Bei der Hopfenernte gibt es im Waldviertel Frauenpower pur statt alte Geschlechterklischees. Die angehende Braumeisterin Karin Thaller führt mit viel Charme und vor allem Fachwissen durch den Hopfengarten der Privatbrauerei Zwettl und räumt ganz nebenbei mit Vorurteilen auf.
Das Waldviertel ist eine der wenigen Regionen Österreichs, die sich zum Anbau von Hopfen eignet. Denn die empfindliche Kletterpflanze braucht ein ganz besonderes Klima, um sich an den Drahtgerüsten in die Höhe zu ranken. Die Ernte und Verarbeitung ist harte Arbeit. Trotzdem packen in Zwettl auch die Frauen mit an.
Die weibliche Seite des Biers
Heute gilt Bier als das Männergetränk schlechthin, dabei waren ursprünglich Frauen die ersten Brauerinnen. Bis ins 15. Jahrhundert gehörte das Bierbrauen zu den alltäglichen Haushaltstätigkeiten wie Kochen und Backen. Erst später wurde die Kunst von Mönchen aufgegriffen und professionalisiert. Hier kam auch erstmals der Hopfen ins Bier, um es haltbarer und aromatischer zu machen. Das Brauen wurde zum Beruf und wanderte in Männerhände. Ein bisschen Weiblichkeit steckt trotzdem in jedem Glas, denn nur die weiblichen Teile der Hopfenpflanze eignen sich zur Bierherstellung. Die Blüten, auch Dolden genannt, enthalten den Bitterstoff Lupulin, der beim Brauen ähnlich wie ein Gewürz zum Einsatz kommt.
Frauenpower in Zwettl
Hopfen muss möglichst frisch verarbeitet werden, darum hilft bei der Ernte die ganze Familie. Für den Landwirt Sepp ist es selbstverständlich, dass auch die Frauen kräftig mit anpacken. Gemeinsam mit seiner Familie führt er einen der fünf Waldviertler Landwirtschaftsbetriebe, die Zwettler beliefern. Seit über 25 Jahren kümmert er sich um den Hopfengarten. „Der Hopfen macht einen großen Unterschied beim Geschmack“, erklärt Karin Thaller. Die 25-jährige hat ihre Lehre zur Braugesellin bei Zwettler abgeschlossen und arbeitet nun auf die Braumeisterprüfung hin. Souverän führt sie durch die verschiedenen Schritte der Hopfenverarbeitung, von der Ernte bis zur Trocknung in den Darren. Mit viel Liebe zum Produkt und beeindruckendem Fachwissen hat sie es als eine von fünfzehn Brauerinnen in Österreich geschafft, sich in der Männerdomäne zu bewähren. Schon jetzt ist sie stellvertretende Braumeisterin in der Stiftsbrauerei Schlägl in Oberösterreich. Dass immer mehr Frauen das Bier für sich entdecken, freut Karin Thaller: „Insgesamt glaube ich, dass die Probierfreudigkeit steigt. Das ist auch ein Vorteil der Craft-Bewegung. Bei der Vielfalt ist sogar etwas für Frauen dabei, die eigentlich kein Bier mögen“. Und wie steht die angehende Meisterin zu Dosenbier? „Die Dose ist nach dem Fass die optimale Aufbewahrungsform, weil sie lichtundurchlässig ist“, stellt die junge Expertin klar.
Über Zwettler
Die Privatbrauerei Zwettl blickt auf über 300 Jahre Geschichte zurück und wird in fünfter Generation von Mag. Karl Schwarz geführt. Das Unternehmen ist tief im Waldviertel verankert und setzt auf regionale Zutaten. Hopfen und Gerste stammen zum Großteil von Landwirten in der Umgebung und auch das Brauwasser kommt aus eigenen Quellen. Zwettler produziert 13 regionstypische Sorten (inklusive der Bierwerkstatt Weitra) für Gastronomie und Handel. Die Brauerei ist Mitglied der Interessensgemeinschaft „Die Freien Brauer“ und der heimischen „CulturBrauer“.