Die Oma wird sich wundern

Andrea Wieger

Endlich hat Wien ein Strudel-Lokal! Ursprünglich war er schneckenförmig, das älteste Rezept stammt aus dem 17. Jahrhundert und unter Maria Theresia wurde er salonfähig, der Strudel. Mittlerweile gilt er längst als Klassiker der heimischen Küche und ist mehr als nur ein Relikt aus Großmutters Küche. Ein neues Lokal in der Siebensterngasse nimmt sich seit einigen Monaten der blättrigen Teigspezialität an und serviert diese in neuen, ungewöhnlichen Variationen. Strudls, so der Name des Gastroprojekts, hinter dem Betriebswirt Peter Duxler und Koch Sebastian Pongruber stecken. Die Idee kam Duxler aufgrund seiner zahlreichen Urlaube am ungarischen Plattensee (wohlgemerkt: in den 70er Jahren), dort gabs nämlich schon damals so eine Strudelbar. Warum also auch nicht im traditionsreichen Wien?

Das helle Lokal setzt auf schwarz-grau-weißes Interieur, nackte Glühbirnen, Besteck in Rexgläsern und Fliesen im Wabenmuster – generell sind die Wabe und die Farbe Grau vorherrschend im Corporate Design. Neu, gemütlich, nett und nicht Maria-Theresia-like.

Es gibt allerdings einen entscheidenden Unterschied zum herkömmlichen Strudel beim Team Duxler-Pongruber, der schon auf den ersten Blick zu erkennen ist: Anstatt im Ganzen gebacken und dann Stück für Stück geschnitten, wird jeder einzelne Strudel von Hand rund gefaltet, ist somit oben offen. Diese kleinen Dinger werden mit kreativen Zutaten gefüllt und als Einzelportion gebacken. Serviert wird der Strudel auf Holzbrettern und die Sauce wird separat in einem kleinen Einmachglas gereicht. Jeden Tag stehen vier pikante Strudel (€ 7,90) auf der Karte, vom „Alpenländer“ mit Bergkäse, Kartoffeln, Schnittlauch und Zwiebelsauce über den „indischen Gruß“ mit Süßkartoffeln, Linsen und Kokos-Curry-Sauce bis zum „Spinaterlebnis“ oder einer mediterranen Mozzarella-Geschichte. Diese hübschen Teigpackerl variieren jedoch öfters. Aber auch vier süße Strudel (5,50 Euro) hat man im Angebot, das regelmäßig wechselt: zum Beispiel den „Bratapfel“ mit Apfel, Marzipan und Haselnuss, den „Nussknacker“ mit Marille und weißer Schokolade – hervorragende Kombi – , den „Himbeertraum“, der mit Tonkabohnensauce, die leider zu wenig nach Tonkabohne schmeckt, serviert wird oder dann doch immerhin ein klassischer Strudel (als geschnittene Teigrolle): der Wiener Original, der mit Topfen, Rum und Rosinen gefüllt ist.

Außerdem gibt es eine wechselnde Wochenkarte mit diversen Gerichten, jeweils zwei verschiedene Suppen (€ 4,50) und zwei Salate (€ 7,50), wie etwa den gemischten Salat mit gebratenem Ziegenkäse, Walnüssen und Orange, sehr fein. Weitere Süßigkeiten auf der Karte: die Schokoladentarte, die Zitronentarte oder der Cheesecake, alles hausgemacht versteht sich. Leider trifft das nicht auf die Essenz des Ganzen zu: dem Strudelteig, der wird nämlich zugekauft. Das rein vegetarische Lokal bezieht viele Zutaten von kleinen Produzenten: Der Käse kommt von der Mattigtaler Hofkäserei (Salzburg), der Kaffee von der Rösterei Alt Wien, die Schokolade vom französischen Schokoladefabrikanten Valrhona.

Das Nichtraucherlokal, in dem sanfte Jazzmusik aus den Boxen strömt, hat auch auf der Straße ein paar Tische stehen, sehr gemütlich.

Fazit:

Ein Klassiker auf Wien-Neubau-Niveau neu interpretiert – an und für sich eine feine Sache. Das Ambiente ist freundlich, der Service noch nicht so ganz sattelfest, die Speisen sind dafür wirklich gut. Ein Abstecher in die Siebensterngasse lohnt sich deswegen!

 

Strudls

Siebensterngasse 58

1070 Wien

Tel. 01/990 02 65

www.strudls.com

Geöffnet: Mo-Fr 11:30-20:00, Sa 10:30-20:00