Johannes Lingenhel über „No Show“: Es geht nicht um Gebühren, es geht um Wertschätzung!

Lorenz Haubner

"Wir geben unser Bestes, das sollte Wertschätzung erfahren", wünscht sich Johannes Lingenhel © Christof Wagner

„No Show“ beschäftigt seit einiger Zeit Gastronomie und Wirtschaft. Gäste, die Reservierungen ohne Absage verfallen lassen, verursachen Leerlauf und massive Kosten. Johannes Lingenhel ärgert sich. 

Gastro News Wien: Wie oft kommt es im Lingenhel vor, dass Gäste eine Reservierung einfach verfallen lassen? 

Johannes Lingenhel: Das kommt alle zwei Tage vor. Und den Leuten ist nicht bewusst, was sie einem Lokal damit antun. Spielen wir es durch: Ich bekomme am Nachmittag eine kurzfristige Reservierung, acht Leute um 20 Uhr. Ich freue mich, dann beginnt die Planung: Tische werden neu arrangiert, ich frage vielleicht Stammgäste, ob sie heute ausnahmsweise wo anders sitzen können. Ich brauche einen zusätzlichen Koch,  zusätzliches Service-Personal, damit alles perfekt ist. Die hole ich extra dafür ins Lingenhel, reiße sie vielleicht aus einem schönen Abend. Um 19 Uhr 30  kommen noch spontan Leute, die muss ich wegschicken, weil ich keinen Platz habe. Um 20 Uhr ist dann keiner da. Um viertel 9 auch nicht. Und um halb 9 stehe ich da, mit fertigen Amuse-Gueule, Petit Four, zwei zusätzlichen Leuten und der Tisch kommt einfach nicht. No Show schadet der kleinen, gehobenen Gastronomie enorm. Wenn ich 40 Plätze habe und 15 bleiben leer, ist das ein großer finanzieller Verlust.

Rufen Sie die Gäste dann an und fragen nach? 

Wir rufen am Nachmittag schon alle durch und lassen uns die Reservierung bestätigen. Trotzdem bleiben Tische leer. Erreicht man die Leute, hört man zu 90 Prozent: „Wir sind krank“.
Ich verstehe vollkommen, dass etwas dazwischen kommen kann. Aber ein Anruf um abzusagen, kostet nichts und wir sind wirklich keinem böse. Leute, die stornieren wundern sich oft, wenn wir uns dafür bedanken. Dabei freuen wir uns, dass sie uns die Information geben, damit wir uns darauf einstellen können. Sang und klanglos nicht aufzutauchen ist dagegen einfach ein Zeichen von mangelndem Bewusstsein und menschlicher Missachtung des Gastronomen.

„No Show trifft kleine, gehobene Gastronomen enorm“, erzählt Lingenhel. © Christof Wagner

Ein gutes Stichwort: Wären einheitliche Stornogebühren eine Lösung? Oder Reservierungen mit Kreditkarte zu decken?

Früher haben wir bei Reservierungen von 6-8 Leuten den Betrag auf der Kreditkarte reserviert. Das geht heute gesetzlich nicht mehr. Jetzt schreibe ich vorab Rechnungen, die ich dann beim Erscheinen als „Gutschein“ gegenrechne. Das ist wieder ein immenser Aufwand, der eigentlich gar nicht sein muss. Ich will das nicht machen müssen. Ich verstehe auch, wenn Gastronomen sagen: Ich nehme keine Reservierungen mehr an. „No Show“ ist mehr Aufwand und weniger Spaß für alle. Nochmal: Es geht nicht um Storno-Gebühren, es geht mir um Wertschätzung.

Was kann die Gastronomie gegen „No Show“ tun, was kann gemeinsam unternommen werden? 

Es wäre schon ein großer Schritt getan, wenn man den Gästen klar macht, was sie uns damit antun. Personalkosten enstehen, Lebensmittel werden weggeschmissen, anderen Gästen wird der Platz weggenommen. Und das alles, weil sich jemand denkt : „Ich kann jetzt doch nicht, mir egal.“ Ein Anruf erspart das alles, schafft eine Ebene der Wertschätzung. Wenn wir das hinbekommen, ist es für alle entspannter.

Welche Rolle kommt Bewertungsportalen im Umgang zwischen Wirt und Gast zu? 

Früher habe ich jeden Tag die Bewertungen gelesen. Ich habe bei jeder der wenigen Negativ-Bewertungen geantwortet, mich entschuldigt, nachgefragt. Seit drei Jahren warte ich da auf Antworten. Darum schaue ich jetzt vielleicht alle drei Monate. Man sollte anonyme Bewertungen nicht zum Druckmittel werden lassen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Lingenhel
Landstraßer Hauptstraße 74, 1030 Wien

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