Wien (Culinarius/Peter Dobcak) – „Wir machen Recht!“ oder so ähnlich erklärte die damalige Kandidatin zur Bundespräsidentenwahl Irmgard Griess als ein Mitbewerber der ehemaligen Höchstrichterin vorwarf während ihrer Tätigkeit bloß Gesetze zu vollziehen. Wie richtig sie damals lag zeigt das kürzlich ergangene Urteil gegen die Bettelalm am Lugeck betreffend der Vorverlegung der Sperrstunde von 06:00 Uhr auf 24:00 Uhr. Eine fatale Entscheidung, da damit das Geschäftskonzept der Bettelalm als Tanzlokal unterlaufen wurde. Die Unternehmer haben bereits Insolvenz angemeldet. Nicht nur, dass die beiden mehr als € 200.000,— in Anwaltskosten investiert haben stehen mehr als 20 Arbeitnehmer damit auf der Straße.
Die gesamte Branche, die Behörden, die Polizei, alle waren von diesem Ausgang in zweiter Instanz, also des Verwaltungsgerichtes, völlig überrascht. So hängt das Schicksal von vielen Menschen an der Entscheidung einer Richterin, die eben den gedruckten Buchstaben des Gesetzes Leben gibt und Recht macht. Denn dieses Urteil kann und wird dramatische Auswirkungen nicht nur auf unsere Branche haben, wenn es einem Anrainer möglich gemacht wird durch permanente begründete oder eben auch unbegründete Anzeigen in letzter Konsequenz einen Betrieb in den Ruin zu treiben.
Basis für diese Rechtsauslegung ist die Gewerbeordnung 1994, in diesem Fall §113 Absatz 5 der lautet:
(5) Wenn die Nachbarschaft wiederholt durch ein nicht strafbares Verhalten von Gästen vor der Betriebsanlage des Gastgewerbebetriebes unzumutbar belästigt wurde oder wenn sicherheitspolizeiliche Bedenken bestehen, hat die Gemeinde eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben. Diese Vorschreibung ist zu widerrufen, wenn angenommen werden kann, dass der für die Vorschreibung maßgebende Grund nicht mehr gegeben sein wird……
Wir, als Interessenvertretung der Gastronomie, haben dies zum Anlass genommen nochmals dringend die Streichung der möglichen Belästigung der Nachbarschaft zu fordern und den Absatz auf die sicherheitspolizeilichen Bedenken zu beschränken. Im Hinblick auf das kommende Rauchverbot ab Mai 2018 ist dies unbedingt notwendig, denn sonst hagelt es Anzeigen wegen Belästigung durch rauchende Gäste ohne Ende. Und dies alles auf Kosten der Gastronomen aber auch der Steuerzahler. Denn die Polizei ist verpflichtet allen Beschwerden nachzukommen, seien sie auch noch so unbegründet. Die Einsätze kosten eine Menge Geld – aber nicht dem selbsternannten Kämpfer für Ruhe und Ordnung sondern uns Allen.
In der für Österreich typischen Regulierungswut haben wir eine der strengsten Gewerbeordnungen der Welt. Wie sehr sich das nun negativ in einer heute völlig veränderten Welt auf die Wirtschaft und damit auf die einzelnen Unternehmen und deren Erfolg samt Beschäftigten auswirkt zeigt der freie Fall Österreichs in de facto allen wesentlichen internationalen Rankings. Ausnahme ist die so bejubelte Mercer-Studie, die Wien Jahr für Jahr als eine der lebenswertesten Städte der Welt reiht. Man soll Erfolge nicht schmälern, keine Frage wir leben in einer schönen Stadt, doch wer fühlt sich nicht wohl in einem Dorf mit guter Luft, wo die Gehsteige um 22:00 Uhr hochgeklappt werden und Sonntags überhaupt alles zu ist damit man auch gewiss zu Hause bleibt? Ich kann nicht die Infrastruktur einer internationalen Großstadt fordern und gleichzeitig die Ruhe eines Kurortes erwarten. Das wird nicht zusammen gehen.
Seit vielen Jahren fordert die Wirtschaft die Anpassung der Gewerbeordnung um den Anforderungen der heutigen Zeit als Unternehmen gerecht werden zu können. Monatelange Verzögerungen von Genehmigungen wegen eines Anrainers oder einer Zieselfamilie (heikles Thema!!!) sind schlicht und ergreifend nicht mehr drinnen. Bisher hat der Herr Wirtschaftsminister die Anfangs hohen Erwartungen als „Einer von uns“ bitter enttäuscht. Im Gegenteil, die derzeitige Regierung ist drauf und dran Österreichs Wirtschaft, gleich ob Industrie oder Klein- und Mittelbetriebe, am Altar der wohlerworbenen Rechte großer Wählergruppen samt völlig abgehobener Landeskaiser endgültig zu opfern.
Das Ergebnis wird für Österreich und für uns alle sehr sehr bitter werden, wenn wir nicht endlich gemeinsam die Regierung zum Handeln zwingen. Ich kann nur hoffen, dass der Weckruf vom 24. April 2016 nicht ungehört verhallt.
Euer
Peter Dobcak
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels schrieben wir, dass die Bettelalm aufgrund des Gerichtsurteils Insolvenz anmelden musste. Dies ist nicht der Fall.