Peter Friese im Interview: Das Schwarze Kameel und die Krise

Gastro.News Redaktion

Peter Friese erzählt im Interview, welche Erkenntnisse er aus der Coronakrise mitnimmt © Peter Rigaud

Das Lokal „Zum Schwarzen Kameel“ gehört zu Wien wie das Wiener Schnitzel und das Riesenrad. Nach 400 Jahren ist das Lokal nicht mehr aus der Stadt wegzudenken. Peter Friese, Seele und Besitzer des Traditionsunternehmens, gibt im Interview mit Gastro News einen Einblick in seine Welt der Gastronomie, wie er trotz Pandemie die Tradition in seinem Lokal aufrechterhält und was für eine Erkenntnis er aus der Krise zieht.

 

Das Schwarze Kameel ist schon 400 Jahre alt. Was ist das Erfolgsrezept?

Für die Vergangenheit kann ich es nicht sagen, aber für die letzten Jahrzehnte schon. Wir sind ein demokratisches Lokal und es ist uns wichtig, dass alle eine schöne Zeit haben. Da steckt viel Engagement dahinter. Es klingt so einfach, weil es ein einfaches Rezept ist, aber wir arbeiten ständig daran. Das ist das Erfolgsgeheimnis.

Wie verbinden Sie Tradition mit modernen Zeiten?

Es ist wichtig, dass alles durchgemischt wird. Dass das Angebot so ist, dass jede Generation etwas findet. Wenn der Vater mit seinem Sohn zu uns kommt und dem Sohn gefällt es hier überhaupt nicht, dann wird auch der Vater nicht wiederkommen. Man muss alle ansprechen und möglichst breit aufgestellt sein. Es wäre schrecklich, ein Lokal mit nur einer Altersgruppe zu haben. Ich gehe abends oft glücklich nach Hause, weil es so schön bunt war!

Wie schaffen Sie es, alle Generationen abzuholen?

Es darf nicht abgehoben sein, auch der Preis muss passen. Zu uns kommen Menschen aus den unterschiedlichsten Bereichen und Branchen. Das macht einen Tag im Schwarzen Kameel umso spannender. Es muss für jeden möglich sein, bei uns eine schöne Zeit zu verbringen, egal was für einen Hintergrund oder welche Gefühlslage sie haben. Zum Beispiel, wenn man einen schlechten Tag hat, dann geht man am besten raus, isst vielleicht im Schwarzen Kameel ein Brötchen und trinkt ein Achterl Grünen Veltliner dazu. Dann geht man wieder besser gelaunt nach Hause. So einfach ist das.

Haben Sie Ihre Tätigkeit, Ihr Lokal und die Gäste vermisst?

Natürlich, das war eine einzige Katastrophe. Am Anfang hat man ja gesehen, was da kommt und wie es von China nach Italien geschwappt ist. Da haben wir uns schon Sorgen gemacht. Dann hat auch alles bei uns zugemacht und wir mussten lange zu Hause bleiben. Da fragst du dich schon, ob man überhaupt jemals wieder aufsperren wird. Muss ich einen Autosalon daraus machen? Was kann man stattdessen machen? Aber es war sehr schön, dass alle zusammengerückt sind. Ich habe noch nie so viel mit anderen Gastronomen zu tun gehabt, wie in der Coronazeit. Wir haben uns gegenseitig geholfen und Ideen entwickelt. Als wir wieder aufgemacht haben, haben sich Gäste bei uns bedankt. Sie haben sich gefreut, wieder raus gehen zu dürfen. Die Pause hat gezeigt, dass die Gastronomie ein wichtiger Bestandteil einer Stadt ist. Jetzt hoffen wir, dass es ruhig weitergeht. Wir müssen mit aller Gewalt versuchen, die Zahlen unten zu halten.

Bleiben die Gäste noch aus?

Freilich, wir können die Spitzen von damals nicht füllen. Die Touristen fehlen und auch die Leute, die im Home Office arbeiten, fehlen. Ein leeres Lokal ist eine Katastrophe. Sind mehr da, dann ist die Stimmung viel besser. Vor allem sitzen die Leute momentan viel lieber draußen. Ich hoffe, dass die Winterschanigärten erlaubt werden, denn die Leute wissen genau, dass es draußen nicht so „gefährlich“ ist, wie drinnen. Ich persönlich sitze auch lieber im Freien. Daran müssen wir uns gewöhnen.

Machen Sie sich Sorgen um die kalten Jahreszeiten?

Der Winter wird eine spannende Zeit, weil man nicht so viele Leute ins Lokal lassen kann. Aber wer kontrolliert das? Ein Sicherheitsdienst vor der Türe wäre nicht gut, das müsste jemand machen, der unsere Gäste und vor allem unsere Stammgäste kennt. Das ist eine Herausforderung, die auf uns zukommt. Wir wollen, dass es funktioniert und alle ihren Spaß haben, aber es darf keiner krank werden. Denn es ist schlimm, wenn man wen anderen ansteckt. Die Krankheit ist da und das kann man auch nicht leugnen.

Welche Erkenntnisse haben Sie noch aus der Krise mitgenommen?

Eine Erkenntnis ist, dass wir alle weniger arbeiten wollen. Ich, meine Mitarbeiter, wir haben uns daran gewöhnt. Denn man merkt, dass es sehr schön ist, viel Zeit zu Hause zu verbringen. Aber die Gastronomie-Branche hat viele schöne Seiten zu bieten. Ich habe so oft, so schöne Zeiten erlebt, dass ich wirklich glücklich am Abend nach Hause gehe. Das möchte ich nicht verlieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Freude und Harmonie. Wir leben in Wien, der schönsten Stadt, die ich kenne. Hier kann man gut leben. Denn es ist zum Beispiel eine echte Lebensqualität, in ein Lokal zu gehen und dort einfach die Zeit vergessen zu können. Das Handy wird weggelegt und man genießt die Auszeit. Das ist der wahre Luxus und das Schönste, was es gibt. Mit Leuten zusammen sein, mit Menschen, die einem gut gesinnt sind. Meine Erkenntnis ist, dass man nicht viele Leute hat, die einem wirklich nahestehen. An denen muss man festhalten. Nimm dir die Zeit und verbring eine schöne Zeit mit deinen Liebsten! Ich wünsche mir, dass sich die Menschen`mehr dazu besinnen.

 

Zum Schwarzen Kameel

Bognergasse 5, 1010 Wien

www.kameel.at

Öffnungszeiten: Restaurant  12:00 – 14:30 Uhr & 18:00 – 24:00 Uhr

Küche 12:00 – 23:00 Uhr

+43 1 / 533 81 25