Der Wiener Prater ist um eine neue Attraktion reicher. Dass man in dessen Vergnügungsbereich schon mal über Kopf steht, ist jedem klar, der schon mal da war. Fahrgeschäfte, Achterbahnen, wilde Sachen wo man in die Luft geschleudert wird – alles schon „normal“. Wenn aber das Essen in einem Restaurant auch via Achterbahnen zu Tisch kommt, dann ist das alles andere als normal, korrekt? Schauen wir uns die Sache genauer an…
Deutschland, England, Abu Dhabi, Kuwait, Sochi und nun auch Wien. Anfang April öffnete das erste sogenannte „Rollercoaster-Restaurant“ in Österreich, dessen Gastro-Entertainment-Konzept fast gänzlich ohne Servierpersonal auskommt. Michael Mack, ein gelernter Maschinenbauer und später Erfinder der Achterbahnlokale, eröffnete den ersten Standort vor sieben Jahren in Nürnberg und hat seitdem aus dem Gastro-Erlebnis-Konzept ein internationales Franchise-System entwickelt. Die Eröffnung wird von den Mack als »Aufbruch in eine neue Dimension« und als »Revolution der Gastronomie« beschrieben, was sich natürlich in erster Linie auf das Vergnügen, das Verkaufskonzept, die Technik und die Darbietung der Speisen und Getränke bezieht.
Nun zur Erklärung des modernen High-Tech-Speiselokals: Am Eingang meldet man sich mit der Anzahl an Gästen und bekommt gegen Vorlage eines Lichtbildausweises ein Tablet als Speisekarte. Danach wird man zu seinem Platz geführt und das Konzept wird erklärt. Demnach blättert man durch die bebilderte Speisekarte, legt die Auswahl von Getränken und Speisen in einen Warenkorb und drückt auf bestellen. Wie im Katalog. Oder bei Amazon. Oder Zalando. Der Versand der bestellten Speisen und Getränke wird jedoch nicht mehr von Hand, sondern von Robotern inszeniert, die übrigens auch spektakulär die Cocktails mixen, bevor sie diese in den Transportvorrichtungen über die mit LEDs beleuchteten Schienen folgenderweise an die Gäste senden: An den Tischen gibt es „Buzzer“ an jedem Sitzplatz. Hat der Roboter den Katapultantrieb mit Essen und Getränken bestückt, ist alles bereit zum „Abschuss“ – am Tisch läuft ein Countdown. Der schnellste Gast am Tisch kann durch Drücken des Buzzers den Katapultantrieb auslösen. Wer die meisten Katapultstarts ausgelöst hat, wird am Ende des Besuchs mit einer Überraschung belohnt. Ähm, ja … geht’s eigentlich noch schlimmer? Das Ganze erinnert ein wenig an eine Anleitung für ein actionreiches Gesellschaftsspiel. Oder an die 100.000 Mark Show, von früher.
Normalerweise werden Wartezeiten bis das Essen kommt, mit Unterhaltungen überbrückt, hier offenbart sich aber eine Schwachstelle im Konzept. Zum einen ist die Musik etwas laut, zum anderen stören die Schienen der Achterbahn, da sie den Blick auf das Gegenüber beeinträchtigen. Zudem wird etwa alle 45 Minuten das Restaurant verdunkelt und es werden spektakuläre Lichtshows inszeniert, zu denen auch die Roboter-Tanzeinlagen zählen. Witzig anzusehen, für Unterhaltungen mit dem Gegenüber jedoch – wie gesagt – wenig förderlich.
Und damit zum eigentlichen Thema, dem Essen. Auf der Speisekarte finden sich unter anderem Vorspeisen wie Tomatencremesuppe oder Knoblauchbaguette, ein paar Salate (€ 8-10), verschiedene Burger (€ 14), Tagliatelle mit diversem Pesto (€ 8-11), übliche Hauptgerichte wie Schnitzel und Cordon Bleu, Fleischpalatschinken oder gebackene Champignons, einige Kindergerichte und Desserts wie Schokosoufflé mit Vanilleeis, Cheesecake oder Panna Cotta. Eine gewisse geographische Ausrichtung der Speisenauswahl ist somit nicht zu erkennen.
Der Rollercoaster Cheeseburger beispielsweise kommt in zwei Fuhren. Die Erste beinhaltet den Burger, die Zweite die Pommes, welche in der Zubereitung guter Durchschnitt und nicht weiter der Rede wert sind. Vom Burger erwartet man sich um 13 Euro geschmacklich auch mehr als man kriegt. Die Chickenstrips sind passabel. Das Knoblauchbrot genauso – macht satt, schmeckt aber unspektakulär.
Mein Fazit:
Mit Essen spielt man nicht? Im Achterbahnrestaurant schon. Das Konzept ist zwar einzigartig und man sollte nicht vorschnell urteilen, deswegen: wen´s interessiert, der schaut sich das Spektakel mal an! Nur manchmal, so wie´s zwischenmenschlich auch vorkommt, manchmal stimmt einfach die Chemie nicht. Die Speisen kommen geschmacklich über Convenience-Qualität leider nicht hinaus, was nicht sonderlich überrascht, da nicht die Küche im Mittelpunkt steht, sondern der Erlebnisfaktor.
Auf der einen Seite hören wir diverse Slow-Food-Gurus und Ernährungsberater, die (neben gefühlten tausend anderen Ernährungsregeln) stets betonen, wie wichtig es sei, sein Essen gut zu kauen, sich Zeit dafür zu nehmen und sich durch Nichts (TV, Zeitung, etc) ablenken zu lassen, um das Essen auf dem Teller vor sich bewusst wahrzunehmen. Auf der anderen Seite eröffnen Lokale (Plural deswegen, weil´s wahrscheinlich nur das Erste, aber nicht das Einzige sein wird), welche Unterhaltung und Vergnügen während dem Essen anbieten? Wie sollen wir mit dieser Kontroverse nun umgehen (lernen)? Ich bin übrigens fürs Team eins, eh klar. Und das hat nur am Rande damit zu tun, dass ich ein Landkind war.
Rollercoaster
Riesenradplatz 6/Top 1A (über Madame Tussaud´s)
1020 Wien
Tel. 0660/244 38 23
Geöffnet: Montag bis Sonntag 11:30 bis 23 Uhr