Der Küchenchef des renommierten Hilton Vienna Plaza Hotel spricht im Gastro News Interview über die gehobene Gastronomie im Jahr 2021, die Sprache Küchenenglisch und verrät, auf welches Gericht er sich nach dem Lockdown besonders freut.
Der junge Chefkoch des Hilton Vienna Plaza, Stefan Wödl wurde in Venezuela geboren und wanderte im zarten Alter von zehn Jahren nach Deutschland aus, wo er in Bayern seine Lehre zum Koch und Kellner absolvierte. Die Gastronomie wurde dem heutigen Spitzengastronomen in die Wiege gelegt, denn die Familie betreibt sowohl ein Hotel als auch einen Gastronomiebetrieb in Südamerika. Im Gespräch mit Gastro News erzählt Wödl von seinem Weg von Venezuela nach Wien und klärt auf, warum er sich mit Österreich verwurzelt fühlt.
Gastro News: Wie ist es dir nach dem Umzug von Venezuela nach Deutschland gegangen?
Wödl: Der Umzug von Venezuela nach Bayern war eine Herausforderung. Immerhin bin ich nicht von einem Bundesland in nächste gezogen, sondern einmal quer um die Welt gereist. Die Lehrzeit war dann, typisch Deutsch würde ich sagen. Die bayrischen Basics mussten sitzen, tüchtig musste man sein und mit dem a la Carte Geschäft für rund 300 Gäste klarkommen. Damals haben wir auch noch alles selber gemacht, hatten sogar eine Fleischerei im Betrieb. Jetzt gibt es das kaum noch, dass alles im eigenen Haus hergestellt und verarbeitet wird.
Gastro News: Im Zuge deiner beruflichen Laufbahn hast du in vielen Küchen gekocht, heute verwirklichst du dich in der Bundeshauptstadt Wien. Wie hat es dich hierher verschlagen?
Wödl: Nach den zwei verpflichtenden Jahren Bundesheer in Deutschland, musste ich eine Entscheidung darüber treffen, wie ich mein weiteres Leben gestalten möchte. Eine Richtung festlegen. Die gehobene Gastronomie war das erklärte Ziel. Um das zu erreichen habe ich mich in diversen Hotels im deutschsprachigen Raum beworben. Unter anderem im renommierten Wiener Sacher Hotel, indem ich auch eingestellt wurde. Das war ohne jeden Zweifel auch eine gute Schule.
Gastro News: Warum sollte es die gehobene Gastronomie sein?
Wödl: Grundsätzlich ist es mir wichtig einfach geil zu kochen. Egal ob Schweinsbraten oder ein 5-gänge Menü, es muss einfach gut schmecken. Das Wichtigste sind Liebe und Leidenschaft. Fehlen diese, schmeckt sowohl das eine als auch das andere Gericht nach nichts. In der gehobenen Gastronomie arbeitet man mit den besten Produkten, auf höchst professioneller Ebene und ist in der Pflicht einen gewissen Anspruch zu erfüllen. Das hat mich damals gereizt und tut es noch heute.
Gastro News: Fehlt dir dein Geburtsort manchmal, seitdem du beruflich den Kontinent gewechselt hast?
Wödl: Natürlich. Aber bevor ich im Hilton Vienna Plaza angefangen habe, war ich noch eine Saison lang in Venezuela. Dort habe ich im Betrieb meiner Familie ausgeholfen. Ich habe mich sehr gefreut einspringen zu können und zumindest für kurze Zeit den Duft meiner Kindheit zu atmen. Und obwohl ich große Freude an der Arbeit hatte, war ich in Gedanken schon in Wien.
Gastro News: Was verbindet dich mit der Bundeshauptstadt Österreichs?
Wödl: Wien ist einfach eine leiwande Stadt. Ich bin gerne hier und fühle mich längst Zuhause. Meine Großeltern kommen außerdem ursprünglich aus Österreich, daher fühle ich mich mit dem Land verwurzelt.
Gastro News: Ist es wichtig als Koch um die Welt zu reisen um den kulinarischen Horizont zu erweitern?
Wödl: Also das muss jeder Koch und jede Köchin mit sich selbst ausmachen. Es gibt Spitzenköche die ihr ganzes Leben lang in Österreich gekocht haben. Andere wollen die Welt sehen. Ich halte es für sehr lehrreich fremde Kulturen, Geschmäcker und Gerüche kennenzulernen. Davon profitiert letztendlich auch meine Arbeit. Der Lifestyle ist anders, aber auch die Sprache und der Zugang zur Arbeit. Ich bin überall mit meinen Kolleginnen und Kollegen zusammengewachsen, habe Neues gelernt und mich den widrigsten Umständen angepasst. Außerdem habe ich mein Küchenenglisch verbessert, da wird viel geflucht und mit Händen und Füßen wild gestikuliert auf dem Weg zu einem guten Essen.
Gastro News: Heute ist es in den Küchen still. Wie geht es dir und deinem Team mit der herausfordernden Situation?
Wödl: Das erste halbe Jahr war super, so ehrlich bin ich. Als Koch ist man es gewohnt richtig viel zu arbeiten, da kam die auferlegte Zwangspause ganz recht um einmal so richtig durchzuatmen. Runterkommen und erstmal die Füße hochlegen war Programm. Aber der Spaß ist lang vorbei und die Zeit im Lockdown belastet uns zunehmend. Seit Jahresbeginn sitzen wir auf heißen Kohlen und wollen endlich wieder loslegen. Aber nach wie vor ist alles in der Schwebe und das Team muss weiter bei Laune gehalten werden. Dafür machen wir Communication-Meetings, alles online versteht sich.
Gastro News: Wie bereitest du dich auf die Zeit nach dem Lockdown vor und worauf wird es besonders ankommen?
Wödl: Ich versuche ständig auf dem Laufenden zu bleiben. Neue Karten gestalten wir aber nicht mehr. Das ist verlorenen Zeit. Wir haben zu viele Menüs geschrieben die nie gekocht wurden und nie ein Gast zu sehen bekommen hat. Das Wichtigste nach der Wiedereröffnung wird die Regionalität. In einer Situation wie die, in der wir uns gerade befinden, ist es ungemein wichtig die heimischen Produzenten zu unterstützen. Ich will keinen Fisch aus dem Mittelmeer sondern einen aus Österreich. Und das gilt auch für Fleisch und Gemüse.
Gastro News: Dein Ziel auf hohem Niveau zu kochen hast du im Hilton Vienna Plaza unweigerlich erreicht. Wie wichtig ist es dir, die verliehene Haube zu halten?
Wödl: Ich glaube, dass es für alle Hotelküchen interessant ist sich kulinarisch hervorzutun. Auszeichnungen unterstreichen das. Da bilden wir im Hilton Vienna Plaza keine Ausnahme. Aber zuerst müssen wir als Team einmal zurückfinden. Zurück in die Küche und in gewohnte Prozesse. Die Basics müssen wieder her. Es wird sich anfühlen wie eine Neueröffnung. Erst wenn alles stabil ist, denken wir an die Haube. Denn das ist natürlich wieder unser Ziel und Anspruch im Hilton Vienna Plaza.
Gastro News: Welches Gericht wirst du dir nach dem Lockdown als erstes in einem der vielen Gastronomiebetriebe gönnen?
Wödl: Ich freue mich auf ein original Wiener Schnitzel. Natürlich könnte ich mir auch eines Zuhause machen, das ist aber einfach nicht dasselbe. Ich freue mich sehr auf das Erlebnis ein Schnitzel samt Bier im Wiener Beisl zu genießen.
Gastro News: Danke für das Gespräch.