Im Interview mit Gastro.News erzählt der Inhaber und Betreiber des Restaurant Sperling im Augarten Andreas Sael über die Herausforderungen der Eröffnung, die Ganslzeit und verrät, wie die Zusammenarbeit mit einem Freund in der Gastronomie funktionieren kann.
Gastro.News: Wann hast du das Restaurant Sperling im Augarten gemeinsam mit deinem Geschäftspartner Aurelio Nitsche eröffnet?
Sael: Wir sind jetzt seit November 2019 als Betreiber hier und haben damals sofort mit dem Umbau begonnen. Unser Ziel war die große Eröffnung im März 2020. Wie das ausging, kann sich wohl jeder selbst zusammenreimen. Die entstandenen Lieferschwierigkeiten haben eine ordentliche Verzögerung für unsere Pläne bedeutet, bis wir dann am 15. Mai 2020 tatsächlich aufsperren konnten. Und seitdem sind wir hier.
Gastro.News: Warum der Umbau, hat euch das bestehende Konzept nicht gefallen?
Sael: Die Pächter die vor uns hier waren haben unterschiedliche Zugänge verfolgt. Wir haben aber ganz klar gesagt, dass wir das Restaurant so gestalten und führen wollen, wie wir uns das vorstellen. Und nicht da weitermachen, wo andere aufgehört haben. Darum haben wir sprichwörtlich keinen Stein auf dem anderen gelassen. Und das Ergebnis ist doch großartig.
Gastro.News: Was zeichnet das Restaurant Sperling aus und welches Potential hast du schon damals erkennen können?
Sael: Dazu muss man natürlich sagen, dass es durchaus schlechtere Plätze für den Arbeitsplatz gibt, als in einem der schönsten Palais in einem der schönsten Barock Gärten Wiens. Die Vorpächter haben sich trotzdem schwer getan und viele sind wieder gegangen. Da braucht es schon Mut und einen Funken Wahnsinn alles neu zu machen und dem Konvolut an Herausforderungen die Stirn zu bieten. Aber so sind wir eben.
Gastro.News: Wie geht ihr mit den gastronomischen Mitbewerbern im Augarten um?
Sael: Wir betrachten einander nicht als Konkurrenz, sondern als Motivator Menschen hierher zu bringen. Und jeder gute Gastronom der sich hier niederlässt und irgendwas für den Platz tut, nutzt uns letztendlich allen. Denn niemand geht immer in das selbe Restaurant essen, das Naherholungsgebiet ist aber täglich einen Besuch wert. So kommen Gäste zu uns, die am Vortag noch bei einem anderen Wirten im Augarten gesessen sind. Super, mehr kann man dazu nicht sagen.
Gastro.News: Das Sperling ist ein großer Betrieb mit einem ebenfalls großen Gastgarten. Seid ihr mit der Auslastung der letzten Monate zufrieden?
Sael: Natürlich leben wir auch von den Spaziergeherinnen und Spaziergehern. Und je schöner das Wetter ist, desto besser für uns und unser Geschäft. Natürlich haben wir auch schon Stammgäste gewinnen können, von denen es aber ruhig noch etwas mehr sein dürften. Aber das sehen vermutlich alle Gastronominnen und Gastronomen so. Wir blicken sehr zuversichtlich in den kommenden Winter. Hoffentlich beleibt das auch so.
Wir sind heute alle ein bisschen verweichlicht. Wenn ich zum Beispiel an meinen Vater denke, der hätte nie und nimmer auf einen Platz beim Heizschwammerl bestanden.
Andreas Sael
Gastro.News: Corona hat euch mehr als einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wie groß ist deine Sorge vor erneuten Maßnahmen und Einschränkungen?
Sael: Wir glauben nicht, dass wir noch einmal zusperren müssen. Deswegen werden wir sehen wie das heuer wird. Anfragen von Firmen für Weihnachtsfeiern gibt es bereits, das macht Zuversicht. Natürlich gibt es noch di eine oder andere Herausforderung für uns, genau wie für alle anderen Kolleginnen und Kollegen aus der Branche.
Gastro.News: Ist eine davon die Diskussion rund um den Einsatz von Heizschwammerln im Außenbereich?
Sael: Wir haben keine Heizstrahler, weil es sich für uns schlichtweg nicht rentiert. Wir sind in einem denkmalgeschütztem Gebäude, alleine um den Strom in den Außenbereich legen zu lassen, müssten wir zwischen 17.000 und 23.000 Euro ausgeben. Und da haben wir noch keinen einzigen Heizstrahler in Betrieb. Also nein, diese Debatte zieht an uns vorüber. Außerdem würde es auch nicht zu unserer nachhaltigen Betriebsphilosophie passen.
Gastro.News: Die sich wie zeigt?
Sael: Wir setzen beispielsweise auf digitale Speisekarten. Damit sparen wir uns die Zetteldruckerei von hunderten Speisekarten. Das spart Strom, Papier, Abfall und Geld. Außerdem vertrauen wir auf regionale Produzenten und schauen auch, dass wir nicht unnötig Reinigungsmittel verwenden die wir nicht brauchen. Heizstrahler entsprechen also nicht unserer Linie.
Gastro.News: Früher gab es auch keine Heizstrahler in den Gastgärten.
Sael: Eben, wir sind heute alle ein bisschen verweichlicht. Wenn ich zum Beispiel an meinen Vater denke, der hätte nie und nimmer auf einen Platz beim Heizschwammerl bestanden. Außerdem haben sich die Energiepreise bekanntlich nicht nur verdoppelt, sondern mittlerweile vervielfacht. Genau wie die Personalkosten.
Gastro.News: Wie hat sich das auf die Personalsituation im Sperling ausgewirkt?
Sael: Wir sind pro aktiv auf unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zugegangen und haben über deren Gehälter gesprochen. Immerhin müssen sich alle die Preiserhöhungen leisten können, nicht nur wir Arbeitgeber. Irgendwo gibt es aber auch hier Grenzen. Ich kann für ein Krügerl keine zehn Euro verlangen, da laufen mir sonst die Gäste davon. Das ist ein Dilemma. Als noch junger Betrieb haben wir keine Förderung bekommen, weil wir im Vergleichszeitraum 2019 umgebaut haben. Dadurch fehlen uns im Schnitt zwischen 400.000 und 500.000 Euro. Das macht die Situation doppelt schwierig.
Gastro.News: Die Mehrkosten auf die Gäste zu übertragen, ist aber auch keine Lösung.
Sael: Richtig. Wir haben im Sperling ein Konzept entwickelt, das für jedes Börserl passt. Auch für die kleinen. Das ist gut für den Gast, für den Gastronomen aber eine gewisse Herausforderung. Ändern werden wir es aber nicht. Auch nicht für das im Moment so viel diskutierte Ganslessen.
Gastro.News: Apropos Ganslessen, habt ihr vom Lieferanten eures Vertrauens genug Gansln für die Saison bekommen?
Sael: Das haben wir. Einfach ist das heuer aber nicht gewesen. Wir mussten schon drei Monate im Voraus eine fixe Bestellung abgeben, um später nicht zu den Glücklosen zu gehören, für die keine Ware mehr vorrätig ist. Unsere Gäste dürfen sich daher auf 800 Portionen feinstes Gansl freuen. Aber im Sperling gilt in der Ganslsaison 2022: nur solange der Vorrat reicht.
Gastro.News: Sprichst du dich bei der Bestellung mit deinem Geschäftspartner Aurelio ab, oder überlässt du die Angelegenheiten der Küche komplett ihm?
Sael: Damit unsere berufliche Partnerschaft gut funktioniert haben wir uns ganz klare Grenzen darüber gesetzt, wer für welchen Bereich zuständig ist. Das ist ein Rat, den ich übrigens herzlich weitergeben darf. Aurelio ist für die Küche, das Küchenpersonal und den Einkauf verantwortlich. Ich übernehme den Service-Part, schaue dass die Buchhaltung funktioniert und mache mir auch über die Entwicklung des Betriebs so manchen Gedanken.
Gastro.News: Wie bringst du den Restaurantbetrieb mit deinem zweiten beruflichen Standbein, der Produktion von Wermut, unter einen Hut?
Sael: Das gelingt, weil ich für beide Bereiche brenne. Der Wermut ist, genau wie das Sperling eine Herzensangelegenheit, der ich mit voller Hingabe und Perfektion nachgehe. Das Potential ist in beiden Fällen enorm und daher vielversprechend für die Zukunft. Bei der Herstellung unseres eigenen Wermuts haben wir von Beginn an den Anspruch gestellt, die besten mit dem besten Produkt zu sein.
Gastro.News: Und, ist euch das gelungen?
Sael: Mit der ersten Bewertung haben wir 92 Falstaff Punkte bekommen und sind damit Österreichs bester weißer Wermut. Und auch heuer sind wir mit 93 Falstaff Punkten wieder im internationalen Ranking auf dem ersten Platz. Man darf manchmal auch breite Schultern haben und stolz auf das Erreichte sein. Im Sperling und beim Wermut ist das der Fall.
Gastro.News: Vielen Dank für das Gespräch!
Mehr zum Wiener Wermut erfahren Sie unter: wienerwermut.at
Restaurant Sperling
Adresse: Obere Augartenstraße 1 Haupttor, 1020 Wien
Telefon: 0660 1170278
Website: Sperling