Zu viel Zeit, zu viel Energie, zu viel Geld – diese drei entscheidenden Faktoren hielten drei Schwestern aus Vorarlberg lange davon ab, ein eigenes Lokal zu eröffnen. Groß geworden in einer Wirtshaus-Familie mussten Sarah (28), Vanessa (32) und Isabel Scharl (41) bereits in jungen Jahren den Eltern an Wochenenden oder in den Ferien aushelfen. Das Gastgewerbe schreckte die jungen Damen ab, dennoch faszinierte sie stets das Handwerk. Oft sahen sie ihrem Großvater (Fleischer) über die Schultern, wenn er frische Würstl machte oder lernten bei der Oma aus dem Burgenland das Geheimnis des perfekten Vanillekipferls.
Vor fünf Jahren juckte es die Schwestern diesbezüglich dann doch in den Fingern, sie starteten etwas kleines, extravagantes und machten sich so in kurzer Zeit einen Namen unter Wiens Foodszene-Kennern. Die Guerilla Bakery machte die Runde – oder mit anderen Worten: Kuchen-Verkauf aus diversen Wohnzimmern. Das geheimste Kaffeehaus Wiens öffnete immer am Sonntag für 2 Stunden seine Türen, meist an wechselnden Standorten. Zuerst wurden Freunde und Bekannte nach Hause eingeladen, da aber der Andrang immer größer wurde, ließen sie Gassenlokale, Garagen und sogar Blumenläden mit vielen selbstgemachten Leckereien befüllen. Die Bäckerinnung war von dieser Idee der jungen Konkurrenz weniger begeistert, schließlich gründeten Schauspielerin Sarah und die beiden Journalistinnen Isabel und Vanessa einen Verein und „poppten“ nur noch drei Mal im Jahr auf.
Doch nun, fünf Jahre später, ist das Trio sesshaft geworden, hat vor einigen Wochen die erste Guerilla Bakery mit 16 Sitzplätzen in Wien-Wieden eröffnet. Auch wenn alle drei Schwestern in die fixe Geschichte involviert sind, so ist Sarah, die Jüngste der Schwestern, quasi „die Chefin“.
Das Angebot reicht von süßen Sünden wie – Achtung, festhalten – Karottenkuchen, Bananenbrot, Scones, Orangen-Mohntorte (wow!), Milchreis- oder Apfeltartes, sogenannte Breadpuddings – hierzulande auch bekannt als Scheiterhaufen – bis hin zu pikanten Speisen wie Suppen (Tipp: ungarische Paprikasuppe mit Feta und knuspriger Cabanossi!), Eintöpfe, Quiches (noch ein Tipp: rote Rüben-Birnen-Quiche, der Hammer!), diverse Flammkuchen und belegte Sandwiches und vor allem interessante Frühstücks-Kombis wie beispielsweise warmes Bananenbrot mit Speck und Ahornsirup bzw. mit cream cheese und Marmelade. Langschläfer dürfen sich freuen: Frühstück wird nämlich bis 14 Uhr serviert. Ein kleines Mittagsgericht ist übrigens auch Teil des Programmes. Von der Waldviertler Quiche mit Sauerkraut und Würstel bis zur Curry-Sellerie-Suppe oder dem Couscous mit Fleischbällchen: Täglich zaubern die Mädels einen frischen Mittagsteller. Es herrscht zudem Selbstbedienung und dank offener Küche lässt sich so mancher Handgriff beim Kuchenbacken abschauen.
Jener Teil des Lokals, der dem Namen Greißlerei gewidmet ist, besteht aus einem Regal mit dem Guerilla Bakery Mehl und einer handvoll willkürlich zusammengestellter Produkte, wie Turnsackerln, Orangenzucker oder Schneidebrettern. Wirkt bisschen gewollt-hip, ist trotzdem irgendwie witzig.
Mein Fazit:
Die geregelten Öffnungszeiten, der fixe Standort, das „normale“ Geschäftslokal (im Gegensatz zu den privaten Wohnungen von damals) weisen darauf hin, dass es die Guerilla Bakery wirklich ernst meint.
Eine kleine Karte, aber viel Geschmack und ganz viel Liebe zum Detail. Schöne Küchleins, die schmecken als wäre man bei Oma zu Besuch. Und gesunde Mittagsgerichte sind nun auch in der Favoritenstraße erhältlich, wurde auch Zeit. Ich komme wieder!
Guerilla Bakery
Favoritenstraße 7
1040 Wien
www.guerillabakery.at
Geöffnet: Montag bis Freitag von 8 bis 17 Uhr