Gert Kunze hat die Sky-Bar, die legendäre Bar Italia, Österreicher im MAK und andere Betriebe erfolgreich aufgebaut oder saniert. Seit einigen Jahren besitzt und managt der gebürtige Kärtner das „Eiles“. Wie er das Traditionscafé in der Josefstadt zum Laufen brachte und warum es lange „tot“ war, erzählt er im Interview.
Mittagszeit in der Josefstadt. Das Eiles brummt. Studenten, Politiker, Stammgäste, Touristen. Besitzer Gert Kunze grüßt und verabschiedet Stammgäste, eilt von einem Tisch zum nächsten, kommuniziert en passant elegant noch mit dem Service. Für Kunze war das Eiles „ein Glücksfall, es musste nur wach geküsst werden.“ Viele Plätze sind nicht frei, wir finden gerade noch eine rot bespannte Bank in Küchennähe und starten unser Gespräch.
Das Eiles lag jahrelang im Tiefschlaf. Seit einigen Jahren ist es erwacht. Sie haben einige Betriebe aufgebaut und saniert. Wie kommen Sie zum Kaffeehaus?
Man hat mich auf das Eiles aufmerksam gemacht. Am 16. August 2012 bin ich reingekommen und das war schon lustig. Kein Scherz: Draussen war noch Weihnachsbeleuchtung, auf den Mehlspeisvitrinen hingen die Ostereier. Die Kellner waren überhaupt ein Wahnsinn. Wem etwas nicht gepasst hat, der wurde hinauskomplimentiert. Ich habe mich dann eine Woche hier herein gesetzt und einfach nur beobachtet. Dann hab ich mir gedacht: Das reizt mich!
Was haben Sie verändert?
Ich habe sanft renoviert. Die Basis war ja eigentlich vorhanden. Gute Akustik, die Logen, die Räumlichkeiten. Energetisch ist dieser Platz gut bestrahlt. Man musste ihn nur wach küssen. Als erstes habe ich den grindigen Teppichboden rausgeschmissen (lächelt).
Und dann?
Leitungen, Sanitäre Anlagen, die Küche wurde saniert. Eine Markise war mir wichtig. Ganz wichtig sind mir auch die Sitzbänke. Bezug und Panels sehen aus, als wären sie immer schon da gewesen. Der Tischler hat aber hier jedes Panel einzeln aus- und eingebaut. Eine Wahnsinnsarbeit. Und der Stoff, auf dem wir sitzen, ist exklusiv.
Wie haben Sie eigentlich qualifizierte Mitarbeiter gefunden?
Ich habe einen tollen Geschäftsführer und 25 Mitarbeiter, die zu 80 Prozent aus Flüchtlingsgebieten wie Bangladesch oder Kurdistan kommen.
Das funktioniert?
Ja! Die sind fantastisch. In Wien ist’s leicht, brauchst nur freundlich sein und bist nicht wie alle anderen (lacht). Ich hab noch keine einzige Reklamation vernommen. Man verkauft eine Stimmung, ein Gefühl. Im Cafe wird Politik gemacht. Es ist eine Bühne. Die Erwartung ist nicht wie in einem Haubenlokal. Der Gast hat immer recht. Ich verbinde die Menschen, denn heutzutage kann doch niemand mehr miteinander sprechen. Bei mir können sie ihre Sorgen abladen.
Ein schöner Zugang. Aber apropos Reklamation. Welches Publikum kommt ins Eiles?
Ganz gemischtes. Wir haben zum Beispiel Schüler die Referat schreiben hier. Das sind die Kunden von morgen. Schön zu sehen, dass die Jungen nicht zum Starbucks gehen und sich für teureren Cafe anstellen. Man geht wieder ins Kaffeehaus. Auch Bierrunden und Kartenspieler sind bei uns willkommen. Und Leut aus dem Rathaus kommen auf ihr Menü (Anmerkung: Täglich um 7,90).
Was bieten Sie hier kulinarisch noch an?
Diverse Frühstücks-Variationen, Wiener und internationale Küche. Und das täglich 365 Tage im Jahr, durchgängig von 7-24 Uhr. Wir machen alles selbst. Auch die Mehlspeisen.
Wie wird sich die Kaffeehaus-Kultur entwickeln?
Die Qualität muss passen und ich möchte die Wiener Tradition bewahren. Ich würd nie einen Burger verkaufen (macht ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen). Natürlich muss man auf die Gäste eingehen. Wir bieten auch vegane Speisen an, denn das wird verlangt. Und für ein Glasl Wasser kann ich kein Geld verlangen! Ich lad‘ auch gern manchmal die Leut ein. (Wir sind fertig, oder, fragt Kunze und eilt zur nächsten Besprechung am Tisch nebenan. Wolln’S nicht was essen? Wir müssen leider weiter).
Herr Kunze, danke für das Gespräch!