Immer mehr Lokale, hauptsächlich muslimisch geführte, streichen Alkohol von ihren Speisekarten. Einem Insider des KURIERS zu Folge, seien besonders AKP-nahe Unternehmen vom Einfluss aus der Türkei betroffen und folgen dem alkoholfreien Trend.
Die AKP hat in den vergangenen Jahren auf allerlei Wegen, wie etwa durch eingeschränkte Verkaufszeiten und verpixelte Raki-Gläser im Fernsehen versucht, Alkohol aus dem türkischen Alltag zu verbannen. Dieser ist im Koran verboten, der Besuch eines Lokals, das Alkohol anbietet, jedoch nicht. Dennoch bestehe hierzulande die Befürchtung, dass solche Lokale ausgegrenzt werden und jene Menschen, die diese besuchen, als schlechte Muslime, gar als Vaterlandsverräter bezeichnet würden. Laut Birol Kilic, dem Obmann der türkischen Kulturgemeinde Österreich, haben sich seit dem letzten Sommer rund 20 Lokale für die Antialkohol-Strategie entschieden.
So etwa das Etap in der Neulerchenfelder Straße in Wien-Ottakring, welches nach der Übernahme durch Yunus Kocak fortan auf den Verkauf von Alkohol verzichtet. Auch die Tulpe 15 in der Sechshauserstraße bewirbt das neue Konzept auf ihrer Homepage: „Ohne Alkohol und mit 100% Helal-Speisen bieten wir Ihnen das Beste aus türkischer und österreichischer Küche in einer familiären Atmosphäre.“ Sie begründen den Verzicht mit dem Argument, dass im Islam nicht nur der Konsum von Alkohol verboten sei, sondern auch dessen Vertrieb, was Produktion, Transport und Verkauf inkludiert. Ebenfalls im 15. Bezirk bietet in der Cevapcici-Bude Merak ein aus Sarajewo stammender Profifußballer mit seinem Vater ebenfalls ausschließlich antialkoholische Getränke an. Das Cafe-Restaurant Al Chile setzt auf die Gesundheit seiner Gäste und führt deshalb ein Nichtraucherlokal, das auf frische Säfte anstatt auf Alkohol setzt. Bier und Cocktails gibt es nur alkoholfrei. In Spittelau werden im Jasmin Al Sham Vienna syrische wie libanesische Spezialitäten angeboten – dazu Softdrinks.
In Favoriten gibt es einige Lokale, die schon seit Jahren keinen Alkohol ausschenken, ebenso zahlreiche Kebab-Stände sowie diverse türkische Supermärkte. So wird man bei Sepa oder Etsan auf der Suche nach Alkohol nicht fündig werden.
Die Liste wäre noch länger, jedoch wollen viele Restaurants ihren Namen, aus Angst keine Gäste mehr zu erlangen oder Mitarbeiter zu verlieren, nicht bekannt geben.
Kein Alkohol ist auch keine Lösung?
Andererseits würden jene Restaurants, die Alkohol verkaufen, dadurch stigmatisiert und die Unternehmensfreiheit würde eingeschränkt werden. Demnach bieten andere türkische Lokale, wie etwa die Kent Restaurants, sehr wohl weiterhin Alkohol an.
Die Meinungen spalten sich. Die einen finden es gut, dass kein Alkohol verkauft wird, da sie selbst keinen trinken. Andere, die gerne welchen hätten, erwerben ihn stattdessen bei Billa und Co., kaufen aber andere Lebensmittel trotzdem bei Etsan. Und wieder andere können es überhaupt nicht nachvollziehen, warum manche türkischen Supermärkte keinen Alkohol verkaufen.
Dem Restaurant-Betreiber Kocak ist bewusst, dass die neue Geschäftsstrategie auf Widerstand stoßen könnte. Das Thema Alkohol ist ein prekäres, zu dem sich türkische und andere Migranten aus dem arabischen Raum nur rar äußern wollen. Die Kunden dieser Lokale seien größtenteils muslimisch und die wenigen Österreicher wüssten, dass kein Alkohol ausgeschenkt wird, weshalb die Strategie aufgehe.