Wien.(Culinarius) Sie schreiben:“Mein Traum von einem Weingut mit Weinen von Format und Internationalität wurde wahr.“ Step by Step – wie haben Sie begonnen?
„Aufgewachsen bin ich beim Heurigen, den heute mein Bruder betreibt, natürlich spielt der Wein hier eine Rolle, aber in erster Linie geht es ums Essen. Dann besuchte ich die Weinbauschule in Klosterneuburg und begann Wein zu verkosten. Das hat mich so sehr beeindruckt, dass ich wusste, das ist mein Leben! Mein Traum war, dass meine Weine auf den feinsten Tischen des Landes stehen!“
„Mein Vater hat damals in den 80er Jahren schon das Steirereck beliefert, aber das kann man nicht mit heute vergleichen, das war eine komplett andere Zeit. Der Wiener Wein war definitiv nur beim Heurigen zu bekommen. Ich war Tag und Nacht unterwegs, um unseren Heurigen zu promoten. 1987 war ich ein halbes Jahr in Kalifornien und habe dort gesehen, wie man den Weinanbau in großem Stil betreibt: Die Arbeit wurde dort aufgeteilt, was ich von zuhause gar nicht kannte. Das hat mich sehr beeindruckt. Als ich zurückgekommen bin, habe ich hier alles aus einem anderen Blickwinkel gesehen. Ich würde jedem jungen Menschen empfehlen, ins Ausland zu gehen und seinen Horizont zu erweitern.“
Herr Wieninger, Sie möchten das typische Wienerische im Wein herausarbeiten, jetzt stellt sich natürlich die Frage: „Was ist denn eigentlich typisch wienerisch?
„Wir sind zwar österreichweit eher eine Biernation, doch je weiter man in den Osten des Landes kommt, kann man Wien definitiv grundsätzlich als Weinstadt bezeichnen. Der Geschmack ist geprägt durch die geographische Lage Wiens, es wird vor allem der trockene Weißwein bevorzugt, mit einem feinen Grad von Säure. Wien liegt im Schnittpunkt der Österreichischen Weinklimazonen, wir können Weißwein und Rotwein produzieren. Die Donau kreuzt die beiden Weinberge Wiens, den Nussbaum und den Bisamberg.“
Wie kann man Emotion in einen Wein einbringen?
„Mir hat einmal ein sehr wichtiger Sommelier Wiens, Andi Schmid, der Sommelier vom Steirereck, gesagt, wir verkaufen nicht Wein, sondern vielmehr Geschichten. Die Menschen wollen die Story hinter dem Wein erfahren, sie wollen wissen, wie der Hang ausschaut, was dort vorgefallen ist. Der gemischte Satz ist nicht nur ein toller Wein, sondern hat auch eine tolle Provenienz, verschiedene Weinsorten, die in einem Weingarten zusammen wachsen.“
Ihre Weingärten liegen am Bisamberg und am Nussberg. Können Sie uns die geologischen Gegebenheiten und die daraus resultierenden Anbaumöglichkeiten erklären?
Der Wiener Teil des Bisambergs ist eigentlich der östliche Ausläufer entlang der Donau, hier hat sich häufig Lös gebildet, das heißt, das Urgestein und die Kalkschichten sind etwas tiefer unten. An der Oberfläche befindet sich leichter, sandiger, lehmiger Lös. Es sind sehr leichte Böden. Der Bisamberg ist geeignet für frischere, leichtere, extrovertierte Weine, z.B. für einen leichten Grünen Veltliner oder einen Chardonnay. Will ich einen kräftigen. burgunderartigen, dunkelfruchtigen Grünen Veltliner haben, muss ich den vom Nussberg nehmen. Dort finde ich diesen Sandstein, der aus Flysch besteht, das sind quarzhaltige Sandsteine, mit einem höheren Gehalt an Ton. Und dieser macht den Wein würzig, der Quarz gibt ihm die Mineralität. Hier entwickeln Rieslinge und gemischte Sätze tolle Aromen.“
„Mit den beiden Weingütern Wieninger und Heißer-Neumann besitzen wir insgesamt 72 Hektar und beschäftigen 35 Mitarbeiter. Wir kaufen jedoch im Gegensatz zu anderen großen Weingütern keine Trauben zu, sondern produzieren alles selbst.“
Den Philosophen Rudolf Steiner nennen Sie den Urheber Ihrer Qualitätsweine?
Der Philosoph Rudolf Steiner fasste die Zusammenhänge der Biodynamik in Worte. Beim biodynamischen Weinbau entfernt man sich von der Chemiekeule, stärkt die Kräfte im Boden und die Zusammenhänge zwischen Gestirnen und den Kräften des Rohbodens.
Wir spritzen z.B. das Steiner Präparat 500, das wir ganz neu entwickelt haben, um die Kräfte der Natur zu stimulieren. Hier sind viel mehr Kräfte im Spiel, als uns bewusst ist, hier gibt es leider nur sehr wenig Forschung.
Brachte dieser biodynamische Weinbau auch den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg?
Wenn ich die Reben mit Mitteln wie Kunstdünger behandle, erzeuge ich zwar viel Ertrag, aber wenig Geschmack. Ich setze Qualität vor Quantität. Ich verstehe nicht, dass sich Leute, die in der Innenstadt leben, mehr mit diesem Thema beschäftigen als Bauern, die tagtäglich damit zu tun haben.
Es ist eine Illusion, dass man plötzlich immense Ertragseinbußen verzeichnet, wenn die sich von der Chemie distanziert. Das ist ein Gerücht, das große Konzerne in die Welt gesetzt haben. Weil die Weine biodynamisch zertifiziert sind, verkauf ich kaum eine Flasche mehr, aber sie sind einfach besser und daher kann ich einen höheren Preis verlangen.
Welche Weine sind Ihnen besonders ans Herz gewachsen?
„Der Wiener Gemischte Satz hat sich vom hässlichen Entlein zur Prinzessin entwickelt. Das ist keine Sache, die man als einzelner Betrieb umsetzen kann, das ist mit der Wienwein-Gruppe gelungen.“
Wie funktioniert Ihr Vertrieb?
„Sehr vielseitig. Wir arbeiten im Bereich der gehobenen Gastronomie, beliefern aber nicht alle Kunden selbst, sondern kooperieren mit Fachhändlern. Über 40 Prozent unseres Weins exportieren wir in 42 Länder weltweit. Aber auch der Endverbraucherabsatz spielt eine Rolle, hier ist Wein und Co für uns von großer Bedeutung. Wir verkaufen aber auch ab Hof, hier gibt es Führungen und Verkostungen.
Werden Sie „Wieninger meets Friends“ weiterführen?
Ja, auf jeden Fall. Ich will keine plakative Hausmesse veranstalten, bei der es nur ums Geschäft geht, sondern meine Freunde einladen, um mit ihnen zu plaudern und daran 20 externe Leute teilhaben lassen.
Fotocredits: Weingut Fritz WIENINGER, Stammersdorf, Wien, Austria