Seit Jahren klagen GastronomInnen über fehlende Fachkräfte für ihre Betriebe. Von der Servierhilfe bis hin zum Koch – qualifiziertes Personal wird an allen Fronten dringend gebraucht. Teil des Problems ist sicher seine Vielschichtigkeit. Gastro News Wien geht dem Dilemma auf den Grund.
„Die Lage ist sicher nicht die rosigste“, beschreibt Robert Huth den Status Quo zum Fachkräftemangel in der Wiener Gastro-Szene. Was sein eigenes Team betrifft, ist der Gastronom zufrieden. 130 Personen arbeiten in den sieben Huth Betrieben, die insgesamt 550 Sitzplätze bieten. Rund elf Millionen Euro Jahresumsatz konnte das Gastro-Imperium Huth im Jahr 2018 verbuchen. Im letzten Jahr hat das Power-Paar Robert und Gabriele Huth „Mama & der Bulle“ und das dritte „Rinderwahn“ Restaurant in der Praterstraße eröffnet. Die Personalsuche erfolgt bei den Huths meist durch Empfehlungen von Freunden oder Bekannten. Viele Mitarbeiter bringen auch selbst neue Leute mit. „Die größte Herausforderung ist, jemanden zu finden, der den Job liebt und ihn als Berufung sieht, denn dann macht es auch Spaß. Wir sehen das auch bei den Lehrlingen. Wenn man nicht motiviert ist und viel erklärt werden muss, ist alles viel anstrengender“, berichtet Robert Huth.
Ausbildung in der Kritik
Viele sehen den Ursprung des Problems bereits in der Ausbildung. Veraltete Lehrpläne und bürokratische Hürden gehören hier zur Tagesordnung. Wer die Spitzengastronomie anstrebt, hat es besonders schwer, denn es gibt in Österreich keine einzige Schule dafür. Für Sterneköchin Anna Haumer beginne es schon bei der allgemeinen Schulbildung: „Ich habe noch nie verstanden, wieso Kochen nur in der Hauptschule und nicht im Gymnasium gelehrt wird. In Montessori Schulen wird Kochen sogar als lebensnotwendige Tätigkeit angesehen, was es ja auch ist. Ich halte oft Vorträge über Lebensmittelverschwendung in Schulen und bin immer ganz erstaunt, wie wenige sich trauen, selbst zu kochen. Viele Kinder übernehmen die Angst vor abgelaufenen Lebensmitteln von ihren Eltern. Hinzu kommen die veralteten Lehrpläne in Gastro-Schulen. Meiner stammte damals aus dem Jahr 1994, dem Jahr, in dem ich geboren wurde.“
Auch Harald Prochazka, Geschäftsführer der Figlmüller Group knüpft an die Ausbildung als entscheidendes Element an. „Die Herausforderung der gesamten Branche wird sein, vermehrt den Fokus auf Ausbildung zu legen. Sowohl bei Lehrlingen als auch bei Quereinsteigern“. Außerdem müsse man sich darauf einstellen, Mitarbeiter heute früher zu suchen, als man sie braucht. „Ab einer gewissen Größe ist ein permanentes Recruiting unabdingbar“, bringt es Prochazka auf den Punkt.
Raum zur Entfaltung
Nur wer seinen Job liebt, ist auch bereit, dafür Opfer zu bringen. Es liegt daher an den Arbeitgebern, aufstrebende Talente zu erkennen und wertzuschätzen. „Besonders wenn du in der Spitzengastronomie bist, musst du die Leute fördern, sonst wird ihnen fad, sie brauchen Aufstiegsmöglichkeiten und Raum zur kreativen Entfaltung. Ende 20 hören alle auf, weil sie so viel verpasst haben. Daher gibt es in der Gastronomie fast kein Personal, das über 30 ist“, erklärt Anna Haumer. Robert Huth unterstreicht die Vorteile der Branche, die oft missachtet werden: „Die Branche müsste den Leuten vermitteln, wie vielseitig und schön die Gastronomie sein kann. Niemand will einen monotonen Job, die Gastronomie steckt voller Vielfalt doch das wissen nur die wenigsten.“