseigentümer der Cocktailbar „Ackermann“, in die Herr Gergely nach der Arbeit gerne ging, ob er sich dort einkaufen möchte. Nachdem der Eigentümer verstarb, verkaufte die Erbin das Haus an den damaligen Journalisten, der damit zum Bauherr wurde und die Sockelsanierung übernahm. Ein Projekt, von dem er nicht viel Ahnung hatte, wie er sagt. Mit seiner positiven Einstellung, die Stefan Gergely als „flexibel, aktiv und geduldig“ beschreibt, konnte die Schlossgasse 21 am 21. Mai 1990 erfolgreich eröffnet werden.
Culinarius: „Was ist Ihr Geheimnis zum Erfolg?“
Gergely: „Eigentlich weiß ich gar nicht, was Erfolg ist. Ich bin kein erfolgsorientierter Mensch, denn der Prozess ist für mich maßgeblich. Ich bin also rast- und ruhelos, stehen bleiben ist undenkbar. Auch jetzt nicht, in meiner Pension. Momentan habe ich ein agrarisches Projekt in Niederösterreich am laufen, außerdem vermiete ich weiterhin Wohnungen. Trotzdem versuche ich mich im Loslösen zu üben, indem ich meine Restaurants etappenweise, über Jahre hinweg, an meine Nachfolger übergebe.“
Stefan Gergely rezitiert Andreas Khol, als er sagt, das Erfolgsrezept sei eine „Tochter der Zeit“, gebunden an Zeit und Ort.
Auch das „Silberwirt“ und das „Café Cuadro“ standen nicht auf geplanter Liste. Stefan Gergely wartete auf sein Glück und ergriff abermals die Gelegenheit, als ihm beides zum Kauf angeboten wurde. Eröffnet wurde das „Silberwirt“ 1998, das „Cuadro“ ein Jahr später. Das jüngste Restaurant ist die Pizzeria „Trattoria Margareta“, welche 2007 ihre Pforten öffnete. Obwohl sich Stefan Gergely an dieser Stelle eigentlich ein indonesisches Lokal wünschte, verließ er sich auf seinen Marktforscher, der nach einer Umfrage zu dem Schluss kam, dass bei der Wiener Bevölkerung ein italienisches Restaurant ganz oben auf der Wunschliste stand.
Stefan Gergely’s gastronomisches Konzept stellt damit das Gegenteil zum Franchising dar: Ihm war es wichtig, viele verschiedene Modelle an einem Standort aufzubauen. Die Angebotsformen ergänzen sich dabei gegenseitig und treffen jeden Geschmack: Im „Silberwirt“ erlebt man beste Schnitzelvariationen mit gutem Wein und Hausbier, das „Trattoria Margareta“ bietet italienische Küche mit Pizza, Pasta und Fisch. Zum Cocktails schlürfen geht man rüber ins moderne „Café Cuadro“ und im „Gergely’s“ genießen die Wiener saftige Steaks mit Wein.
Culinarius: „Gab es auch schwierige Zeiten?“
Gergely: „Ja, ein großer Flop war das „Hofstöckl“, welches ich als das erste Wiener Nichtraucherlokal eröffnete. Ich war einfach zu früh mit dieser Idee, die Leute wollten rauchen. Deshalb führte ich es schließlich weiter als Raucherlokal. Auch das „Café Cuadro“ hatte zunächst Probleme. Die ersten zwei Jahre funktionierten nicht, bevor es dann doch noch zum Selbstläufer wurde. Schuld daran war der schlechte Standort, an dem seit den 1950er Jahren ein Restaurantkonzept dem nächsten folgte und alle zum Konkurs führten. Ich musste mir also etwas besonderes einfallen lassen. Inspiration gaben mir die modernen Diner in Kalifornien, USA. Doch dieses Konzept war wahrscheinlich zu mutig, der Erfolg ließ auf sich warten.“
Stefan Gergely hat viel gewagt und viel gewonnen. Er stellt sich nicht die Frage, ob er mehr erreichen hätte können. So wie es ist, ist er zufrieden.
Culinarius: „Gibt es ein Lokal, in dem Sie sich am liebsten aufhalten?“
Gergely: „Nein, es sind alles meine Kinder.“
Fotocredit: Stefan Gergely