Charmantes Frankreichflair – La Mercerie

Andrea Wieger

Das Servitenviertel im neunten Bezirk ist meiner Meinung nach eines der wohl schönsten Viertel in ganz Wien. Und jetzt gibt’s dort auch noch das wohl netteste französische Bistro, an der Ecke Servitengasse/Berggasse – très jolie!

Anfang November 2016 eröffnete „La Mercerie“, was soviel heißt wie Kurzwarengeschäft oder Krimskramladen. Zuletzt war dort ein Modegeschäft und davor eine Drogerie, deren wunderhübsch erhaltenes Interieur erhalten blieb: viele kleine Lädchen mit Aufschriften wie „Saugkappen“, „Wimpernscheren“ oder „Sandpapierfeilen“ erklären den Lokalname (nämlich, dass es früher ein Kramladen war) und sind nur ein kleiner Teil der liebevollen Einrichtung. In der Mitte des Raumes befindet sich eine zentrale Tafel, ansonsten gibt es ausschließlich kleine Zweier-Tische. Insgesamt haben etwa 30 Gäste Platz. An den Wänden stehen einige mit hübschen französischen Teedosen befüllte Apotheker-Glasschränke.

Besonders schön sind auch auf die ebenfalls im Original erhaltenen Retro-Bodenfliesen aus dem Jahr 1905. Beim Licht bin ich mir nicht sicher ob es modern oder doch altmodisch wirken soll: tief von der Decke hängende Hipster-Glühbirnen, what else? Jedenfalls leuchten sie nicht zu hell, was für eine sehr gemütliche Atmosphäre sorgt, auch abends um halb sieben, wo das Lokal übrigens bummvoll ist.

 

Was isst man in so einer hübschen Umgebung? Der aus Montpellier stammende Chef Gregory Couillard entschied sich für das kulinarische Konzept „Bäckerei mit ein paar Kleinigkeiten zu essen“. Was darf also auf gar keinen Fall fehlen in einer typisch französischen Bäckerei? Richtig – das Baguette und das Croissant und das pain au chocolat. Diese Köstlichkeiten werden ebenso wie das Weißbrot hausgemacht, in der kleinen Bäckerei im Keller. Die dunklen Brotsorten werden vom Joseph Brot geliefert.

Le Chef steht übrigens selbst täglich in seinem Bistro und wirkt meist so als wäre er ein bisschen außer Atem, was aber bei vollem Haus verständlich ist. Neben den typischen Backwaren serviert er diverse Käseplatten, Salate und französische Klassiker wie Quiche Lorraine (pikanter Speck-Zwiebel-Kuchen) oder Croque Monsieur (überbackener Toast). Auch Frühstück steht auf der französischen Speisekarte: mit Croissant, Baguette, Marmelade, Butter und Espresso, das ganze um günstige € 4,40. Dazu, wer mag, eine Eierspeis mit Schwammerln und Trüffelöl um € 5,90. Als Nachspeise stehen Makronen, Éclairs und diverse Tartes zur Auswahl. Ich besuchte das Lokal am späten Nachmittag und gönnte mir ein pain au chocolat. Das war richtig richtig gut: unglaublich fluffig mit nicht zu viel und nicht zu süßer Schoko, innen teigig und außen knusprig – wunderbar. Dazu einen café au lait oder eine Tasse Verbene-Tee, serviert in einer dunkelgoldenen, bestimmt zwei Kilo schweren Teekanne – herrlich.

Wer lieber kalte Getränke bevorzugt hat unter anderem die Wahl zwischen Evian Wasser, Diabolo menthe (Soda mit Minzsirup), Lillet Spritz, ein paar edlen Weintropfen aus Frankreich oder dem französischen Klassiker schlechthin, Champagner.

Mein Fazit:

Optisch und kulinarisch werden dem frankophilen Gast hier alle Wünsche erfüllt. Sympathisch finde ich auch, dass es weder eine Homepage noch eine Telefonnummer gibt. Wozu auch? Die wahren Frankreich-Liebhaber finden auch so hierher. Das Ecklokal bereichert den 9. Bezirk mit einer umwerfenden Portion französischem Charme. Passt eben perfekt an den Eingang zum Servitenviertel. Chapeau!

 

La Mercerie

Berggasse 25

1090 Wien

Geöffnet: Montag bis Samstag 08:30 – 19:00