Die Anfänge: „Eigentlich wollte ich nie Bauer werden“
1997 übernahmen Gerhard und Sigrid Zoubek den Betrieb in Glinzendorf im Marchfeld von Sigrids Eltern. „Wir haben dann gleich auf Bio umgestellt“, erzählt Gerhard Zoubek. Damit waren sie einer der ersten Biobetriebe im Marchfeld. „Ich wollte nie Bauer werden, vielleicht habe ich daher auch eine andere Sicht auf die Dinge“, so Zoubek, der vor den Anfängen des Biohofs einige Jahre einem anderen Brotberuf nachgegangen ist. Im Rahmen einer frühen Kooperation mit dem Biologen und Freund Peter Lassnig und der Arche Noah pflanzte man 70 verschiedene Kürbisarten. „Uns war schnell klar, das ist mehr als ein Familienbetrieb“, und so gab man sich einen Hofnamen: Adamah. Der Wortursprung kommt aus dem Hebräischen und bedeutet „Ackerboden“. „Der Name hat uns gefallen, weil es eine schöne Parabel ist. Gesunder Boden, gesunde Pflanzen, gesunde Menschen.“
Was treibt Gerhard Zoubek an, was ist seine Motivation? „Ich habe früher Landmaschinen verkauft, mir war also nicht fremd, was Bauern tun und machen. Da habe ich Biobauern kennengelernt, die wollten wirklich noch die Welt verändern. Das waren Querdenker, das hat mir sehr gefallen.“ „Es ist ein Dogma, dass es ohne Gift nicht geht“, so Zoubek über die konventionell-industrielle Landwirtschaft. Mit seinem Biobetrieb möchte er beweisen, dass es keine Spritzmittel braucht, um tolle Produkte gedeihen zu lassen. Er möchte Wertschätzung für seine Familie und biologische Pflanzen und Produkte leben. „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Man muss es vorleben, man muss es zeigen. Das ist uns, glaube ich, sehr gut gelungen.“
Und diese Wertschätzung für biologische Produkte findet Anklang, ist er doch in regem Kontakt mit wichtigen österreichischen Gastronomen wie Heinz Reitbauer vom Steirereck, dem er in regelmäßigen Abständen unterschiedlichste Produkte liefert. Auch zu Paul Ivic, dem hauben- und sternegekrönten Geschäftsführer und Küchenchef des vegetarischen Restaurants TIAN, hat er eine gute Verbindung, um nur ein paar ausgewählte Namen zu nennen. Außerdem arbeitet der Biohof Adamah mit ca. 100 Betrieben, etwa dem Vollkorn-Bio-Bäcker Waldherr oder Gragger, zusammen.
Neben einem eigenen Hofladen hat man sich seit vielen Jahren mit dem BioKistl und seit heuer auch mit dem Rezeptkistl einen Namen gemacht. Wie viele Kunden der Biohof Adamah hat? „Um die 30.000“, so Zoubek. Zu bewältigen ist das mit rund 140 Mitarbeitern, die der Biohof Adamah heute zählt. Davon sind ca. 100 Köpfe im Vertrieb tätig, die übrigen in der 100 Hektar großen Landwirtschaft, in der von Karotten über Kartoffeln bis hin zu Wurzelgemüse wie Schwarzwurzel und Haferwurzel rund 60 verschiedene Kulturen angebaut werden.
Dass sie sich – nicht nur österreichweit, sondern international – einen Namen gemacht haben, zeigt die oben erwähnte Tatsache, dass Gerhard Zoubek jüngst zum Galadiner in die Hofburg geladen war, bei dem ausgewählte heimische Biobauern und Vertreter der Kulturszene mit dem englischen Thronprinzenpaar speisten.
Bio hautnah und zu Hause erleben: Mit dem Hofladen, BioKistl & RezeptKistl
Seit 15 Jahren betreibt man nun schon den Hofladen, der ein fast vollständiges Sortiment aufweist. Natürlich kann man da nicht alle Produkte selbst herstellen. Um von Fleisch, Wurst, Wein, Bier, Milchprodukten, Brot und natürlich Obst und Gemüse, aber auch Reformartikel alles abdecken zu können, arbeiten die Zoubeks mit fast 100 Bauern und Betrieben zusammen. Alles kontrolliert biologisch, versteht sich. Diese sind teils in der Region angesiedelt, aber „wir kennen auch international einige Leute, zum Beispiel in Italien, Griechenland oder der Niederlande“, zeigt sich Zoubek stolz, fast alle Lieferanten persönlich zu kennen.
Das BioKistl trifft den Zahn der Zeit. In verschiedenen Zusammenstellungen kann man sich jede Woche ein Kistl voller Bioprodukte nach Hause liefern lassen. Sehr beliebt sind zum Beispiel das Bunte-Vielfalt-Kistl oder das Mutter-Kind-Kistl. Insgesamt werden 5500-6000 Bestellungen pro Woche abgewickelt. „Ich glaube, dass die Menschen sehr dankbar sind für diese Dienstleistung“, so Gerhard Zoubek. „Wir versuchen immer, die Kistl so zusammenzustellen, dass man daraus etwas Gesundes kochen kann.“ Dem Kistl ist außerdem eine Beilage mit Rezepten und
Neuigkeiten vom Hof beigelegt. „Wir verbreitern stetig unser Angebot und haben heute 2500 Artikel, die wir mit der Hauszustellung liefern. Wir können einen Wocheneinkauf anbieten. Neben Obst und Gemüse auch Milch, Brot, Fleisch, Wurst, Käse, Wein, Bier, Reformartikel.
Das RezeptKistl ist ganz neu, erst seit Jänner dieses Jahrs im Angebot. Es funktioniert wie das BioKistl nach dem Prinzip der Hauszustellung. Man kann zwischen einem klassischen und einem vegetarischen RezeptKistl wählen und bekommt jede Woche ein Kistl mit drei Rezepten und allen dafür notwendigen Zutaten. Zoubek plant, künftig auch Spitzenköche wie Josef Floh aus Langenlebarn dafür zu gewinnen.
„Bio kann sehr wohl die Welt ernähren“: Regionalität und Gastronomen als Verbündete
„Bio kann sehr wohl die Welt ernähren“, ist Gerhard Zoubek überzeugt. „Wenn man die Verschwendung nur einigermaßen eindämmt. 30% der Lebensmittel werden weggeschmissen, das ist ein Wahnsinn. Nicht, weil sie verdorben sind, sondern weil sie optisch nicht entsprechen, nicht schön genug sind. Das ist absurd. Man investiert viel Geld in die Produktion von Lebensmitteln und in Ressourcen. Da könnte man die Gastronomie als Verbündete wiederkriegen“, ist Zoubek überzeugt. Daher ist für ihn ganz wichtig, Kontakte mit vielen Spitzenköchen zu pflegen, um ein Umdenken zu forcieren.
Was Gerhard Zoubek zum Thema Regionalität sagt? „Wenn man zehn Leute fragt, was regional ist, wird jeder was Anderes sagen. Jeder hat einen anderen Regionalbegriff. Manche denken in geografischen Grenzen, aber ein Vorarlberger Bergkäse kommt aus 750 km westlich. Wenn man sagt, man geht 750 km in die andere Richtung, ist man schon fast am Schwarzen Meer. Also was ist regional?“, lässt der Bio-Vorreiter die Frage im Raum stehen. „Regional ist nicht geschützt, es gibt keine Definition. Wir schauen natürlich auch, dass wir Produzenten aus dem Marchfeld haben und es ist schön, dass man eine gewisse Stimmung für Regionalität hat, aber man muss immer drüber reden, was man unter regional versteht.“
Veranstaltungen: Feldküche mit Haubenkoch, Koch- und Fermentierkurse
Ein besonderes Highlight heuer wird der Besuch von Paul Ivic und seiner TIAN-Küchenbrigade am Biohof sein. Zusammen möchte man am Feld etwa Karotten aus der Erde holen, um den Ursprung von Lebensmitteln in den Fokus zu rücken und damit die Wertschätzung für Naturprodukte zu stärken. „Wir wollen zeigen, dass man eine Karotte auch direkt aus der Erde essen kann, ohne sie erst mit Lysoform zu behandeln“, so Zoubek.
Auch Kochkurse finden regelmäßig am Biohof Adamah statt. Die nächsten beiden Termine stehen auch schon fest: Am 27. Mai darf man sich auf „Kochen mit regionalen Superfoods“ mit Andrea Fičala freuen, am 17. Juni auf einen Raw Food Kochworkshop mit Petra Denk. Noch zeitnäher, nämlich am 13. Mai, findet erstmals ein Fermentierkurs statt. Auch Kindergeburtstage können am Biohof gefeiert werden, hier arbeitet man mit WeKids zusammen, die von Kinderschminken über Kasperltheater bis hin zu BioPizzabacken und Schatzsuche alles Erdenkliche anbieten, das Kinderherzen höherschlagen lässt. Sogar Hochzeiten können bei Adamah gefeiert werden, hier wird nicht nur die Location gestellt, sondern auch Köche, Catering, ein Rahmen- und Kinderprogramm organisiert.
Um den Kontakt zu den Kunden stärken zu können, hat man den sogenannten Freundeskreis ins Leben gerufen. Schwiegertochter Gudrun etwa fungiert als wichtige Ideengeberin, erzählt Gerhard Zoubek, dem man anmerkt, mit welcher Freude und Stolz es ihn erfüllt, dass der Biohof Adamah nicht nur sein, sondern das Herzensprojekt der ganzen Familie ist. Beim Freundeskreis handelt es sich um „unseren Kundenclub, der die Verbindung zu unseren Kunden stärkt.“ Wie das funktioniert? „Jeden Monat gibt’s ein Event, bei dem Mitglieder begünstigt teilnehmen können und das Vorrecht haben, sich anzumelden. Zum Beispiel lud man schon zum Kartoffelklauben, auch gab es schon einen Backkurs beim Vollkorn-Bio-Bäcker Waldherr, eine Käse- und Weinverkostung (Leo Kiem, Agora Vino) oder ein Backen von Ostergebäck. Demnächst veranstaltet man ein Schaffilzen, bei dem zuerst die Schafe am Hof geschoren werden und die Wolle direkt vor Ort in einer Filzwerkstatt verarbeitet wird. Im Rahmen des Freundeskreises ist auch das Kochen in der Natur geplant, im Rahmen einer Feldküche will man zeigen, dass man auch unter freiem Himmel kochen kann. Dazu will man einen bekannten Haubenkoch gewinnen, verrät Zoubek. „Wir haben verschiedene Ideen“ – ja, allerdings!
Zusammen mit Katharina Seiser und Ekkehard Lughofer hat Gerhard Zoubek gerade erst ein Kochbuch herausgegeben, das den Titel „30 Minuten Gemüseküche. Vegetarisch, saisonal, bio“ trägt. Darin finden sich Rezepte der schnellen Gemüseküche, die in maximal 30 Minuten auf dem Tisch sind. Außerdem versteht sich die Publikation als Gemüse-Handbuch, in dem man von A wie Auberginen bis Z wie Zucchini Wissenswertes zu Charakter, Vor- und Zubereitung der unterschiedlichsten Gemüsesorten erfährt.
Zukunftspläne: Gastronomie, Catering, Tiere und mehr
Und was ist für die Zukunft geplant? Viel! Gleich in mehreren Bereichen soll nach und nach ausgebaut werden. Nicht zuletzt, weil die Nachkommen des Ehepaars Sigrid und Gerhard Zoubek Interesse haben, weiterzumachen, hat man mit dem Biohof Adamah noch Einiges vor: „Wir haben vier Kinder. Interessanterweise wollen alle vier im Betrieb bleiben und weitertun. Das spornt uns sehr an, und es gibt ja auch noch so viele Entwicklungsmöglichkeiten“, plaudert Zoubek über seine Ambitionen, den Standort im Marchfeld auszubauen und diesen um Gastronomie und Catering zu erweitern. Einstweilen hat man nur ein paar Streicheltiere, aber auch mehr Tiere werde man sich auf den Hof holen und das Ganze „professioneller aufziehen“, damit die Leute sehen, wie eine Landwirtschaft mit Tieren funktioniert. Mit mehr als 100 Exkursionen, die der Biohof pro Jahr für sich verbuchen kann, gibt es mehr als genug Menschen, die Interesse haben, sich vor Ort einen Eindruck zu holen, wie ein Bio- Betrieb funktioniert.
„Der Platz lässt sich entwickelt“, weiß der ideenreiche Zoubek und führt aus, „Wien ist vor der Haustür, mit Bratislava hat man eine weitere Hauptstadt ganz in der Nähe, also Publikum gibt es genug“. Von dort kommen auch viele Besucher zu den regelmäßig stattfindenden Festen. Etwa dem Jungpflanzenmarkt, der noch diesen Samstag stattfindet. Für alle, die es nicht mehr zum Jungpflanzenmarkt schaffen: In den nächsten Wochen kann das umfangreiche Jungpflanzenangebot zu Bioladenzeiten am Hof gekauft werden. Auf das Hoffest muss man noch ein wenig warten, das findet erst am 3. und 4. September statt. Aber bis dahin kann man ja jederzeit dem Hofladen einen Besuch abstatten, das lohnt sich nämlich immer. Wo sonst bekommt man schon so Wunderbares wie Topinambur, violette Karotten, Mangold und zahlreiches weiteres Gemüse, Obst, Pesti und Chutneys, Tees, Öle, Brot, Milch und so viel mehr in bester Bio-Qualität? Es ist ein Nachmittag unter der Woche, als wir uns zum Gespräch treffen und als ich den Hof verlasse, ist der Parkplatz des Hofladens gut gefüllt. Autos aus der Umgebung und aus Wien hauptsächlich. Am Jungpflanzenmarkt letztes Wochenende waren Nummerntafeln aus ganz Österreich zu sehen. Man sieht also, die Wertschätzung für Bioprodukte, die für die Zoubeks Antrieb und Motivation ist, ist – zumindest bei dem stetig wachsenden Kundenstamm des Betriebs – durchaus vorhanden. Und Bio-Lebensmittel direkt ab Hof zu kaufen, ist sowieso immer ein Erlebnis für sich.
Zum Abschluss interessiert mich natürlich noch, wird Gerhard Zoubek denn auch einmal zum englischen Thronfolger reisen? „Absolut, ich habe vor, den Prinzen auf seiner Farm zu besuchen.“ Man darf also gespannt sein, womit uns die Zoubeks mit ihrem Biohof Adamah, aber auch als Menschen und Botschafter des Marchfelds künftig noch überraschen werden. Ein Betrieb, der zeigt, was alles möglich ist, wenn es Personen gibt, die Visionen haben und diese auch verfolgen.
ADAMAH BioHof
2282 Glinzendorf 7
Öffnungszeiten BioLaden (Einkaufen am ADAMAH BioHof):
MO-FR: 09:00-18:30 SA: 09:00-16:00 Telefon-Bioladen: 02248 2224 – DW 21
Kundendienst (MO-FR von 8.00 bis 17.00 Uhr erreichbar):
Tel.: 02248/2224-0
Fax: 02248/2224-20
E-Mail: biohof@adamah.at