Dominic Schmid ist Obmann der Fachgruppe Hotellerie der städtischen Wirtschaftskammer. Im großen Gastro News Interview verrät der Experte seine Prognosen für die kommenden Monate und zeigt auf, was in Wien noch besser werden muss!
Österreich ist ein echtes Tourismusland. Im Zuge der Corona-Pandemie musste aber auch dieses über die vergangenen Jahre konstant gut laufende Powerhouse enorme Rückschläge und Einbußen einstecken. Die erste Wiener Hotelwoche, deren Buchungsstart am 21. September feierlich eröffnet wurde, schlägt genau in diese Kerbe und unterstützt die Hotellerie beim wichtigen Restart. Dominic Schmid, Obmann der Fachgruppe Hotellerie der Wirtschaftskammer Wien zieht im Interview mit Gastro News ein Resümee der vergangenen eineinhalb Krisenjahre und blickt mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft.
Gastro News: Wie fällt ihr Fazit als Obmann der Hotellerie der Wirtschaftskammer für den vergangenen Sommer aus?
Schmid: Die anfängliche Corona-Krise hat uns allen natürlich starke Einbußen beschert. Wir haben sprichwörtlich nach der Wiedereröffnung gelechzt. Nach der Wiedereröffnung kristallisierten sich aber zwei verschiedene Meinungen aus dem Gesamtbild heraus: Einerseits gab es eine große Erwartung hinsichtlich der Buchungen, ganz nach dem Motto „Alles ist wieder offen, jetzt werden uns so viele Buchungen erreichen, dass es einen regelrechten Boom geben wird.“ Die andere Meinung unterstrich eine gesunde Skepsis, die in der Angst der Urlauber begründet war, dieses Jahr doch lieber noch daheim zu bleiben, anstatt fortzufahren. Nach der Öffnung im Juni und Juli dümpelte es zunächst in Wien mit 28 bis 30% Auslastung noch etwas vor sich hin, während Kärnten aber schon Buchungen von gut 70% der Verfügbarkeit verzeichnen konnte. Anschließend haben wir entdeckt, dass die Buchungen, tageweise bei uns eintrudelten; nur durchschnittlich vier Tage im Voraus wurden die meisten Buchungen vorgenommen, das spricht für eine große Spontanität der Urlauber im Jahr 2021. Diese kurzfristigen Buchungen haben zusätzlich knapp 30-40% der Gesamtauslastung ausgemacht. In den Juli sind wir noch mit verhaltenen Erwartungen gegangen, die dann Stück für Stück übertroffen wurden.
Gastro News: Und wie lief es in den darauffolgenden Monaten?
Schmid: Der August verlief für unsere Verhältnisse sensationell, wir konnten eine Auslastung von sage und schreibe 60% verzeichnen, was genau unser gesetztes Ziel für die Zeit nach Corona war. Seit März 2020 hatten wir ja praktisch kein Geschäft und der letzte Sommer fiel mit knapp 40% eher mäßig aus. Die anschließende Reisewarnung anderer Länder war dann der nächste Nagel in den Sarg. Der September sieht derzeit ähnlich gut aus, das ist vor allem den Messen und Tagungen zu verdanken, die hier wieder stattfinden durften. Mittlerweile sind 80% der städtischen Hotels geöffnet und wir erwarten eine ähnliche Quote wie im August.
Gastro News: Wie sieht es mit den kommenden Monaten aus, Stichwort Vorweihnachtszeit?
Schmid: Wir erwarten uns für Mitte/Ende November einen erneuten Anstieg der Buchungszahlen. Die Adventwochenenden, Christkindlmärkte und die weihnachtliche Stadt selbst ziehen immer wieder zahlreiche Besucher, vor allem aus dem Ausland, an. Mit der neuen 2,5- bzw. 2G-Regelung erwarten wir uns, auch in den nächsten Monaten nicht zusperren zu müssen. Wir haben nun die große Chance, mit guten Zahlen ins Jahr 2022 zu starten.
Gastro News: Wie sieht der Stand der Dinge für die Hotellerie-Mitarbeiter aus?
Schmid: Mittlerweile gibt es Betriebe, die sich nach Mitarbeitern sehnen, da viele über die letzten Monate abgesprungen sind. Viele wurden mit dem Versprechen einer zukünftigen Wiedereinstellung gekündigt. Diese Mitarbeiter sind darauf häufig komplett abgesprungen. Die bekommst du dann auch nicht wieder.
Gastro News: Muss Wien noch attraktiver für den Tourismus gestaltet werden?
Schmid: Verglichen mit anderen europäischen Großstädten konzentriert sich in Wien mit der Ausnahme von Schloss Schönbrunn hauptsächlich alles im Zentrum. Wir sollten wie in Amsterdam, Paris, London & Co. auch die künstlerischen, modernen und quirligen Bezirke promoten. Das Produkt spricht natürlich ein gewisses Segment – in diesem Fall jüngere Menschen – an. Es kommt hierbei aber in erster Linie darauf an, aus der Masse herauszustechen.
Gastro News: Ist Wien also gut aufgestellt?
Schmid: Wien schreibt derzeit gute Zahlen, zum dauerhaften Überleben ist das jedoch zu wenig. In Wien sind wir aber so gut aufgestellt, was die Produkte und Mitarbeiter angeht, dass wir auch diese Krise rocken können. Wir müssen den Spirit nur noch stärker vermitteln und zeigen, dass Wien noch mehr, als nur den ersten Bezirk zu bieten hat und über die letzten 18 Monate nicht eingeschlafen ist.
Gastro News: Vielen Dank für das Gespräch!
Buchungen für die Hotelwoche sind ab sofort möglich: gastronews.wien/club/hotelwoche