Fritz Wieninger war einst nicht vom Gemischten Satz überzeugt, heute trommelt er für ihn. In Stammersdorf, wo sein Bruder den gleichnamigen Heurigen führt, verkosten wir vier seiner Lieblingsweine, die er für uns kurz kommentiert. Alle Weine sind nach biodynamischen Richtlinien produziert und mehrfach ausgezeichnet.
Es ist Freitag, 16.30 und es war gar nicht so einfach, bei Fritz Wieninger einen Termin zu ergattern. Auslandsreisen, Ballsaison, Verkostungsrunden, Empfänge und natürlich Wein bestimmen sein Leben. Eigentlich wollte er Tags darauf nach Übersee fliegen, scheint aber ganz froh zu sein, dass eine Veranstaltung abgesagt wurde. Die Entwicklung des Wiener Weines insgesamt sieht der Qualitätsfanatiker, der rund 50 Hektar am Nussberg plus 30 in Stammersdorf bewirtschaftet, sehr positiv. „Zurück zu Qualität und Lagen. Und zur Herkunft. Wien ist eine Herkunft, die wir jeden Tag trommeln und auf die wir stolz sein dürfen“. Stolz ist er auch auf ein 3-Sterne Restaurant in Grinzing, an dem er nicht ganz unbeteiligt ist – aber das wäre eine andere Geschichte. Wieninger hat mit den Bezeichnungen Select und Grand Select seine eigenen (beschützen!) Qualitätsbezeichnungen geschaffen.
Für 17.15 war eine Verkostungsrunde angesagt, die sich – Glück gehabt – ein wenig verspätet. Anfangs noch ein wenig müde, erwachen unsere beider Lebensgeister bei der kleinen Verkostung (Anmerkungen des Autors in kursiv). Alle Weine wurden rund 30 Minuten vor der Verkostung geöffnet und nicht dekantiert.
Wiener Gemischter Satz DAC, Ried Ulm, 1. Lage (2017)
Jener Weingarten, der mir die Augen geöffnet hat. 9 Sorten. Weißburgunder und Neuburger dominieren. 1999 hab ich den Weingarten übernommen. Da war ich vom „Gemischten“ nicht so überzeugt. Die älteren Kollegen wollten mir das unbedingt eintrichtern. Mittlerweile bin ich froh darüber (lacht). Das Terroir kommt Schritt für Schritt nach vorne.
Nase: keine Primärfruchtbombe. Balanciertes Säurespiel. Ausgeprägtes Nussberg-Terroir.
Gemischter Satz Natural, Hajzann Neumann (2017)
Nussberg, Hälfte Ulm, Hälfte Ried. Weißelten (Empfehlung: Ab 17. April startet die Buschenschank Wieninger am Nussberg, wo man sein Achterl direkt in der Ried Weißleiten trinkt. Mit Blick über Wien). Würzig, Birnen und Apfelnoten – wie das oft maischvergorene Weine haben. Dieser Gemischte Satz Natural gärte fünf Monate auf der Maische in Betoneiern.
Äpfel und Birnen. Kräftige Würze. Resche Säure. Trinkfreudiger, unkomplizierter Natural. Auch für Einsteiger geeignet.
Chardonnay Grand Select (2017)
Wir versuchen mit der Fetten zurückzugehen. Ich liebe Burgunder, möchte aber nicht kopieren, sondern mich daran orientieren. 1,5 Jahre war der Grand Select im Holz, wobei der Anteil an neuem Holz weniger als 35 Prozent ausmacht. Die Fässer sind nicht nur Barrique (225 Liter) sondern auch 600 Liter. Den Select bauen wir auch in Fässern zu 2.500 Litern aus.
Eindeutig Chardonnay mit Holz. Ein Mund voll Wein – wenig Salz. Blind verkostet würde ich auf Burgund wetten. Kommt aber vom Bisamberg. Top-Weißwein.
Pinot Noir Grand Select (2017)
So schmeckt Pinot Noir! Mein Großvater ist gestorben, als ich ein Jahr alt war. Er war ein großer Burgunderliebhaber. Das ist wohl in meinem Wesen. Wir können hier vergleichbare Qualitäten produzieren. Chardonnay und Pinot Noir gehören auf den Bisamberg.
Fruchtig, Tabak-würzig. Fein eingebunde Tannine. Langer Abgang. Wird mit jedem Schluck besser. Wein mit Lagerpotential.
Inzwischen ist die Verkostungsrunde vollzählig. Fritz wechselt den Tisch, ich verkoste noch ein wenig nach.
Heuriger Wieninger
Tel: 0043 (1) 2924106
Stammersdorferstraße 78
1210 Wien