Otto Bauer – ein harmonisch klingender Name, für einen Herrn sowie für ein Café. Das dachten sich auch Julian Oberhofer und Andreas Ebner, die beiden Betreiber des vor zwei Monaten in Mariahilf – richtig, in der Otto-Bauer-Gasse – eröffneten Lokals. Der Vater von Andreas betrieb an dieser Stelle zuvor das Vintage-Möbel-Geschäft „Design Lovers“, weswegen die Idee dahinter ursprünglich „Verkauf von Möbeln mit bisschen Gastro“ war. Diese Idee hat sich schließlich ins Gegenteil verkehrt und lautet „Gastro mit ein bisschen Möbelverkauf“. Auch schön!
Die Bilder, Lampen, Sesseln und sogar die Tische des Lokals können käuflich erworben werden. Sechs Monate wurden in den Umbau der Räumlichkeiten und die Restaurierung von alten, sowie Herstellung von neuen Möbeln investiert. Die Bilder an den Wänden hat allesamt der aus Südtirol stammende Küchenchef Julian gemalt, der zwar gelernter Koch aber auch Student der Akademie der bildenden Künste. Andreas kommt „aus der Wirtschaft“ und war in diversen Management- und Marketingbereichen tätig bevor er beschloss etwas Neues zu wagen.
Wenn man also das „Otto Bauer“ betritt, hat vermutlich nicht jeder Gast den gleichen ersten Eindruck, doch eins ist gewiss: „erschlagen“ vom Interieur wird sich niemand fühlen. Der helle Boden in Kombination mit den hohen Räumen, den schnörkellosen Sitzgelegenheiten und den großen bunten Gemälden verleihen dem Restaurant einen charmanten Charakter. Das Ambiente wirkt aufgrund der pastelltürkisen und schwarzen Tische und Stühle auf den ersten Blick modern, doch wer dann Platz genommen hat und den Raum näher betrachtet entdeckt so manches Retro-Mobiliar: eine rotbraune Kommode im 70er Jahre Stil, eine große alte Personenwaage, braune Lederfauteuils und diverse Kristallluster mit Goldverzierung an Wänden oder Decke. Das ist dann gar nicht mehr so modern. Dieser Vintage-Einfluss wurde aufgemotzt mit einer violett beleuchteten Bar (inklusive Weizengras-Pflanzen darin), einer gigantischen silbernen Eiseninstallation in Form einer Wolke über dem Barbereich – sieht stylisch aus. Dazu noch die wunderschöne indirekte Beleuchtung der Deckenbögen und bunt gemusterte Fliesen aus der Türkei als Tischdeko. Die Hängepflanzen in den Ecken wirken zwar etwas karg, doch generell ist das eine sehr sympathische weil wilde Mischung.
Diese Attribute treffen ebenso auf die Küche des Lokals zu. Aufgrund von Julians Herkunft haben seine Kreationen oft einen italienischen Einfluss, oft sind sie asiatisch angehaucht, oft wird Altbekanntes modern interpretiert, doch fast immer wird mit regionalen und saisonalen Produkten gekocht. Da steht dann was ganz Feines wie beispielsweise ein Kräutersalat mit Avocado, Walnüssen, Oliven und Datteln auf der Speisekarte (€ 8,70). Oder Beiried mit rosa Pfeffersauce, Süßkartoffelcreme und Ratatouille (€ 18,40). Oder Schweinebauch mit blauem Kartoffel-Speck-Espuma, Grapefruit (!), Romanesco und Schokolade-Jus (€ 13,60). Oder Saiblingsfilet in Paprikaschaum mit Rotkraut-Brioche (€ 14,20). Ooohh, wenn „der echte Otto Bauer“ all das nur hätte kosten können! Obwohl kalt serviert kann ich übrigens noch folgende Köstlichkeit wärmstens empfehlen: In Tauerngin gebeizte Lachsforelle mit Tonic-Creme, Gurke und Avocado (€ 11,20) – herrlich frisch, wachsweicher Fisch mit leicht herbem Gin-Geschmack und dazu dieses wahnsinnig cremige Etwas von der Avocado – einfach zum Reinlegen. Unter der Woche gibt’s zweigängige Mittagsmenüs, die vegetarische Variante um günstige € 7,80, wer Fisch oder Fleisch bevorzugt zahlt € 8,90. Zum Dessert werden Gaumenfreuden wie Schoko-Tarte oder Mangomousse serviert. Eine absolute Besonderheit des Lokals ist noch der „Kräutergarten“. Ich setze das Wort „Garten“ in Anführungszeichen, weil es nicht ein Garten im klassischen Sinne ist, sondern eher ein grünes Meer mit wunderbar nährstoffreichen Kräutern im Keller (!) des Hauses. Rund 40 Quadratmeter sind voll bepflastert mit Beeten, darunter Basilikum, Ananassalbei, Erdbeerminze und viele andere Sprossengemüse-Raritäten, die gerade unter dem Namen „Micro Greens“ einen Aufschwung erleben. Das Otto Bauer ist mit diesem Pflanzenlabor-Experiment also ganz vorne dabei und setzt damit auch noch ein Zeichen für Nachhaltigkeit.
Getränketechnisch gibt’s hausgemachte Limonaden, Bernsteinbier vom Fass und eine kleine Auswahl an Cocktails. Den schnellen Espresso an der Bar (aus San Marino) gibt es wie in Italien um günstige € 1,50, Suppen und beinahe alle anderen Gerichte kann man auch zum Mitnehmen bestellen, ein Frühstücksangebot ist noch in Planung.
Fix ins Otto-Bauer-Team integriert ist übrigens auch „Tante Lilli“, die rüstige Pensionistin aus dem selben Haus arbeitet voller Begeisterung mit, obwohl sie nicht wirklich die Tante von Julian oder Andreas ist. Sie mag einfach die jungen Leute und hat einen Sinn für neue, alternative Konzepte. Schön!
Mein Fazit:
Ich habe seit längerem wieder ein Lokal entdeckt, das mich persönlich unglaublich anspricht, sogar inspiriert. Im Keller wachsen Kräuter, in der hauseigenen Werkstatt werden Möbel restauriert, die eigene Kunst hängt an den Wänden. Von der Idee über das Ambiente bis hin zum wirklich guten und nicht zu teurem Essen, hier stimmt die Chemie einfach. Als Quereinsteiger hat man doch irgendwie einen anderen Zugang zur Gastronomie… fabelhaft!
Otto Bauer
Otto-Bauer-Gasse 13
1060 Wien
Tel. 0664/387 55 27
Geöffnet: Montag bis Samstag 10 – 22 Uhr