Von Peter Dobcak
Mit dem angekündigten Ende der „großen“ Koalition wurde mit Hilfe der Opposition die fertig verhandelte Novelle zur Gewerbeordnung gekippt. Teil dieser Novelle war und ist auch unsere lange geforderte Änderung des § 113 Abs. 5 der GewO. Es handelt sich dabei um die verpflichtende Vorverlegung der Sperrstunde bei unzumutbarer Lärmbelästigung der Anrainer durch Gäste vor dem Lokal, besser bekannt als „Causa Bettelalm“.
Die Vertreter der Regierungsparteien treten im Frühjahr 2016 in Verhandlung um eine Änderung zu ermöglichen. Verhandlung ist in dieser Koalition allerdings bloß eine Bezeichnung von „Du gibst mir und ich gebe dir“. Je dringender von einer Seite zu einer Lösung gedrängt wird, umso teurer lässt sich die andere ein Zugeständnis abkaufen, um eigene Vorstellungen durchzubringen. Ob eine Verzögerung der betroffenen Berufsgruppe schadet oder nicht, scheint dabei irrelevant zu sein. Die SPÖ hat diese Taktik zur Meisterschaft erhoben.
Bevor ich anhand von Gesprächsprotokollen die Entwicklung der Verzögerung der Novelle des § 113 Abs. 5 der GewO erkläre, möchte ich betonen, dass eine Zusammenarbeit zwischen Rot & Schwarz am Beispiel der Fachgruppe Gastronomie auch anders geht. Seit ich vor knapp 2 Jahren zum Obmann gewählt wurde, stehen keine parteipolitischen, sondern ausschließlich die Interessen unserer Kollegen und Kolleginnen in der Gastronomie im Mittelpunkt. So soll Interessenvertretung stattfinden, daher gibt es bei uns auch nahezu keine Kritik an der Sinnhaftigkeit einer Mitgliedschaft in der Fachgruppe.
Frühjahr 2016: Aufgrund von ca. 250+ Anzeigen eines einzelnen(!!) Anrainers wird die Sperrstunde der Bettelalm von 06:00 Uhr früh auf Mitternacht vorverlegt. Für einen Club bedeutet das fast immer den wirtschaftlichen Ruin, denn die Gäste kommen meist erst ab 01:00 Uhr.
Der Hotelier und Wirtschaftssprecher der Neos, Sepp Schellhorn, lässt sich mit finsterem Blick gemeinsam mit dem Betreiber der Bettelalm für die Medien ablichten und verspricht für eine faire Lösung zu kämpfen. Aktuell rühmen sich die Neos allerdings damit, die Novelle der Gewerbeordnung samt Sperrstundenregelung verhindert zu haben.
Frühsommer 2016: SPÖ und ÖVP beginnen den Lösungsvorschlag der ÖVP zur Sperrstundenregelung zu verhandeln.
30.06.2016: Folgendes Mail erreicht mich: Sehr geehrter Herr Obmann,
leider haben die Sozialdemokraten den Ausschussbeschluss über die Sperrstundenregelung im § 113. Abs 5. GewO wieder verhindert, obwohl das BMASK (Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) schon zugestimmt hatte.
01.07.2016: Ich schreibe ein Mail an meine Stellvertreterin vom SWV mit der Bitte auf Herrn Abg. Matznetter (Obmann des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes) einzuwirken einer Lösung zuzustimmen.
03.07.2016: Meine Stellvertreterin informiert mich, dass auch der SPÖ-Abgeordnete Kai Jan Krainer federführend an der Entscheidung beteiligt ist. Ein Mail von mir an Herrn Krainer bleibt unbeantwortet.
06.07.2016: Das Parlament beschließt die Änderung des Vereinsgesetzes mit wesentlichen Erleichterungen für Vereine, den Verkauf von Speisen und Getränken betreffend. Sehr zum Schaden vor allem der Gastronomie auf dem Land. Als Interessenvertretung wollen wir das so nicht hinnehmen und kündigen dazu in den Tagen vor der Plenarsitzung Protestkundgebungen an. Dies wird seitens der SPÖ sofort als Hebel benutzt um uns betreffend der Sperrstundenregelung unter Druck zu setzen. Dazu folgende gekürzte SMS-Korrespondenz zwischen meiner Stellvertreterin Martina Haslinger (SPÖ), dem Abgeordneten Christoph Matznetter (SPÖ/Obmann SWV), Abg. Peter Haubner (ÖVP/Generalsekretär Wirtschaftsbund) und mir.
Matznetter an Haslinger am 5.7.2016 16:12 Uhr: Mach den Schwarzen klar, dass bei Fortsetzung ihrer Aktionen die Bereitschaft, andere Anliegen der Branche weiter zu verfolgen auf Null sinkt. Besonders deppert daher gerade jetzt, wo sich die Branche bemüht, die Mussbestimmung in § 113 GewO über die Vorverlegung der Sperrstunde bei Anrainerprotesten in eine Kannbestimmung zu ändern („Bettelalm“), so vorzugehen…
Dobcak an den gesamten Fachgruppenausschuss am 5.7.2016 18:01 Uhr: Nach einem langen Gespräch mit Martina Haslinger und im Vertrauen darauf, dass die Sperrstundenregelung morgen auch ohne Protestaktion abgestimmt wird, ist unser Besuch im Parlament für morgen gestrichen.
Matznetter an Haslinger am 5.7.2016 18:47 Uhr: Wenn die wirklich Proteste absagen, Inserate einstellen und Haubner das dem Regierungspartner versprechen kann, versuchen wir noch diese Woche den 113er GewO auf „kann“ zu ändern…
Haslinger an Dobcak am 5.7.2016 18:47 Uhr: Du bist dran
Dobcak an Haubner am 5.7.2016 19:44 Uhr: Bitte rufe mich wegen morgen nochmals an. Haben folgenden Vorschlag von Christoph Matznetter via meiner Stv. Martina Haslinger erhalten:
Wenn die Gastro wirklich Proteste absagen, Inserate einstellen und Peter Haubner das dem Regierungspartner versprechen kann, versuchen wir noch diese Woche den 113er GewO auf „kann“ zu ändern…
Daraufhin telefoniere ich mit Peter Haubner, der diesen Vorschlag in die Verhandlungen mitnimmt.
ENDE
Die SPÖ hat ihr Versprechen nicht gehalten, obwohl wir die Proteste abgesagt haben! Das Vereinsgesetz zum Nachteil der Gastronomie wurde einstimmig beschlossen. Die Änderung zur Sperrstundenregelung wurde nicht beschlossen, sondern von der SPÖ für Herbst versprochen.
Herbst 2016: Wieder keine Lösung in Sicht. Die SPÖ stimmt nicht zu.
25.11.2016: An diesem Tag ergeht ein Schreiben von mir an Herrn BK Christian Kern mit dem Betreff: Die Gastronomie darf nicht Faustpfand der Politik sein! Der Brief bleibt bis heute unbeantwortet.
12.12.16: Bei einem persönlichen Treffen der Vertreter von SPÖ und ÖVP im Kabinett des Wirtschaftsministers werden im Beisein der Gastronomievertreter die Details nochmals besprochen und festgelegt.
Februar 2017: Mir wird seitens der ÖVP versichert, dass die SPÖ der Änderung im Frühjahr zustimmen wird.
Die endgültige Zustimmung wird das ganze Frühjahr lang vom Ausgang der Verhandlungen über die Änderung der Gewerbeordnung abhängig gemacht.
Im Mai 2017 scheint alles auf Schiene. Der Wirtschaftsausschuss stimmt zu, die Abstimmung im Plenum scheint gesichert.
Dann zerbricht die Koalition……
Das Gesamtpaket der Änderung der Gewerbeordnung soll nun innerhalb eines Monats überarbeitet werden. Bis zur letzten Sitzung Ende Juni 2017 gibt es daher noch eine Chance die Änderung im Sinne der Gastronomie zu beschließen. Verstreicht diese Frist, droht uns ein weiterer Sommer mit vielen Beschwerden und Strafen. Bis nach der Wahl im Oktober gibt es dann sicher keine Lösung in unserem Sinne.
Die Änderung der Sperrstundenregelung betrifft uns alle, denn ab Juni 2018 gilt das generelle Rauchverbot und dann sind alle Gastronomen betroffen.
Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Euer
Peter Dobcak