Johannes Lingenhel ist Käse nicht wurst

Michaela Reisel

Im Lingenhel findet man immer gute Delikatessen © Christof Wagner

Von Michaela Landbauer – Kreativkopf, Visionär, Restaurant- und Feinkostwarenbetreiber, Käsehersteller, Unternehmer. All diese Bezeichnungen treffen auf Johannes Lingenhel zu. Eines ist er in erster Linie aber auch: Genussmensch. Bei Kaffee und wunderbar flaumigem, hausgemachtem Marillenfleck plaudern wir mit dem Hausherrn über sein neues Projekt.

Lingenhel’sches Unikum

Für den gebürtigen Vorarlberger, der eigentlich Wirtschaftsinformatik studiert hat, war schnell klar, dass er mehr für gutes Essen als für Wirtschaft brennt, dass das „mein Leben, mein großes Ding“ ist. Er machte seine Leidenschaft für hochwertige Lebensmittel bereits vor 20 Jahren zum Beruf, hat er sich doch in den letzten beiden Dekaden bei Pöhl am Naschmarkt einen Namen gemacht. 2014 verkaufte er seine Anteile und machte sich auf die Suche nach einem Objekt, in dem er seine eigenen Pläne umsetzen konnte. Der Unternehmer ist mit dem, was er tut, in Wien weitestgehend konkurrenzlos. Zwar hat die Landstraße mittlerweile Einiges an Kulinarik zu bieten, doch die Kombination aus Feinkostladen und Restaurant im Erdgeschoss verbunden mit hauseigener Käserei in den original erhaltenen Hofstallungen ist ein Unikat in Wien. Noch befindet man sich in der Soft Opening-Phase, offizielle Eröffnung des Restaurants und der Käserei ist am 4. Juli dieses Jahres, im Moment gibt es „Kleinigkeit aus dem Shop, Roastbeef“ etwa.

Feinkost als Herzensangelegenheit

„Der dritte Bezirk war ein Wunschbezirk von mir“, erzählt Lingenhel, „ich habe mich einfach in die Immobilie verliebt“. In dem 1795 errichteten Haus fallen einem zuerst das Gewölbe und die breiten Säulen auf. 8 Monate dauerten die Umbauarbeiten, „wir haben komplett saniert“, so Lingenhel. Für die Innenarchitektonik zeichnet destilat verantwortlich. Im Eingangsbereich gelegen befindet sich der Feinkostladen, der einem auf visueller wie auf olfaktorischer Ebene feinste Genüsse verspricht. Deliziöse Käsesorten werden neben verschiedenem Prosciutto und anderen Fleisch- und Schinkenspezialitäten präsentiert. Lässt man den Blick weiterschweifen, entdeckt man Antipasti, Olivenöle, Essige, Weine, Alimentari, Marillennektar von Reisinger, Schnäpse und noch viele großartige Lebensmittel mehr, die das Feinkost-Herz höherschlagen lassen. Weiter hinten im Hauptraum befindet sich der Restaurantbereich, in dem einige kleinere Tische zum Plaudern, Verweilen und dem Genuss diverser im Haus hergestellter Köstlichkeiten einladen. Als Chefkoch konnte Johannes Lingenhel Daniel Hoffmeister gewinnen, der bereits in Salzburg im Ikarus oder auch bei Obauer, in Wien bei Motto am Fluss kochte. Die Speisekarte werde man klein und flexibel halten. Es ist geplant, dass Hoffmeister jeweils morgens ins Geschäft kommt, sieht, was vorhanden ist und spontan entscheidet, was er an diesem Tag zubereiten möchte. Es wird auch die Möglichkeit bestehen, diese Speisen in abgefüllter Form im Laden zu erwerben, sofern die Nachfrage besteht. „Wir wollen für den Gast flexibel sein“, subsummiert Lingenhel noch einmal das Konzept.

Regionalität und Qualität

Regionalität spielt bei Lingenhel eine große Rolle: „Österreichische Produkte sind ein großes Thema“, so der Hausherr, und mit zahlreichen ausgewählten Lieferanten, die der Unternehmer allesamt persönlich kennt, stellt er das zweifelsohne unter Beweis. Oft begnügt er sich aber nicht damit, seine Produzenten zu besuchen, sondern will auch wissen und sehen, wie die Produkte, die er in seinem Delikatessenshop verkauft, hergestellt werden. Johannes Lingenhel erzählt, er kenne nicht nur alle Büffelkühe Pagets persönlich, sondern habe zum Beispiel auch schon mitgeholfen, Handsemmeln herzustellen.

Neben dem Aspekt des Regionalen ist dem Hausherrn Qualität per se ein zentrales Anliegen. Da dürfen die Delikatessen gerne auch aus Italien, Frankreich, Spanien oder Portugal sein.

Käse aus Büffel- und Ziegenmilch

Die Büffel- und Ziegenmilch, die in der Lingenhel Käserei zu Frischkäse wie Mozzarella, Burrata oder Ricotta und Käse aus gereiften Kulturen wie Camembert verarbeitet werden, bezieht man aber aus Österreich. Etwa aus dem Waldviertel. Von dort kommt auch Robert Paget, der zweimal die Woche in der Käserei in der Landstraße zusammen mit Johannes Lingenhel Käse herstellt. Paget, der auf seinem Hof 13 Büffelkühe und einen Bullen hat, ist ein langjähriger Freund des Hausherrn und war sofort Feuer und Flamme für dessen Projekt. Lingenhel verrät, dass man plant, einmal im Monat einen Workshop anzubieten, bei dem bis zu 12 Personen mit Robert Paget und ihm selbst Käse produzieren können. Im Anschluss werden jeweils Verkostungen stattfinden. Dem Hausherrn ist es auch wichtig zu betonen, dass man bei jedem Besuch seines Feinkostladens gerne Produkte verkosten kann, um sich etwa die Entscheidung zu erleichtern, welchen der verschiedenen Prosciutto-Sorten man erwerben möchte.

Auch ein Eigenlabel wird es geben, das schlicht den Familiennamen des Besitzers trägt. Da werden dann diverse Sugi, Marmeladen und weitere hausgemachte Produkte verkauft. Besonders nettes Detail: die Etiketten bringt das Hilfswerk an den Gläsern an. „Da dauert es halt etwas länger, bis 100 Etiketten angebracht sind“, aber das ist Lingenhel einerlei, sieht er diese Zusammenarbeit doch als „nachhaltige Geschichte“ und Synergien damit verbunden, die einfach schön sind. Mit Johannes Lingenhel ist die Landstraßer Hauptstraße also um einen sympathischen Unternehmer im Bereich Feinkost reicher und wir können uns schon auf die offizielle Eröffnung des Restaurants und der Käserei am 4. Juli freuen!

 

Fotocredit Beitragsbild: Christof Wagner

 

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Fotocredit: Lilian Derndler