Natürlich wildes Slow-Food im Wildling

Lauren Seywald

Slow Food im Wildling. ©Lauren Seywald

Erfrischend anders. Das Gourmet-Herz geht auf, wenn in der Wiener Gastronomie wieder ein kreativer Vorreiter auf den Markt kommt, der durchdachte Speisen und Getränke serviert, die man sonst nirgends bekommt. Mit dem neuen Restaurant Wildling von Manuel Künz und Stefan Stefanescu ist das gelungen. Gastro.News hat vorbeigeschaut.

Geht man den Anfang der Laudongasse im achten Bezirk entlang, folgt ein feines Lokal dem nächsten. Mittendrin hat sich zwischen den altbekannten Restaurants und Bars ein wilder Samen angesetzt, der voller neuer Energie zu sprießen beginnt. Eine Energie, die man spürt, sobald man den Raum betritt. Die Kellner begrüßen einen frisch, freundlich und frohen Mutes. Die Atmosphäre ist lässig und leicht, die Einrichtung tut den Rest. Ungezwungene, dunkle Holztische reihen sich unter dem Backstein-Gewölbe entlang. Kerzen und duftende Blumen in Vasen auf jedem Tisch bringen vertraute Gemütlichkeit.

Kombucha Aperitif bei frischer Rose und gemütlicher Atmosphäre. ©Lauren Seywald

Der Abend ist noch jung, also habe ich freie Platzwahl. Ich entscheide mich für den großen Ecktisch neben dem Fenster, einer der beliebtesten Plätze im Wildling. Sofort bekomme ich ein Glas Wasser und einen hauseigenen Aperitif hingestellt. Das fängt ja wunderbar an. Ich nippe an dem Kombucha Gin in dem eine Karottenspirale schwimmt. Erfrischend anders und säuerlich im Abgang. Der Kombucha wird hier selbst gemacht, so wie eigentlich eh alles auf der Speisekarte. Ist auch das Konzept im Wildling.

Hier bekommt man nichts, was man wo anders bekommt. Und umgekehrt. Das beginnt bei den Zutaten, die ausschließlich von Kleinbauern aus der Region stammen. Und hört bei den Getränken auf. Hier kommen keine Softdrinks ins Glas, nur die eigenen wilden Brühen. Und das sprichwörtlich. Durch die Fermentation mit Kombucha Pilzen und Kefir Kulturen wuselt es nur so vor lauter Organismen, die der Darmflora richtig gut tun. Wer es nicht ganz so lebendig haben möchte, kriegt natürlich auch sein Krügerl Bier oder einen Wein.

Wilde Happen der Natur

Die wilden Happen im Wildling. ©Lauren Seywald

Einfallsreich wie die Natur sind auch die Speisen, die man im Wildling bekommt. Das Konzept lass ich mir erklären, sind kleine Happen statt großen Haufen. Auf spanisch würde man Tapas dazu sagen, aber die Regionalität beginnt schon in der Sprache. Genial, so kann man sich durch die vielen Kreationen kosten, die vegan, vegetarisch oder fleischig ausfallen. 

Wäre viel zu schade, sich hier für einen Happen zu entscheiden. Also nehme ich vier und bin gespannt, was auf mich zukommt. Vom Preis bewegt man sich pro Häppchen zwischen sechs und vierzehn Euro. Legitim, wenn man bedenkt wie viel Mühe, Qualität und Wildnis in jeder Zutat steckt.

Als Appetit-Anreger gibt es warmes, selbstgebackenes – ich denke, das ist mittlerweile klar – Kartoffelbrot mit dazugehöriger Kartoffel-Butter und eingelegtes Gemüse. Grenzgenial.

Und dann ist es soweit. Auf unterschiedlich bunten Tellern, wie man sie von Oma kennt, wird aufgefahren, was die Natur hergibt. Beginnen wir bei dem Rote-Beete-Pilz-Tartar mit Senfkaviar. Für alle Veganer da draußen, die Beef-Tartar vermissen, hier bekommt man eine geschmackliche Gleichstellung serviert. Die vegetarischen Wilding Bratkartoffeln kommen in einer fantastisch cremigen Hollandaise, die durchzogen ist von sauren Rote-Rüben-Sprenkeln, die wie Salzkristalle im Gaumen explodieren.

Als, nennen wir sie Hauptspeise-Häppchen, gibt es hausgemachte Teigtaschen, gefüllt mit Sauerkraut, fermentierten Zwiebeln und gepickelten Pilzen, garniert mit Salat und Parmesan-Streusel, die keine sind. Es handelt sich vielmehr um harten Frischkäse, der mit einer Trüffel-Reibe über die Kreation gehobelt ist. Zum Schluss ein fleischiges Highlight: Die hausgeräucherte Rinderbrust-Krokette mit Sauerkraut – außen knusprig, innen saftig-zartes Pulled Beef. Ein wildes Erlebnis, das man gekostet haben muss.

Wildling Foods für zu Hause

Die wilden Delikatessen im Wildling-Shop. ©Lauren Seywald

Wer nicht genug bekommt von dem wilden Gemüse, der darf sich im Lokal-Shop noch ein paar Einweggläser mitnehmen. Ebenso saisonal wie regional und ohne künstliche Zusätze, kann man die eingelegten Delikatessen ein ganzes Jahr genießen. Für fünf bis acht Euro pro Glas auch ein fairer Deal.

Der Gang nach hinten in den Shop lohnt sich. So sieht man das künstlerische Highlight im Lokal: Ein kreatives Wandgemälde, das eine rasende Wildsau darstellt, die Ente und Hase aufscheucht. Wer schnell ist, kann die Fertigstellung noch beim Live-Painting von Sergej Konjuschenko miterleben. Was will man mehr.

Live-Painting im Wilding. ©Lauren Seywald

Restaurant Wildling
Adresse: Laudongasse 8, 1080 Wien
Telefon: 0680 2215970
Website: https://www.wildling-foods.at/