Mutig in die neuen Zeiten!

Michaela Reisel
Mutig in die neuen Zeiten! (c) iStock liuzishan

Mutig in die neuen Zeiten! (c) iStock liuzishan

Von Peter Dobcak

Österreicher und Österreicherinnen sind vom Typus her Veränderungen gegenüber eher kritisch eingestellt. Der Schmerz oder die Unzufriedenheit muss schon sehr groß sein, damit Veränderung erwogen wird und Landsmann bzw. -frau bereit sind, sich in das unbekannte Neue zu wagen.

Ähnliches gilt natürlich auch für den Machterhalt, aber das ist nichts typisch Österreichisches.
Jahrzehntelang geschieht gar nichts, entweder wird ein Missstand ignoriert oder bis zum Geht- nicht-mehr dahingewurschtelt. Da weiß man wenigstens, wie man dran ist und das vermittelt vorgetäuschte Sicherheit. Veränderung muss von Zeit zu Zeit von außen aufgezwungen werden, wenn die Organisation dies von innen her nicht schafft.

Begleitet wird dieses zögerliche Verhalten allerdings von einem oft gefährlichen Musterschüler-syndrom (Golden Plate Syndrom). Denn wurde einmal der Entschluss gefasst, sich eines Problems oder einer Aufgabe anzunehmen, dann meist mit einer solch gewaltigen Wucht, dass danach gleich alle tot sind. Ein Abwägen ob der Sinnhaftigkeit, aber vor allem langfristigen Konsequenz mancher Entscheidungen, findet eher nicht oder nur selten statt. Wenn doch, dann merkt es offensichtlich keiner der Verantwortlichen. Die Befriedigung reagiert zu haben, und das mit der notwendigen Gründlichkeit, genügt oft für das Erste. Die Allergenverordnung oder die Art und Weise der Einführung der Registrierkasse dienen als gutes Beispiel.

Dass ein radikaler Eingriff von außen auch Leben retten kann, in diesem Fall das der ÖVP, ist Fakt. Wie Sebastian Kurz und sein Team das durchgezogen haben, erinnert mich schon fast an eine paradoxe Intervention. Die Granden der Partei sind dem auch brav gefolgt.

Unbestritten ist die längst überfällige gründliche Erneuerung der ÖVP. Dem neuen Obmann ist zu gratulieren, diesen ersten wichtigen Schritt geschafft zu haben. Dass Sebastian Kurz Herausforderungen erfolgreich meistert, obwohl ihm dies zu Beginn nicht zugetraut wird, ist fast schon ein persönliches Markenzeichen. Zieht er diese Veränderungen durch, und da wird es zwangsläufig Verlierer geben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die alte Garde erkennt, welche machtpolitischen Konsequenzen die Annahme der berühmten 7 Bedingungen für sie und ihren Einfluss hat. Das wird, meiner Meinung nach, die heikelste Aufgabe für Sebastian Kurz, die richtige Melange an personeller Erneuerung zu finden, um gegenüber dem Wähler glaubwürdig zu bleiben, aber sich gleichzeitig die derzeit für einen Wahlkampf noch dringend benötigten Strukturen der ÖVP gewogen zu halten. Falls er das überhaupt so plant. Erinnern wir uns nur an die Wahl von Reinhold Mitterlehner zum Obmann und Vizekanzler. Endlich ein Mann aus der Wirtschaft, einer der weiß, wie es den Klein- und Mittelbetrieben geht, dachten wir. Begeistert waren wir alle. Das gab ein böses Erwachen, nicht nur für die Gastronomie, sondern auch für seinen Mentor Christoph Leitl.

Persönlich, das möchte ausdrücklich betonen, begrüße ich die Veränderung. Ich vertraue darauf, dass Sebastian Kurz ein offenes Ohr für die Herausforderungen der Gastronomie hat. Ist unsere Branche doch ein Paradebeispiel dafür, wie man eben nicht mit meist familiengeführten Betrieben umgeht.

Ich werde umgehend das persönliche Gespräch mit Sebastian Kurz suchen, um unsere aktuellen Anliegen darzustellen, aber auch darauf hinzuweisen, welch enorme Kraft wir Wirtinnen und Wirte im politischen Wettbewerb bieten können.

Gehen wir optimistisch und erhobenen Hauptes mutig in die neuen Zeiten.

Euer

Peter Dobcak