Österreichische Winzer und die Freunde ihrer Weine können sich über den Jahrgang 2015 freuen
Wien (Culinarius/APA OTS) – Nur sehr vereinzelt wurden Weinbaugebiete durch Hagelunwetter empfindlich geschädigt. Der Jahrgang 2015 stimmt verheißungsvoll. Die Weine, die bereits verkostet werden können, beeindrucken durch tiefe, reife Fruchtaromen und Ausgewogenheit. Von den Weinen, die noch in den Kellern reifen, ist große Klasse und Potenzial zu erwarten.
Weinwetter im Jahresverlauf
Nach einem ruhigen Witterungsverlauf im Frühjahr und einem günstigen Blütewetter folgte bekanntlich ein ungemein heißer und trockener Sommer, in dem eine Hitzewelle die nächste ablöste. Mancherorts kam die Vegetation zum Stillstand, vor allem Junganlagen, die nicht bewässert werden konnten, gerieten in Stresssituationen. Glücklicherweise gab es gegen Mitte August in den meisten Weinbaugebieten gerade noch rechtzeitig einige Niederschläge.
Es folgte ein wunderschöner, stabiler Herbst mit zahlreichen Sonnentagen, aber auch relativ kühlen Nächten – was 2015 grundlegend von Jahren wie beispielsweise 2011 und 2006 unterscheidet. Auch im September gab es punktuell Niederschläge, die sich Mitte Oktober wiederholten, außer dieser letzten, etwas feuchteren Periode blieb das schöne Herbstwetter schließlich bis weit in den November erhalten. Daher konnten im Allgemeinen die Trauben ohne Stress zum gewählten Zeitpunkt gelesen werden, zumal Schädlings- und Pilzbefall weitgehend ausblieben, auch Edelfäule trat nur ganz vereinzelt auf.
Reife, Frucht und Eleganz
Generell sind die 2015er Weißweine von Extrakt und einem wohlproportionierten Körper geprägt, wobei die Säure analytisch gesehen im unteren Bereich liegt. Dieser Umstand ist allerdings sensorisch nur selten zu spüren. Die vielfach erwarteten Charakteristika eines Hitzejahrgangs – wie hoher, feuriger Alkohol und relativ wenig Frucht – sind weitestgehend nicht eingetreten. Die Weißweine weisen im Gegenteil tiefe, ausgereifte Fruchtaromen bei beachtlicher Dichte auf. Auch die charakteristischen Merkmale der einzelnen Rebsorten treten zumeist gut hervor. Für die Rotweine scheint sich ein fulminanter Jahrgang abzuzeichnen, der die Eleganz der 2006er mit der Fülle der 2011er verbinden könnte. Nahezu in allen Regionen entstanden farbintensive, ungemein ausgereifte und dichte Weine, die sich darüber hinaus durch tiefe, dunkle Fruchtnuancen bei hoher Eleganz und samtigem Tanninhintergrund auszeichnen.
Niederösterreich
In Niederösterreich sorgte ein völlig ungewöhnlicher nächtlicher Hagelschlag Anfang Mai für den Wermutstropfen im Jahrgangsbecher. Dieses Hagelunwetter zog vom östlichen Kremstal und Kamptal über weite Teile des Wagrams hinweg und verursachte vor allem im letztgenannten Gebiet dramatische Ernteausfälle, sodass den dortigen Winzern für die Herstellung der Standardqualitäten nur der Zukauf in angrenzenden Gebieten verblieb, um die Mengenverluste einigermaßen auszugleichen. Größere Gärprobleme und das Auftreten von Fehltönen blieben dieses Jahr die Ausnahme. Die Zugabe von Säure wurde zugelassen, allerdings machten die Kellermeister nur vereinzelt von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Die wichtigste Rebsorte Grüner Veltliner ergab durchwegs sehr saftige, mollige Weine mit eher milder Säurestruktur. Auffallend ist, dass sowohl die leichteren, schlanken Qualitäten als auch die kraftvollen Premiumweine überzeugen können. Bei den Rieslingen hat sich ein längeres Zuwarten mit der Lese gelohnt, es entstanden Gewächse voll Saft und Kraft, die zudem ein wunderbares Gleichgewicht zwischen Fruchtkomponenten und Säurefond besitzen. Wie in einem so reifen Jahr nicht anders zu erwarten, haben auch Weißburgunder und Chardonnay durch Dichte und Harmonie überzeugt. So schön wie schon lange nicht sind die Weine aus der nach wie vor im Trend liegenden Bukettsorte Gelber Muskateller ausgefallen, ebenso die Raritäten Zierfandler, Rotgipfler und Roter Veltliner.
Burgenland
Im Burgenland war die Situation ähnlich wie im benachbarten Niederösterreich, auch hier sind fruchtbetonte, sortentypische und extraktreiche Weißweine mit eher zurückhaltender Säure zu erwarten. Besonders gute Ergebnisse erbrachte wiederum die „Burgunder-Gruppe“, auch die leichteren Welschrieslinge sind wohlgeraten. Die Rotweine besitzen über den erwähnten Körperreichtum hinaus viel Balance, was ihnen Eleganz und eine lange Reifeentwicklung verleihen wird – sie sind auch für den forcierten Ausbau in Barriques mehr als geeignet. Alles in allem zeichnet sich ein Rotweinjahrgang ab, der an die großen 2011er zumindest heranreichen sollte. Nach der mengenmäßig sehr geringen Prädikatsweinernte des Vorjahres gibt es dieses Jahr – trotz des späten und zögerlichen Auftretens von Botrytis – auch wieder eine zufriedenstellende Menge überaus fruchttiefer Dessertweine.
Steiermark
In der Steiermark gab es relativ früh im Jahr ein Hagelereignis, das aber gut verkraftet wurde. Allen steirischen Anbauzonen gemeinsam ist die hohe Traubenreife und untadelige Qualität des Leseguts, ein kräftiger, harmonischer Jahrgang mit mittlerer Säure zeichnet sich ab, der an das große Jahr 2007 anknüpfen könnte. Die steirischen Spezialitäten Gelber Muskateller und Sauvignon Blanc sind überaus gut gelungen, und dies auch in zufriedenstellender Menge. Die Sauvignon Blancs sind dieses Jahr durch eher reife Fruchtaromen und hohe Dichte gekennzeichnet, grüne oder grasige Untertöne sind nahezu völlig ausgeblieben. Weißburgunder und Morillon profitieren ebenfalls von dem reifen Jahrgang, wobei der sogenannte Hitzejahrgangs-Charakter aufgrund der günstigen Niederschlagsverteilung völlig ausgeblieben ist. Auch für die Schilcher der Weststeiermark sind superbe Qualitäten zu erwarten, wie sie uns zuletzt etwa 2011 erfreut haben.
Wien
Auch in Wien, das diesmal von vernichtenden Hagelschäden verschont blieb, konnte das lockerbeerige Traubengut voll ausreifen und zum optimalen Zeitpunkt gelesen werden. Für die Spezialität Wiener Gemischter Satz sind körperreiche Weine mit entsprechender Säure zu erwarten, die mit tiefen Fruchtaromen und innerer Dichte überzeugen, und zwar sowohl im leichteren als auch kräftigeren Bereich. Dies gilt ebenso ohne Einschränkung für die Veltliner und Weißburgunder aus den Wiener Weinbergen. Außerordentlich gut gelungen sind dieses Jahr die mit Fruchtintensität prunkenden Rieslinge von den bekannten Wiener Toplagen, wie Nussberg und Co. Die kräftigsten Exemplare besitzen auch das Potenzial für eine lange, kontinuierliche Reifeentwicklung. Für die Rotweine wurden die optimalen Jahrgangsvoraussetzungen ebenfalls zur Vinifikation von mächtigen, ausbaufähigen Kreszenzen genützt.
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