2022 übernahm Aurore Jeudy den Posten der Chef-Önologin bei Schlumberger und ist damit die erste weibliche Kellermeisterin des Landes. Ihre Arbeit beginnt aber bereits in den Weingärten – und endet keineswegs bei der Produktherstellung. Gastro.News hat mit ihr gesprochen.
„Ich wurde in der Champagne ausgebildet“ erzählt uns Aurore Jeudy auf die Frage, wo die Reise zu ihrer Berufung begann, und gibt uns gleich eine Idee, wie viel Expertise sie mitbringt. Die sympathische Französin ist 2022 in die Traditionssektkellerei Schlumberger als Kellermeisterin eingestiegen und verantwortet nun Produktion und Qualität der Schaumweine von der Traube bis zur Flasche. Gebürtig aus der Weißweinregion Elsass studierte Jeudy Önologie an der Université de Reims in Champagne, und arbeite bereits vor ihrem Abschluss als Winzerassistentin in namhaften Häusern wie Domaine Roblet-Monnot, Perrier-Jouët und Champagne De Castellane. Obwohl viele Frauen mit ihr studierten, gingen nur wenige in die Produktion. „Im Studium waren zur Hälfte Frauen, aber viele Kolleginnen gehen eher ins Qualitätsmanagement oder ins Labor,“ so die Winzerin. „Ich selbst bin seit 16 Jahren Sparkling Fine Wine Maker, aber die Branche ist immer noch männerdominiert.“ Auch in Österreich lässt sich das leicht erkennen. Winzerinnen gibt es, aber keine weiblichen Kellermeisterinnen. Das änderte sich mit Jeudy, als Schlumberger im Sommer 2022 anrief. „Ich musste eigentlich kaum nachdenken,“ erinnert sie sich zurück.
Trinkkultur & guter Ruf
Dass es in Österreich eine starke Schaumweinproduktion gibt, weiß man auch in Frankreich. Der Ruf ist gut, besser, als man meinen könnte. „Es ist auf jeden Fall bekannt, dass guter Sekt in Österreich hergestellt wird. Auch Schlumberger hat in Frankreich einen guten Ruf.“
Ausschlaggebend für den Umzug nach Wien war für Jeudy die österreichische Sektkultur und das Herstellungsverfahren, das von Schlumberger verwendet wird. „Ich schätze es, dass es in Österreich eine gelebte Sekt Kultur gibt, die immer beliebter wird. Außerdem ist mir wichtig, dass Schlumberger nach Méthode Traditionnelle mit Flaschengärung arbeitet.“ Mit ihrer Ausbildung in Champagne schließt sich auch geschichtlich der Kreis – denn vor über 180 Jahren hat bereits Schlumberger Gründer Robert Alwin Schlumberger das Handwerk der Schaumweinherstellung dort erlernt, und nach Österreich gebracht. Auch die Tradition des Hauses spielt eine wichtige Rolle. „Ich weiß, wie wichtig die Geschichte eines Hauses ist. Für die Qualität, die Erfahrung, das Produkt und das Image.“ Sie selbst identifiziert sich absolut mit ihrer neuen Stelle: „In meinen Adern fließt Sparkling,“ lacht die Französin. Ausbaufähig sei jedoch, dass die Österreicher öfter gezielt auf heimischen Sekt zurückgreifen würden. Heimischer Wein stehe in guten Weinkarten häufig an erster Stelle. Schaumwein jedoch fällt oft noch hinter den Franzosen und Italiener zurück – zu Unrecht.
Vom Weingarten in den Keller – und dann?
Als Kellermeisterin bezieht sich Jeudy’s Arbeit aber keineswegs nur auf den Keller. Deshalb trifft es „Chef-Önologin“ in jedem Fall besser. „Ich gehe selbst zu all unseren Partnerwinzern in Poysdorf und Andau, und schaue mir die Trauben vor der Ernte an. Da kann es schon sein, dass ich sage, da und dort braucht es noch ein paar Tage, um den idealen Lesezeitpunkt zu erreichen.“ Einfach ist die Arbeit aber nicht. Es braucht eine gewisse Portion Magie und reichlich Erfahrung, um allein schon die Ernte auf den Punkt zu bringen, so dass das Produkt am Ende perfekt ist. „Der Klimawandel ist im Weingarten schon stark zu spüren. Es ist kein Jahr mehr wie das andere, man kann sich nicht auf fixe Zeitpunkte verlassen. Wir ernten manchmal schon Ende August Sorten, die erst Anfang Oktober reif sein sollten. Manchmal würde ich mir eine Glaskugel wünschen, die mir die Zukunft voraussagt. Aber das Einzige, was hilft ist die Erfahrung.“ Im Keller gilt schließlich „Ein guter Sekt braucht Zeit“. Die richtigen Nuancen aus verschiedenen Weinen zu finden ist Jeudy’s Aufgabe – und das geht manchmal schon fast Richtung Kunst. Oder sogar Floristik. „Einen Sekt zu kreieren ist wie ein Blumenbouquet zusammenzustellen. Ich habe z.B. nicht nur einen Chardonnay oder Weißburgunder, sondern zehn verschiedene, die ich sozusagen zu komplexen Bouquets zusammenstellen kann. Das ist das Schöne an dem Beruf, und gleichzeitig die Herausforderung.“
Aurore Jeudy setzt auf Stilistik & Qualität
Als Visitenkarte des Hauses Schlumberger sieht die Weinexpertin die „Sparkling“ Linie. „Die hat die typische Charakteristik des Hauses – feinperlig, mit leicht frischer Note. Natürlich wird es nach oben immer komplexer. Aber das Standardprodukt muss immer das beste sein.“ Zusammenfassend ist ihre Kernaufgabe als Kellermeisterin die Sicherstellung von Qualität und Stilistik – als konstante Faktoren über Jahre hinweg. „Dazu gehören die Qualität im Glas, die Freude, die der Konsument beim Trinken hat, und das Bild, dass er von der Marke hat. Stilistik entsteht durch Struktur, Frische und Balance. Und das alles entsteht aus Erfahrung,“ schließt die Expertin.