Der selbst positiv auf Corona getestete Spartenobmann der Gastronomie warnt vor Leichtsinn und Unachtsamkeit in den kommenden Wochen. Wie ernst die Lage wirklich ist, hat er am eigenen Leib erfahren.
Mit dem zweiten Lockdown verordnete die Bundesregierung harte Maßnahmen, die das Leben aller berühren. Besonders stark betroffen sind die heimischen Gastronomen und Gastronominnen sowie die Hotellerie und Tourismusbranche. Wie es weitergeht erklärt Mario Pulker, Spartenobmann der Gastronomie der Wirtschaftskammer Österreich, im Gespräch mit Gastro News Wien.
Gastro News Wien: Fangen wir mit dem Wichtigsten an. Der Gesundheit! Wie geht es Ihnen?
Mario Pulker: Mittlerweile schon wieder besser. Aber die Lage in Österreich ist ernst. Das habe ich am eigenen Leib erfahren müssen. Seit letzter Woche Freitag befinde ich mich in Quarantäne, nachdem auch ich positiv auf Corona getestet wurde. Die Tage waren hart und überaus schmerzhaft und ich hatte mit hohem Fieber und großen Schmerzen zu kämpfen. Die Leute müssen begreifen, dass die Situation, in der sich unser Land aktuell befindet, kein Spaß ist. Wir brauchen jetzt die richtige Balance aus gesundheitspolitischer Verantwortung und wirtschaftspolitischer Vernunft.
Gastro News Wien: Ernst ist auch die wirtschaftliche Situation in Österreich. Vor allem für die Gastronomie, Hotellerie oder Kulturlandschaft. Wie wichtig ist jetzt eine unkomplizierte Abwicklung der Auszahlung der finanziellen Unterstützung?
Mario Pulker: Wir, als Interessensvertreter, haben von Anfang an darauf bestanden, dass die Abwicklung über das FinanzOnline-Portal läuft. Das geht schnell und spart den Gastronominnen und Gastronomen anfallende Kosten. Es sollen nicht wieder Teile des Hilfspakets für Steuerberater in Anspruch genommen werden. Wir haben außerdem ganz klar gesagt, dass die Auszahlung rasch und unbürokratisch erfolgen muss, denn im Dezember sind Weihnachtsgehälter zu bezahlen. Das bedeutet, dass alle Vertreterinnen und Vertreter der Branche das Geld besser morgen als übermorgen bekommen. Noch besser wäre natürlich schon heute. Aber uns ist bewusst, dass die nötigen Systeme dafür erstmal programmiert werden müssen und es einer gewissen Zeit bis zur realen Umsetzung bedarf. Ab 20. November sollten die Zahlungen aber ins Rollen kommen.
Gastro News Wien: Im ersten Lockdown wurden Take-Away Service und Lieferservice verboten. Diesmal ist das anders. Warum?
Mario Pulker: Wichtig ist diese Lösung insbesondere für den ländlichen Bereich und die kleinen Ortschaften. Dort sind Restaurants häufig der direkte Nahversorger. Fällt die Zustellung oder das Angebot Speisen mitzunehmen weg, hat das oft große Auswirkungen auf die gesamte Umgebung. Dann können sich der Pfleger oder die Pflegerin von einem auf den anderen Tag kein Mittagessen mehr holen. Zudem haben viele Leute nicht die nötige Ausstattung, um zu Hause zu kochen. Auch denen ist damit geholfen. Aber auch in den großen Städten profitieren die Bewohnerinnen und Bewohner davon, ihr Essen weiter geliefert zu bekommen oder einfach abholen zu können. Gemeinsam mit dem zuständigen Ministerium haben wir das geschafft.
Gastro News Wien: Die Gastronomie,- und Hotellerie-Betriebe müssen bis Ende November ihre Türen und Tore schließen. Indes bleiben beispielsweise Friseure und der Handel geöffnet. Worin ist die Ursache für diese Maßnahme begründet?
Mario Pulker: Auch wenn es für viele Betriebe schwer zu verstehen war – noch dazu, wo die Analysen der Infektionsherde und Cluster ja deutlich die geringen Ansteckungsrate in den Gastronomiebetrieben gezeigt haben: Der Hintergrund ist nachvollziehbar. Die Gastronomie ist dafür verantwortlich, dass die Leute in Bewegung sind. Schon der Weg zum Mittagessen im Stammlokal, ob zu Fuß oder mit dem Bus, ist oft mit Begegnungen verbunden. Im Lokal ist die Wahrscheinlichkeit nochmal größer. Diese Kontakte sollen durch die Maßnahme eingeschränkt werden. Entscheidend ist für uns jetzt, dass die Entschädigungen passen. Die von der Bundesregierung zugesagten 80 Prozent des Umsatzes aus dem Jahr 2019 halte ich für fair und absolut gerechtfertigt. Vor allem, weil unsere Branche jene ist, die mit am längsten und schwersten von der Corona-Krise betroffen ist. Daher geht es heute mehr denn je darum, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Beschäftigung zu halten. Das sind immerhin 300.000 Menschen, inklusive der Nebengewerbe sogar 700.000 in der Gastronomie und Hotellerie. Kommt es hier zu Kündigungen, wirkt sich das schnell negativ auf die gesamte heimische Wirtschaft aus. Mit der Maßnahme bleibt die Kaufkraft erhalten.
Gastro News Wien: Welche Rolle haben Sie als Fachgruppenobmann der Gastronomie bei dem Entwurf der Maßnahme gespielt?
Mario Pulker: Wir sind – als Interessensvertretung – nicht die gesetzgebende Instanz. Unsere Aufgabe liegt darin, zum Wohl aller Gastronominnen und Gastronomen Probleme zu thematisieren, zu beraten und im Ernstfall mit harten Bandagen zu kämpfen. Die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung verläuft gut. Unsere Stimme wird gehört, geschätzt und hat Gewicht. Das war nicht immer so. All jene, die unzufrieden sind, dürfen sich gerne an uns wenden. Dann arbeiten wir gemeinsam an einer Lösung.
Gastro News Wien: Wie realistisch schätzen Sie die Maßnahme zu Rettung des Weihnachtsgeschäfts und des Wintertourismus ein?
Mario Pulker: Was gerade passiert, ist die letzte Möglichkeit, um das zu erreichen. Unsere letzte Chance. Ohne konsequente Maßnahmen ist die Wintersaison für den Tourismus, die Hotellerie und natürlich die Gastronomie nicht zu retten. Es bleibt nur dieser eine Weg: die Fallzahlen so weit zu senken, dass Reisewarnungen zurückgenommen werden, der Tourismus wieder in Gang gebracht wird und auch die Gastronomie wieder bessere Umsätze verzeichnet. Alles andere wäre illusorisch. Nur so schaffen wir es gemeinsam durch die Krise.
Gastro News Wien: Vielen Dank für das Gespräch und gute Besserung.