Menschen zweiter Klasse

Gastro News

Zum wiederholten Male wurde Wien in der Liste der lebenswertesten Städte an die zweite Stelle gereiht. Wir waren auch schon Erste , was ja ein bekanntes Gefühl ist für uns Österreicher, einmal ganz vorne gewesen zu sein.

Neben unserem historischen Erbe von Architektur bis Kunst sind es hauptsächlich zwei Gruppen, die eine Stadt lebenswert machen. Voran die Stadtregierung, die die Rahmenbedingungen vorgibt und sämtliche Aufgaben der Kommune wie Stadtplanung, Verwaltung und Sicherheit, gemeinsam mit dem Bund übernimmt, sowie die Gruppe der Unternehmer und Unternehmerinnen, die ihre Betriebe und Geschäfte in der Stadt innerhalb dieser vorgegebenen Rahmenbedingungen betreiben.

Am wenigsten zu dieser Lebensqualität trägt die bei weitem größte Gruppe bei –  die der Anrainer. Trotzdem sind sie die größten Nutznießer, was logisch ist, denn wir alle sind Bewohner dieser Stadt und irgendwo Anrainer. Wien wäre allerdings nicht dort wo es wäre, gäbe es die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht, die tagtäglich mit ihren Angestellten aktiv zu dieser Lebensqualität beitragen.

Eine Stadtregierung die zulässt, dass ihre Wirtschaftstreibenden als Menschen zweiter Klasse behandelt werden, diese selbst über Gebühren und einschränkende Maßnahmen gewaltig auspresst, handelt extrem kurzsichtig. Denn letztendlich sind es wir, die gemeinsam mit der Verwaltung das System am Laufen halten.

Ich durfte, wie so oft, vor wenigen Tagen bei einer Betriebsanlagenverhandlung unterstützend dabei sein. Die Kollegin in deren Betrieb ich war, hat sich entschieden zuerst umzubauen und diese Umbauten danach von der Behörde genehmigen zu lassen. Eingeladen waren auch die Nachbarn aus dem Haus und aus der unmittelbaren Umgebung. Das da angesiedelte Cateringunternehmen ist seit 20 Jahren am Platz. Die Kollegin ist  eine langjährige Unternehmerin.

 

Es war beschämend in welchem Ton um viele Jahre jüngere Bewohner dieser Unternehmerin begegnet sind. Sie wurde behandelt wie eine Angeklagte, die sich des Verbrechens des Unternehmertums schuldig macht . Nutzung der allgemeinen Fläche, als ob sie keine Miete zahle . Die Mitarbeiter halten sich im Innenhof auf und rauchen – ein Wahnsinn!  Der eine Anrainer befürwortet die Entlüftung über Dach, die A ndere ist wieder dagegen. Wie die Unternehmerin  dazu kommt ein Kühlhaus in ihrem Betrieb zu bauen, das ist ja viel zu schwer und wird wahrscheinlich in den Keller durchbrechen. Wieso steht da ein Schreibtisch, das müsste ja ein Lager sein. Wo ist die Mitarbeitergarderobe? –  hat tatsächlich eine Anrainerin!! gefragt.  Und überhaupt und ausserdem?!  Die Junganwältin, kaum mehr als 25 Jahre alt, die ein Anrainer, der nicht einmal selbst dort wohnt gleich mitgebracht hat, fuchtelt mit der Gewerbeordnung herum. Sie genießt eine gratis Einschulung durch die Verhandlungsleiterin, weil sie sichtlich noch sehr wenig Erfahrung hat mit Betriebsanlagen.

Wieso konnte es zu so einer Situation kommen? Weil sich die Stadt und auch der Bund entschlossen haben, die Rechte der Bewohner über A lles zu stellen. Nicht bedenkend, welche Auswirkungen dies auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes haben könnte . Es ist Aufgabe des Gesetzgebers ein für alle Teilnehmer gütliches Verhältnis innerhalb einer Gemeinschaft zu schaffen. Hier hat die Regierung meiner Meinung nach versagt, denn welchen Einschränkungen und Anfeindungen wir Unternehmer in den letzten Jahren durch Anwohner und Behörden ausgesetzt sind, grenzt schon an Diskriminierung.

Kennt man das Bild dahinter,  wird einem manches klar. Es geht, wie so oft –  um Wählerstimmen. Das beginnt schon im Bezirk. Sind wir nicht selbst Bewohner des Bezirks wo unser Betrieb ansässig ist, haben wir kein Wahlrecht. Wir dürfen nur dort wählen wo unser Wohnsitz ist. Obwohl wir wahrscheinlich mehr Lebenszeit im Betrieb verbringen, sind wir in diesem Bezirk, eben nicht wahlberechtigt, d.h . nur von bedingtem Interesse für die Bezirkspolitik. Obwohl wir ein integraler Bestandteil des Bezirkes sind und wesentlich zur Lebensqualität in unserem Grätzl beitragen. Ausnahmen mögen mir bitte  verzeihen!

Ähnliches gilt natürlich für die Stadt. Es wird in Wien immer mehr unselbständige Bewohner als Selbständige geben – leider!  Ich will als Politiker die Mehrheit meiner Wähler friedlich stimmen und beschränke jene, die sowieso nicht weg können, weil ihr Betrieb da angesiedelt ist.

Der Satz: „Her mit dem Zaster!“ ist noch in guter Erinnerung. Ähnliches gilt für unser lokales Umfeld.

 

Einen Bärendienst erweist der Gesetzgeber mit diesen einseitigen Bestimmungen auch ihren Beamten, die es wahrlich nicht leicht haben, zwischen den Fronten von aufgebrachten Anrainern und frustrierten Unternehmern. Ein Lob der Verhandlungsleiterin der oben erwähnten Verhandlung. Sie hat die Verhandlung trotz der Emotionen ruhig und besonnen geführt, alle Achtung.

Eines muss den Wienerinnen und Wienern, aber auch der Regierung, klar sein: „Ich kann nicht die Infrastruktur einer Großstadt erwarten und gleichzeitig die Ruhe eines Kurortes verlangen!“ Das wird so nicht funktionieren!  Da erwarte ich mir wesentlich mehr Unterstützung von der Politik!

Termin: Am 3. September um 13:00 Uhr treffen wir uns vor der Oper zu einer Ring-Demo gegen Gebührenerhöhung, Vergnügungssteuer und bürokratische Auflagen in der Gastronomie.

Wenn wir etwas erreichen wollen, dann nur gemeinsam! Bitte nehmt euch Zeit.

Euer

Peter Dobcak

Fotocredit: iStockphotos