Am 1. April 1988 übernahm Toni Mörwald das elterliche Wirtshaus in Feuersbrunn. Seither schuf er ein wahres Mörwald-Imperium, das sich heute unter anderem auf Hotels und hochdekorierte Restaurants beläuft. Anlässlich seines 30-Jahr-Jubiläums lässt der Spitzenkoch und Unternehmer für Gastronews die drei Jahrzehnte seines Schaffens Revue passieren. Ein Gespräch über Herausforderungen und Risiko, Verantwortung und sein persönliches Highlight.
Die Anfänge am Wagram
Angst hatte er nicht, als er Ende der 1980er Jahre mit gerade einmal 21 Jahren das Wirtshaus der Eltern übernahm. „Sie haben mir zeitig ihr Vertrauen entgegengebracht, sie waren ja damals selbst noch jung.“ Dadurch, dass die Familie auch noch eine Landwirtschaft betrieb, war es für Mörwalds Vater, damals 46 Jahre alt, kein Thema, das Wirtshaus an seinen Sohn zu übergeben. Mit elterlicher Unterstützung, vor allem aber auch durch Einsatzbereitschaft und das Streichen des Begriffs „Risiko“ aus dem Wortschatz konnte Toni Mörwald den Grundstein für das Unternehmen legen, das heute drei Hotels, ein Sterne- und mehrere Haubenrestaurants umfasst, zu dem außerdem eine Vinothek, Kochschule, Kochamt und Catering zählen. Mörwald ist Autor zahlreicher Kochbücher und ab Herbst zum nunmehr sechsten Mal kulinarischer Gastgeber des Wiener Palazzo.
Das Relais & Châteaux Hotel am Wagram, das zwei seiner Haubenlokale beherbergt, befindet sich genau an dem Standort, an dem mit dem Wirtshaus einst alles begann und an dem Mörwald verwurzelt ist. „Gerade hier im Stammhaus hat sich viel getan in den letzten 30 Jahren. Wenn man das alles miterlebt hat, weiß man, wo man herkommt. Ich weiß auch, wohin die Reise geht. Ich glaube, das ist immer entscheidend.“ Heute misst das Hotel am Wagram über 6500 Quadratmeter, alleine in diesem Haus sind das ganze Jahr über 60 Mitarbeiter beschäftigt, Ruhetag gibt es keinen. „So große Geschäftsflächen permanent in Schuss zu halten, immer wieder zu drehen, ist eine gewisse Verantwortung und Herausforderung.“ Das mache es spannend.
Aber Mörwald scheut sich nicht vor großen Aufgaben. Er erinnert sich, einmal wurden drei Hochzeiten gleichzeitig im Hotel ausgerichtet, dazu noch eine Geburtstagsfeier. „Wir haben immer versucht noch eins draufzulegen, uns selbst herauszufordern und Hürden aufzuerlegen.“ „Das zeigt, was alles machbar ist, wenn man die Bereitschaft signalisiert, etwas zu tun. Das war auch das Schöne an der Zeit damals, dass man sehr unbekümmert ans Werk gegangen ist, ohne groß zu überlegen, wie hoch das Risiko ist. Das Wort Risiko gab es eigentlich nicht. Man hat es einfach gemacht und wenn es nicht funktioniert hat, hat man es anders gemacht.“ Heute würden sehr viele gute Ideen im Keim erstickt, weil das Risiko zu hoch sei.
Die erste Haube und Herausforderungen
Als er mit seiner ersten Gault & Millau-Haube ausgezeichnet wurde, war er erst 23 Jahre alt. Anders, als in den meisten Landgasthäusern üblich, servierte der junge Mörwald seine Speisen nicht in Form von Suppe, Hauptspeise und Nachspeise, sondern zelebrierte schon damals Esskultur in zahlreichen aufeinanderfolgenden Gängen. So erlangte er Aufmerksamkeit von professionellen Restaurantkritikern, plötzlich berichteten Qualitätsmedien über das Wirtshaus am Wagram und Leute pilgerten scharenweise zum Essen von der Stadt hinaus auf’s Land.
Nicht nur für Mörwald war das etwas Neues, auch für die Einheimischen. Gegessen wurde damals hauptsächlich daheim, zum Wirt ging man zum Trinken, zum Kartenspielen und zum Informationsaustausch. Gerade, dass vielleicht einmal wer von außerhalb nach einer Jause gefragt habe. „Es war eine Challenge, die Ortsbevölkerung und die Leute von außerhalb zu vereinen und zu halten.“ Mörwald ist stolz, diesen Spagat geschafft zu haben und auch heute, da Gäste aus In- und Ausland anreisen, um bei ihm zu essen, noch Treffpunkt für Einheimische zu sein.
Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Mörwald die Einstellung „Geht nicht, gibt’s nicht“ vertritt und mit Gästeanliegen gerne flexibel umgeht. Wenn ein befreundeter Winzer anruft, dass er mit seiner Familie zum Pizzaessen in Feuersbrunn vorbeikommen möchte, „dann machen wir Pizza“. Und als er einmal Gäste aus Amerika im Hotel einquartiert hatte und diese Lust auf Fondue verspürten, „haben wir spontan einen Fondueabend veranstaltet“. „Wir sind ein Institut für Ess- und Trinkkultur“, meint Mörwald und hält damit nicht nur Fine Dining hoch, sondern sieht das Spannende beim Kochen und Genießen auch darin, unterschiedliche Formen von Kulinarik zu präsentieren.
Anfeindungen und Verantwortung
Doch alles eitel Wonne war es die Jahre über auch bei Mörwald nicht immer. Vor allem für seine Zusammenarbeit mit McDonald’s sah er sich Anfeindungen von mehreren Seiten ausgesetzt, erhielt sogar Drohungen. Doch er bereue den Schritt keineswegs. „Wenn eine der zehn erfolgreichsten Marken der Welt auf mich zukommt, ist das eine Ehre und wir arbeiten auch weiterhin zusammen.“ Und: „Wenn wir im Fast Food-Bereich unseren Beitrag leisten können, gewisse Qualitäten neu zu definieren, dann machen wir das gerne.“
Heutzutage, wo die Welt durch Suchmaschinen und Co. auf Knopfdruck verfügbar ist, müsse man eine gewisse Grundskepsis an den Tag legen. Man denke nur an das „beste Restaurant Londons“, das zur Nummer 1 von TripAdvisor wurde und eigentlich eine Gartenlaube war.
Viele Leute sehnen sich wieder nach Sicherheit, so Mörwald. Sicherheit und Transparenz darüber, wo die Produkte herkommen, die sie konsumieren. Wenn man längere Zeit in der Branche tätig ist, komme einem Einiges unter, erzählt er. „Nirgendwo wird so viel geschummelt und gelogen wie bei Lebensmitteln.“
Darum hält er nichts davon, wie es heute oft üblich ist, sich einen Stempel aufzudrücken, sich selbst und Kunden davon überzeugen zu wollen, alles sei regional, saisonal, Bio sowieso. Wo fange Bio überhaupt an, wo höre es auf? „Da ist es mir lieber, ich arbeite mit Bauern zusammen, denen ich vertraue, die ressourcenschonend arbeiten und guten Gewissens gerade so viel Energie aufbringen, um beste Produkte zu erzeugen. Die langfristig denken und Böden und Terroir nicht soweit auslaugen, dass am Ende nichts mehr übrigbleibt.“
Genauso sei es in der Gastronomie. Mörwald ließ im Laufe der Jahre viele Trends aus, die kurze Zeit einen Hype erfuhren und dann doch wieder verschwanden. „Heute bin ich froh darüber, meinen eigenen Weg gegangen zu sein.“
Das Jubiläumsjahr – Das Unternehmen ist 30
Wenn Toni Mörwald Jubiläum feiert, tut er das nicht alleine. Dass er bereits seit 30 Jahren unternehmerisch erfolgreich ist, hat er schließlich auch zu großen Teilen seinen Gästen zu verdanken, die ihm seit jeher die Treue halten. Ganz dem Credo des Grand Chefs entsprechend, stehen auch im Jubiläumsjahr Genuss, Geschmack und Geselligkeit im Mittelpunkt. Gerade in einer schnelllebigen Zeit wie der heutigen sei es umso wichtiger, bewusst Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, das Miteinander zu zelebrieren, abseits von WhatsApp, Facebook und Co. Im Haubenlokal Zur Traube im Hotel in Feuersbrunn genießt man heuer ein Jubiläumsangebot. Geburtstagskinder werden auf ein 4 Gänge Menü eingeladen, wenn sie mindestens zu zweit kommen. Geboten werden unter anderem Klassiker, die das Haus seit 30 Jahren begleiten.
Erfolgsrezept und persönliches Highlight
Gibt es ein Rezept zum Erfolg? Da hebt Mörwald die Bedeutung hervor, sich um alle Unternehmensbereiche wie um Pflänzchen zu kümmern, sodass sie gedeihen können. Man müsse lernen, Zeit für sich selbst einzuplanen, seine eigenen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, zu anderen auch einmal Nein zu sagen. Und sich etwas trauen.
Nach seinem ganz persönlichen Highlight der vergangenen drei Jahrzehnte gefragt, muss er nicht lange überlegen. Das sei definitiv, als er seine Frau Eva vor mittlerweile 28 Jahren kennenlernte, die damals einen Kochkurs bei ihm besuchte. Die beiden haben drei Töchter im Teenageralter. Wer das Unternehmen später einmal weiterführen wird? Da gibt sich Mörwald entspannt, das werde die Zeit zeigen.
Erst ist und bleibt aber der Grand Chef selbst am Werk. Und da Toni Mörwald für alles andere als Stillstand bekannt ist, darf man sich noch auf Einiges freuen. Diese Woche feierte er seinen 51. Geburtstag mit Familie und Freunden. „Essenszeit ist Lebenszeit“, wie Mörwald zu sagen pflegt und so gehören auch bei seinem Geburtstag gutes Essen, Gespräche und ein paar Runden Bauernschnapsen ganz einfach dazu, so wie es im Wirtshaus schon vor 30 Jahren üblich war.