Wien (Culinarius) – Brian Patton ist mittlerweile ohne Frage eine etablierte Größe in der Wiener Gastronomieszene. Der Mastermind hinter den stadtbekannten Lokalen wie dem Charlie P’s, dem Brickmakers (inklusive dem Big Smoke) und diverser temporärer Pop-Ups wie dem „Slow Tacos“ 2015 und aktuell dem „It’s All About The Meat Baby“ spricht im Interview über seine Philosophie, seine vergangenen und kommenden Projekte und inwiefern seine Kindheit seine Neugier und seinen Drang zu Innovationen geprägt hat.
Patton’s Geschäftsphilosophie und Erfolgsgeheimnis, und wieso im Big Smoke keine Pommes serviert werden
Brian Patton ist alles andere als ein Durchschnittsgastronom – dies merkt man bereits an den Ansätzen seiner Geschäftsphilosophie: Nicht nur der Gast soll zum Freund werden; nein, auch in Bezug auf die Flüchtlingssituation verfolgt er einen philanthropischen Ansatz: “Im Rahmen des „It’s all about the Meat Baby“ versuche ich so viele Flüchtlinge wie möglich in unseren Betrieb einzubinden – sie sollen vom Gast zum Gastgeber werden.“ Ebenfalls essentieller Punkt seiner Philosophie: „Du kannst dem Personal zwar die Skills beibringen, aber nicht die Leidenschaft und Einstellung, die man in diesem Job so sehr braucht – „Ich bin wesentlich mehr beeindruckt von jemandes Einstellung und Leistung als von der Erfahrung und den Skills, die eine Person mitbringt.“ Er schafft es, eine Unternehmenskultur aufzubauen, welche auf der Prämisse basiert, ähnlich denkende Menschen in ein Team zu bringen, diese Ressourcen zu Bündeln um dieses Team dann natürlich zusammenwachsen zu lassen. „Wir versuchen hierbei in Menschen zu investieren und zu vertrauen, denn das ist die Basis für eine gute Unternehmenskultur.“ Besonders auf der Management-Ebene gibt es für ihn zwei signifikante Schlagworte: Fair und Vernunft. „Wir kommunizieren hierfür sehr viel, das ist der wichtigste Aspekt. Wir versuchen in Menschen zu entwickeln und zu investieren. Menschen in Leader verwandeln.“
„Wir versuchen unser Profil aufzubauen und zu pflegen – Unter anderem via dem V-Log „Food and Beer Geeks“, aber auch durch die Medien. Das gibt uns die Chance Gäste auf uns aufmerksam zu machen. Und hier kommt die wahre Magie ins Spiel, welche diese Berufssparte so einzigartig macht: Du kannst jemanden von einem Gast zu einem Freund machen, indem Gäste immer wieder kommen. Wenn genau das passiert, das ist Magie. Du kommst an ein bestimmtes Level von Qualität, haltest dieses und dann vertrauen dir die Gäste weil sie konstant gutes Essen bekommen – das ist das Geheimnis hinter dem Erfolg.“ Für ihn ist klar: Der Fokus muss auf dem Gast liegen; man muss sein Zielpublikum verstehen und auch deren Entscheidungen und Meinungen nachvollziehen können. Gleichzeitig findet hier ein Balanceakt statt: „Man muss es schaffen, sein Publikum anzusprechen – andererseits muss man versuchen, nicht „alles“ gleichzeitig zu sein, da man sonst seine eigene Identität und Authentizität verliert.“ Am Beispiel Big Smoke erklärt er: „Viele Gäste fragen, wieso es keine Pommes zum BBQ gibt. Die Antwort: Weil du in Texas auch keine bekommst. Kurzfristig gesehen würde das natürlich mehr Umsatz bringen, aber auf die Dauer würde es die Authentizität zerstören.
Gegen das Wort „Trend“ und die Quellen seiner Inspiration
„Ich mag das Wort „Trends“ und das Wort „Craft“ nicht. Was ich aber gut finde, ist die Hilfestellung, die solch ein Wort (hier in Bezug auf „Craft“) dem Gast geben kann etwas leichter zu verstehen. Ich liebe es ein großartiges Bier zu trinken und wir haben hier bereits einige großartige Biersorten, aber wir haben trotz des Zugangs einfach eine zu kleine Variation an Bieren.“ Besonders aus Reisen und den lokalen Ethno-Küchen zieht Patton seine Inspiration – „Natürlich hole ich mir auch Inspiration von Leuten, welche in bestimmten Bereichen bereits gewisse Konzepte und Ideen umgesetzt haben. Wenn man das „einem Trend folgen nennt“, dann folge ich diesem definitiv. Beispielsweise gingen wir (für das zuerst temporäre und nun ständige „Big Smoke“-Projekt; Anm. d. Red.) nach Texas um zu lernen, was authentisches BBQ ist – natürlich wurden wir beeinflusst, aber wir versuchten es neu zu interpretieren ohne es zu kopieren. Ich versuche mir bestimmte Gerichte – welche auf bestimmten Märkten äußerst erfolgreich sind – anzusehen, den Erfolg zu verstehen und zu lernen, um es dann selbst zu interpretieren. Aber auch diese Fusion der verschiedensten Küchen aus aller Welt, wie man sie besonders in den klassischen Melting Pots, wie New York und L.A. hat, bilden auf seinen Reisen fundamentale Inputs für eigene Ideen und Kreationen.
Lektionen fürs Leben, Projekte und Peter Zinter
Bei der Frage, ob es negative oder positive Erlebnisse oder Erfahrungen – auf welche er heute noch immer zurückblickt – gab, antwortet Patton: „Ich würde das Wort negativ nicht verwenden. Ich habe mehr aus Fehlern, als aus Erfolgen gelernt. Es ist die praktische Erfahrung, die dir hilft besser zu werden – nicht unbedingt die Ausbildung. Wenn du es schaffst herauszufinden, wie die Dinge funktionieren und du versuchst daraus zu lernen, ist das schon ein großartiger Ansatz.“ Die eine wesentliche Lektion fürs Leben lernte er vom „Naked Lunch“: „Ich habe verstanden, dass ich nicht alles alleine tun und schaffen kann. Will ich vorankommen, muss ich die Idee akzeptieren, nicht nur ein Team zu haben, sondern dieses auch natürlich wachsen zu lassen. In dieser Hinsicht hatte ich unglaubliches Glück, denn mittlerweile habe ich viel Expertise um mich herum. Summa Summarum lässt sich alles auf ein Wort runterbrechen: Demut. Du kannst nicht nach vorne, solang du nicht zugibst, nicht alles zu wissen und zu können.“ Wie es sich für einen Bier-Sommelier gehört begann Patton vor rund 2 Jahren sein eigenes Bier zu brauen. „Ich liebe es, wie sich diese Bierkultur entwickelt und hoffe, damit meinen Beitrag leisten zu können.“ Derzeit wird in Kooperation mit der bayrischen Camba Brauerei, aufgrund der Fußball-EM, die Eigenkreation „Nachspielzeit“ im Brickmakers als auch im Charlie P’s serviert. Passend dazu hat sich der bereits 2014 dazu gestoßene Chef de Cuisine Peter Zinter entsprechende kulinarische Gustostückerl einfallen lassen. Apropos Peter Zinter: Auf die Frage, wie es um die ursprünglichen Pläne für ein eigenes Lokal im Rahmen der Culinary Love Band Gruppe steht, antwortet Patton nur knapp: „Wir arbeiten sehr aktiv daran, allerdings muss es bestätigt sein, bevor ich weiter darüber sprechen kann. Der Plan steht natürlich noch. Im Moment suchen wir eine Location für Peter und sein Konzept.“
In Hinblick auf seine weiteren Pläne sagt der Gastronom: „Ich habe vor etwa 2-3 Monaten entschieden, dass ich keine weiteren Popups eröffnen werde. Ich finde es nämlich schade, dass man mit derartigen Konzepten keine Beziehung mit dem Gast aufbauen kann. Ich kreiere was, bin stolz drauf, baue eine Beziehung zu meinen Gästen auf und dann ziehe ich plötzlich einen Schlussstrich.“ Er verrät darauf hin, dass es bereits konkrete Pläne gibt, „It’s all about the Meat Baby“ von den Toten auferstehen zu lassen. „Ich bin derzeit sehr darauf fokussiert, ständige Projekte zu betreiben und „It’s all about the meat Baby“ hat hier sehr gute Karten.“ Aber auch sein letztjähriges Popup am Donaukanal „Slow Tacos“ nennt er eine „Sleeping Beauty“, ohne aber einen konkreten Starttermin zu nennen. Zum Schluss stellen wir noch eine letzte Frage: „Gibt es eine Frage, welche Sie bisher nicht gefragt wurden beziehungsweise welche Sie ungerne beantworten?“ Patton lacht und es folgt eine Denkpause: „Ja, was mich derart antreibt und wieso ich weitere Lokale aufmachen möchte beziehungsweise temporäre Popups versuche dauerhaft zu etablieren! Dies rührt von meiner Kindheit: Ich wuchs mit Eltern auf, welche sehr kreativ waren, aber auch starke Führungspersönlichkeiten waren – daher konnte ich schon von klein auf einen starken Sinn für Unabhängigkeit entwickeln. Dazu kam der Umstand, dass ich an verschiedenen Orten mit verschiedener Umwelt aufgewachsen bin. Wenn das als Kind passiert, dann entfacht es eine unglaubliche Neugier und den Drang mehr zu lernen. Ich denke, dass dieser Durst und das Interesse zu wachsen essentielle Eckpfeiler dessen sind, was mich und meine (Geschäfts-)Philosophie heute ausmacht. Oh, und Ich habe ab 15 im Pub meines Vaters gearbeitet.“, ergänzt Patton mit einem Grinsen.
Fotocredits: The Culinary Love Band