Wien (Culinarius) – Zugegeben, das „Pichlmaiers zum Herkner“ liegt mit Neuwaldegg nicht gerade optimal – doch das muss es auch nicht: Denn in der Dornbacher Straße 123 verlässt man sich eben auf Ambiente, Leidenschaft und Qualität. Martin Pichlmaier, über sich und seine Geschwister und dem sich langsam entwickelnden Wunsch nach Selbstständigkeit, die österreichische Küche und der Liebe zum Beruf.
„Mein erster Vorsatz als ich nach Wien kam: Ich werde nie selbstständig.“
Als Martin Pichlmaier im Jahr 2000 aus der Steiermark nach Wien kam, zog es ihn zwar in die High-End-Gastronomie, jedoch war sein erster Vorsatz, nie selbstständig zu werden. „Als ich 2000 nach Wien gekommen bin war für mich ganz klar: Ich werde nie selbstständig – das war mein erster Vorsatz.“ Die Gastronomie selbst haben die Geschwister Pichlmaier aber im Blut: Bereits die Eltern führten eine sehr lange Zeit ein Haubenlokal in der Steiermark – „Da wir aus einer steirischen Gastronomiefamilie kommen, sind wir eben damit aufgewachsen.“ Nach 15 Jahren in der Top-Gastronomie mit Zwischenstationen im Fabios und im Shiki entwickelte sich aber in den letzten 5 Jahren der Reiz, selbst Verantwortung und Risiko zu übernehmen. „Ich hatte einen tollen Job und eine tolle Zeit im Fabios – es war auch sicher die prägendste Station… Vor allem habe ich meine Frau dort kennengelernt.“, erklärt Martin Pichlmaier mit einem Zwinkern. „Es war auch die richtige Zeit und das richtige Alter selbstständig zu werden. Was ich auf den Teller bringe, das ist meine Linie, das ist mein Gesicht. Es ist das, was wir alle 3 (Martin, Werner und Martins Gattin, Christiane; Anm. d. Red.) verkörpern möchten.“ Doch auch ein weiterer Bruder ist sehr erfolgreich unterwegs in den südlicheren Gefilden Österreichs: „Ferdl’s Weinstube by Karli Pichlmaier“ in Graz setzt ebenfalls auf ein bewährtes Konzept. Auf die Frage, ob die Pichlmaiers sich in Wien einen Lebenstraum erfüllt hätten, antwortet Herr Pichlmaier wie aus der Pistole geschossen mit einem kurzen und sehr überzeugenden „Ja, definitiv.“ Den wesentlichen Vorteil der Selbstständigkeit betont er hierbei: „Wenn ich etwas mache, dann mache ich es. Es kommt keiner der mir sagt, dass meine Entscheidung falsch ist. Natürlich muss ich zwar mit den Konsequenzen leben, aber es gibt mir auch eine gewisse Freiheit– und das ist klasse!“
Obwohl mit der Übernahme des legendären „Zum Herkner“ eine Adresse ausgewählt, welche in einer Umgebung liegt, die in Wien sonst nicht gerade besonders bekannt für gehobene Gastronomie ist, gab es ausschlaggebende Faktoren, welche für eine Entscheidung sprachen, frischen Wind in die Dornbacher Straße 123 zu bringen. Dazu Pichlmaier: „Vor allem Ambiente – es klingt immer so einfach, aber es gibt drei wesentliche Dinge in einem Gastronomiebetrieb: Ambiente, Küche und Service. Ich habe bereits in meinen früheren Kariere-Stationen gesehen, wie wichtig Ambiente ist – und ich habe mich in diese Location einfach verliebt. „Für uns war immer klar: Österreichisch, da wir Österreicher sind – auch wenn ich jetzt 15 Jahre in internationalen Lokalen gedient habe (12 Jahre Fabios & 1 Jahr Shiki). Bei Selbstständigkeit war uns schon immer klar, dass es österreichisch sein wird, weil es das ist, was wir zuhause schon gelernt haben.“ Bezüglich der potenziellen Vorreiterrolle, welche dem Betrieb vielleicht zukommen könnte, zeigt Martin Pichlmaier sich bescheiden: „Man muss sagen hier in der Gegend gibt es bereits einen Vorreiter – Klee am Hanslteich. Hieran kann man auch erkennen, welches Potenzial dieses Einzugsgebiet hat. Das besonders Schöne ist, dass wir hier in der Gegend kooperieren – unter anderem mit dem Weinhaus Artl, der goldenen Waldschnepfe, aber auch mit dem High-Class-Restaurant Hill in Wien 1190. Natürlich wird Know-How ausgetauscht und ausgeholfen, sollte den Partnern unerwartet etwas ausgehen – Der klassische Neid, der den Österreichern leider ein wenig inhärent ist, kommt hier in diesem Grätzl überhaupt nicht auf. Wir treffen uns auch gerne privat auf ein Glas Wein.“
Wirtschaftsblatt: „Neueröffnung des Jahres“
Das Wirtschaftsblatt betitelte das Pichlmaiers zum Herkner bereits als Neueröffnung des Jahres. Martin Pichlmaier selbst sieht hierfür mehrere Gründe: „Einerseits hat die Location selbst geholfen, da es ja ein bereits etablierter Name ist. Uns war es beim diesem auch deshalb wichtig, einerseits das Erbe („Zum Herkner“) zu betonen, aber auch ein Zeichen für den neuen Schwung zu setzen – daraus entstand dann der Name wie wir ihn heute haben. Wir wollen also sagen können: „Das ist der Pichlmaier zum Herkner; wo sich etwas geändert und getan hat beziehungsweise auch zeitgerechter geworden ist, aber andererseits das alte Ambiente und Flair bestand haben.“ Auf den Punkt gebracht: Einerseits wird Wert auf Authentizität gelegt – aber auch auf frischen Wind. Der Herkner habe auch ein besonderes verbindendes Element: „ Es waren schon Generation um Generation hier.“ Sätze wie „Ich war als Kind mit meinen Eltern da“, „Ich war vor paar Jahren mit meinen Großeltern da, welche selbst bereits als Kinder hier zu Gast waren“ hört man hier oft. „Daher sind wir einerseits stolz und andererseits bemüht das Erbe des Herkner weiterzuführen.“ Bei all den bereits genannten Punkten bleibt Martin Pichlmaier aber auch bodenständig und bescheiden: „Es gibt in Wien derzeit mehrere tolle Neueröffnungen – „Neueröffnung des Jahres“ traue ich mich über uns daher nicht zu sagen, aber natürlich haben wir uns darüber sehr gefreut. Ich schätze, dass unser Familienname, als etablierte Marke in der wiener Gastronomielandschaft, ebenfalls für einen Teil des Erfolges verantwortlich ist. Vielleicht sind wir eine der Neueröffnungen des Jahres, aber Ende 2016 wissen wir dann definitiv mehr.“, antwortet er mit einem Schmunzeln.
„Wir sind ein Gasthaus und kein Wirtshaus – bei uns ist der Gast zuhause und nicht der Wirt.“
Auf die Frage, inwiefern das Angebot Platz für Experimente und Neuinterpretationen lässt, antwortet Pichlmaier: „Selbstverständlich, die Wiener Küche hat sich in den letzten 20-30 Jahren natürlich geändert. Einerseits wollen wir bewährte Speisen bieten aber diese gleichzeitig zeitgemäß interpretieren. Beispielsweise ist die wiener Küche durch Ihren Einbrenn, Mehl und Butter eine schwere – aber wir versuchen natürlich auch eine leichte Küche anzubieten. Dazu kommt natürlich auch der Touch von meinem Bruder Werner ins Spiel. Besonders durch den saisonalen Charakter der Speisen haben wir etwas Raum für Neuinterpretationen. Beispielsweise bei der Pasta: Wir werden sicher Pasta anbieten – aber eben auf nicht-italienisch zubereitet. Wir haben auch selbstgezogene Lasagneblätter und kombinieren diese Basis dann aber mit saisonalen Zutaten wie Holunder. Aber einer Änderung der Küchenlinie wird nicht stattfinden, denn wir wollen authentisch bleiben. Wenn wir jetzt spanische Tapas servieren würden, gehe die Autentizität verloren – und das sind am Ende dann nicht mehr wir.“ Inspiration in der Küche holt sich hauptsächlich der Bruder Werner Pichlmaier, welcher 10 Jahre Chefkoch in keinem geringeren Hotel als dem Sacher war: „Ich hole mir Inspiration von anderen Lokalen, Zeitschriften und dem Internet, aber hauptsächlich verlasse ich mich auf Werner; einerseits weil er die Erfahrung hat, aber andererseits hat er auch sehr viele Kochbücher zur Inspiration zuhause.“ Meint Martin Pichlmaier mit einem Lachen. Auch die Philosophie, welche die Küche prägt, ist besonders: „Unser Konzept ist: Es ist noch ein Handwerk – eben besonders in der Küche. Beispielsweise werden von den Leberknödeln über Teig bis hin zu Nudeln selber gemacht und wir verwenden aus Überzeugung keine Convenience-Produkte und keine Zukäufe. Authentizität wird bei uns eben ganz groß geschrieben. Das ist unser Konzept, welches wir durchziehen wollen. Weiterer Punkt in der Philosophie: „Wir sind ein Gasthaus und kein Wirtshaus – bei uns ist der Gast zuhause und nicht der Wirt.“ Der Gast muss sich Wohlfühlen und fallen lassen können – er soll für einen Moment den Alltag vergessen und abschalten. Bei uns ist der Gast eben daheim.“ Auch der Abbau einer Hemmschwelle für die Gäste soll dazu beitragen: „Ich will Stoffservietten und eine Gläserkultur am Tisch – aber es soll den Gast nicht abschrecken.“ Das Lokal versucht somit den Balanceakt zwischen gehobener Gastronomie und Bodenständigkeit. „Wenn wer reinkommt und nur sein Gulasch will, wird er sicher nicht komisch angeschaut, weil er kein Drei-Gänge-Menü haben will. Wir wollen natürlich gehoben wirken, aber es soll nicht streif ausschauen.“
Ambitionierte Pläne
„Ich denke, hier in der Vorstadt wird sich in den nächsten Jahren generell etwas tun. Wir selbst haben für die nächstes Jahr natürlich auch einiges geplant. Wir überlegen derzeit über eine Optimierung der Öffnungszeiten und einen Ausbau im Bereich Catering.“, dieser Service soll aber lokal beschränkt auf die Bezirke 17., 18. und 19. sein. „Weiteres versuchen wir, die die Marke Herkner zu stärken – und das besonders auf dem Sektor der Patisserie. Aber auch die Marke Pichlmaier selbst wollen wir dadurch stärken. Im Moment zerbrechen wir uns aber In Bezug auf das Mittagsgeschäft noch ein wenig den Kopf.“, denn aufgrund der hier kaum ansässigen Firmen ist die Besucheranzahl noch nicht optimal. Zwar bietet die Tram (von Pichlmaier liebevoll „unsere Strechlimo“ genannt) eine optimale Anbindung, aber an der Parkplatzsituation muss noch ein wenig getüftelt werden. Da wo wir ankommen wollen, sind wir noch nicht, aber im Moment sind wir sehr zufrieden und ich denke auch auf einem sehr guten Weg.“
Fotocredits: Pichlmaiers zum Herkner