In unserer neuen Kolumne „Ein Mann -Ein Wirt“ erzählt Erfolgs-Gastronom Andreas Flatscher wöchentlich spannende Stories aus dem Gastro-Universum. Er blickt mit Ihnen über den Tellerrand, plaudert aus dem Nähkästchen, gibt immer wieder spannende Tipps und überrascht mit kuriosen Insider-Geschichten. Diese Woche: Andreas Flatschers Top-10 Tipps für angehende Gastro-Unternehmer.
1.) Privatleben!
Seien Sie sich bewusst, dass Sie die ersten mind. drei Jahre hauptsächlich für Ihr Unternehmen da sein werden. Binden Sie Ihr privates Umfeld in diese Überlegungen ein, damit es nachher nicht zu unangenehmen Diskussionen mit Ihrer Familie kommt.
2.) Förderungen & Infos!
Suchen Sie noch vor dem ersten Ausgaben-Euro selbstbewussten Kontakt zur WKO und diversen Förderstellen. Auch wenn der Markt in Wien sehr gesättigt ist, gibt es immer wieder (vorausgesetzt das Konzept ist stimmig) Möglichkeiten, an Förderungen zu kommen. Interessant ist auch die Gastro-Aktion der WKBG, die nach eingehender Prüfung Ihres Projekts auch Haftungsübernahmen ggü. Ihrer Hausbank übernimmt und somit die Möglichkeiten einer (teilweisen) Fremdfinanzierung deutlich verbessert. Details unter www.wkbg.at
Besonders für den Umgang mit der Wirtschaftskammer gilt: Fragen – Fragen – Fragen ! Sie bekommen wertvolle Infos, aber es ist eine Holschuld 🙂
3.) Konzeption!
Schreiben Sie alle Ihre Gedanken zusammen und erstellen Sie ein ganz klares Konzept. Versuchen Sie Ihr zukünftiges Lokal wie ein Regisseur seinen Film zu sehen. Das Konzept muss für einen Banker (der meist wenig von Gastronomie versteht) leicht verständlich sein. Warum werden Gäste in Ihr Lokal kommen?
4.) Business Plan!
Wenn Sie ein Zahlenmensch sind – los geht’s. Gehören Sie zu der Sorte Gastronom, der Umsatz mit Gewinn verwechselt, dann wird es spätestens jetzt Zeit, sich professionelle Hilfe zu holen. Engagieren Sie einen Unternehmensberater, der mit Ihnen gemeinsam einen professionellen Businessplan entwickelt. (Bspw. www.culinarius.at – die sind spezialisiert auf innovative Gastro). Übrigens gibt es hier auch Förderung – zB vom WIFI Wien. Sie müssen die ersten Stunden der Beratung zB nicht bezahlen usw…
5.) Location!
Es gibt zwei Ansätze: Entweder Sie suchen sich eine Toplage mit gutem Umfeld und starker Frequenz (die werden Sie sich aber nicht leisten können) ODER Ihr Konzept ist so attraktiv, dass Sie auch in einer 1B oder 2A – Lage reüssieren werden. Das Service-Center „Freie Geschäftslokal“ der Wiener Wirtschafts-kammer hilft Ihnen bei der Standortsuche und erstellt für Sie kostenlos eine soziodemographische Standortanalyse (Kaufkraft, Anzahl der Firmen in Ihrer Nähe usw…) IUnbedingt nützten. Ihre Bank wird Augen machen, wie toll Sie vorbereitet sind. www.freielokale.at
6.) Ablöse-Forderungen und Mietverhältnisse!
Bitte unterschreiben Sie nur einen unbefristeten Hauptmietvertrag mit Weitergaberecht. Nur so ist gesichert, dass Sie zB nach einigen Jahren erfolgreicher Selbständigkeit Ihren Betrieb auch weitergeben und mglw. Gewinnbringend verkaufen können. Lassen Sie sich von Hausverwaltungen und Eigentümern nicht einschüchtern. Die wollen vermieten und talentierte Unternehmer gibt es nicht wie Sand am Meer. Ausserdem ist die Immobilien-Branche noch „wilder“ als die Gastronomie. Warum glauben Sie ist die Porsche-Dichte bei Immobilen-Unternehmern so hoch, während Sie einen Fiskal-LKW fahren? Bestehen Sie darauf, daß Ihr Vermieter, während Sie umbauen, auf die Miete verzichtet.
Zahlen Sie maximal 3 Monatsmieten Kaution, ausser Sie ziehen in die Hofburg ein. Die Kaution nicht in bar hingterlegen, sondern bitte mit Ihrer Hausbank eine Bankgarantie vereinbaren. So schonen Sie Ihre Liquidität.
7.) Übernahme eines bestehenden Betriebs!
Sollten Sie einen Betrieb übernehmen, also kein leeres Geschäftslokal übernehmen, so sind folgende Punkte sehr wichtig: Vergessen Sie nie, es hat einen Grund warum ein Gastro-Betrieb zugesperrt hat! Prüfen Sie mit Fachleuten (Baumeister, Architekt) die Substanz. Es passiert immer wieder, daß Lokal verkauft werden und sobald man ein Bild anders hinhängen will, bricht die ganze Wand ein. Das Budget, ein Lokal dann auch noch zu sanieren, werden Sie nicht haben. Nehmen Sie proaktiv Kontakt mit den zuständigen Behörden auf (in Wien: Magistratisches Bezirksamt in den Ländern: Die Bezirkshaupt-mannschaft). Es gibt Projektsprechtage, während dieser Sie Ihr Projektt präsentieren können. Die Behördenvertreter miteinzubinden, erspart Ihnen möglicherweise sehr viel Geld. Im Umgang mit Behörden kommt in Österreich noch ein bisschen die ehemalige Monarchie durch. Die Beamten haben (leider) immer Recht und können Sie ruinieren. Sind Sie aber gut vorbereitet und bleiben ruhig, freundlich und kooperativ, so machen Sie (vor allem mit der jüngeren Generation von Staatsbediensteten) durchaus auch tolle Erfahrungen.
8.) Brauereien und andere Gönner!
Merken Sie sich eines: Niemand, wirklich niemand will Ihnen etwas schenken ! Suchen Sie sich Rat bei erfahrenen Branchen-Profis, bevor Sie mit einer Brauerei einen Vertrag abschließen. Diese Verträge können oft teurer sein, als andere Finanzierungs-Varianten.
9.) AAAA!
Anders als alle anderen… Die Gastronomie ist im Umbruch. Sie können Ihr Lokal so gestalten wie Sie es für richtig halten. Einzig Ihre Gäste werden entscheiden, ob Sie den Puls der Zeit getroffen haben. Verlieren Sie sich nicht in Beliebigkeit oder Schulwissen aus den 90ern. Heutzutage ist alles erlaubt, was pt. Gästen gefällt.
10.) Seien Sie mutig!
Die Gastronomie ist die anstrengendste und zugleich schönste Branche der Welt.