Wien (Culinarius/OTS) – Mit 1,226 Mio. Unterschriften unter das Gentechnik-Volksbegehren haben Österreicherinnen und Österreicher im April 1997 der Gentechnik auf Feldern, im Regal und auf den Tellern eine klare Absage erteilt. 20 Jahre danach ist Österreich in Europa unbestrittener Vorreiter und Vorbild in der Gentechnik-freien Produktion: Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen ist verboten, die weitere Verankerung der Gentechnik-Freiheit in Österreich und Europa, auch angesichts neuer Züchtungstechniken, ist unbestrittenes und gemeinsames Ziel von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Kein anderes Land verfügt über ein derart breites Angebot kontrollierter Lebensmittel mit der Qualitätsauslobung „Ohne Gentechnik hergestellt“.
„Österreich hat mit dem Gentechnik-Volksbegehren vor 20 Jahren eine Führungsrolle bei der Gentechnik-Freiheit in Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion übernommen. Als erstes Land der EU haben wir 2015 die Gentechnik-Freiheit im Anbau sogar in der Verfassung verankert. Ich bin sehr stolz, dass uns das gelungen ist und bin überzeugt, dass unser Weg der richtige ist“, erklärt Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter anlässlich der heutigen Festveranstaltung „20 Jahre ohne Gentechnik in Österreich“.
„Ohne Gentechnik hergestellte Produkte sind ein Aushängeschild Österreichs, und wir können zu Recht stolz darauf sein. Schon 1998 hat das Gesundheitsministerium einen verlässlichen Gentechnik-frei Standard als Richtlinie im Österreichischen Lebensmittel-Codex verankert und seither stetig weiterentwickelt. Damals wurden wir in Europa noch belächelt. In der Zwischenzeit ist der österreichische Standard zur europäischen Benchmark geworden. Zahlreiche EU-Länder folgen mittlerweile unserem Vorbild und setzen verstärkt auf Gentechnik-freie Lebensmittel“, bekräftigt Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner die Vorreiter-Rolle Österreichs.
„Ohne Gentechnik hergestellt“ – Markenzeichen für österreichische Qualitätsprodukte
Mit dem Kontrollzeichen „Ohne Gentechnik hergestellt“ hat sich die ARGE Gentechnik-frei, Europas erstes und erfolgreichstes Kennzeichnungssystem für Gentechnik-frei erzeugte Lebensmittel, 20 Jahre nach ihrer Gründung als wichtige Qualitätsinstitution auf dem Markt etabliert. Es ist dabei eine wesentliche Markttransformation gelungen: Heute sind mehr als 3.300 österreichische Lebensmittel mit dem Kontrollzeichen „Ohne Gentechnik hergestellt“ ausgelobt. Bei Milch und Molkereiprodukten, Eiern sowie beim Großteil des Geflügelfleisches (Huhn, Pute) ist die Gentechnik-Freiheit Branchenstandard. Produkte mit dem grünen Kontrollzeichen „Ohne Gentechnik hergestellt“ erfüllen die strengen Produktionsvorschriften des Österreichischen Lebensmittel-Codex bzw. der EU-Bioverordnung; deren Einhaltung wird in allen Stufen der Produktion regelmäßig von unabhängigen Kontrollstellen überprüft.
„Die Nachfrage nach dem Kennzeichen ‚Ohne Gentechnik hergestellt’ hat in den letzten Jahren massiv zugenommen. Österreichs Lebensmittelhersteller haben erkannt, dass das Qualitätszeichen auf dem heimischen Markt, aber immer mehr auch im Export wichtige Marktvorteile bietet“, erklärt Markus Schörpf, Obmann der ARGE Gentechnik-frei. „Damit ist Österreichs Lebensmittelbranche bei der Gentechnik-Freiheit den europäischen Mitbewerbern klar voraus. Erfreulich ist außerdem: Derzeit gewinnt die Gentechnik-Freiheit in ganz Europa an Bedeutung und Nachfrage. In den letzten Jahren sind in mehreren europäischen Ländern – z.B. Deutschland, Frankeich, Italien, Slowenien oder Luxemburg – nach österreichischem Vorbild vergleichbare Systeme entstanden. Die Gentechnik-Freiheit hat damit die Chance, vom österreichischen Erfolgsmodell zu einem europäischen Qualitätsstandard zu werden.“
Das Kontrollzeichen genießt hohes Vertrauen: 74% der Konsumenten (Focus, 2015) bewerten das Kontrollzeichen als glaubwürdig. 81% der Konsumenten erachten Gentechnik-freie Produktion als sehr wichtig bzw. wichtig für ihre Kaufentscheidung (AMA 2016; im Vergleich: Frische – 99%, hohe Qualität – 98%, österreichische Herkunft: 90%).
Gentechnik-Freiheit als breiter gesellschaftlicher Konsens
Die Gentechnik-Freiheit hat sich in Österreich als breiter gesellschaftspolitischer Konsens etabliert – gemeinsam getragen von Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft. Die ARGE Gentechnik-frei ist dafür wichtiges Spiegelbild: Lebensmittelhandel und Hersteller arbeiten dabei ebenso konstruktiv an der Weiterentwicklung der Gentechnik-Freiheit wie Organisationen und Institutionen aus den Bereichen Umwelt, Landwirtschaft und Konsumentenschutz.
„Mit der ARGE Gentechnik-frei haben Erzeuger, Umweltorganisationen und innovative Händler vor 20 Jahren Einzigartiges für die Gesundheit der Bevölkerung und die Sicherheit der Umwelt geschaffen. Diese Partnerschaft hat den Siegeszug des Gentechnik-frei-Standards ermöglicht und Österreich zum weltweiten Vorreiter gemacht,“ erklärt SPAR Vorstandsvorsitzender Gerhard Drexel. Die Plattform habe aber auch in Zukunft wichtige Aufgaben – insbesondere angesichts der Freihandelsabkommen wie CETA oder TTIP.
Auch Frank Hensel, Vorstandsvorsitzender der REWE International AG, sieht die Gentechnik-freie Produktion als klaren Auftrag: „Bei einer überwältigenden Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher besteht unverändert der dringende Wunsch, ausschließlich gentechnikfrei produzierte Lebensmittel zu konsumieren. Kein einziges Produkt, das in den Handelsfirmen der REWE International AG angeboten wird, ist daher gentechnisch verändert und das wird auch so bleiben.“
Vielfältige Herausforderungen für die nächsten Jahre
Trotz aller Erfolge bleiben vielfältige Herausforderungen, um die Gentechnik-Freiheit auch weiterhin langfristig abzusichern:
- So gibt es wichtige Bereiche in der österreichischen Produktion, in denen erste kleine Segmente auf Herstellung ohne Gentechnik umgestellt sind: Insbesondere in der Schweine- und Rinderfütterung sind Maßnahmen gefragt, um eine großflächige Umstellung auf Gentechnik-freie Produktion voranzutreiben. Bis dato haben insbesondere Qualitätsmarken (wie z.B. Gourmetfein, Fleischwaren Berger, Hütthaler, Schirnhofer bzw. manche Eigenmarken im LEH) auf Gentechnik-freie Fütterung umgestellt.
- Auch auf europäischer Ebene stellen sich große Aufgaben: Zwischen den bis jetzt existierenden nationalen Gentechnik-frei Kennzeichnungssystemen (aktuell: D, F, I, Lux, Slo; in Vorbereitung: P, B, CH, H, BiH, Cro) gibt es zum Teil deutliche Unterschiede in den Anforderungen an Produktion und Kontrolle. Eine europaweite Harmonisierung wird notwendig sein, wenn sich noch weitere Staaten dem österreichischen Beispiel anschließen. Das seit vielen Jahren in der Praxis erprobte österreichische System sollte dabei in der EU als Benchmark und Messlatte dienen.
- Technologisch wird das Hauptaugenmerk auf die „Neuen Züchtungstechniken“ zu werfen sein. Dabei werden gentechnische Methoden, wie z.B. derzeit die Genschere (CRISPR/CAS) als Zukunftstechnologien diskutiert, um das Genom von Pflanzen zu verändern. Anders als bei herkömmlichen Methoden der Gentechnik erfolgen die Veränderungen gezielter, aber auch breiter und tiefgehender. Teilweise werden auch keine artfremden Gene eingefügt, um die Eigenschaften der Pflanze zu verändern. Der Nachweis dieser Methoden im Endprodukt ist zumeist schwierig bis derzeit unmöglich.
„Wir haben viel erreicht, und die letzten 20 Jahre sind für Österreich ganz sicherlich eine Erfolgsstory. Wir werden den Schwung und die Zuversicht daraus nutzen, um auch weiterhin im breiten gesellschaftlichen Konsens der Gentechnik in Österreich wirkungsvoll Einhalt bieten“, sieht Markus Schörpf, Obmann der ARGE Gentechnik-frei, die Aufgaben für die Plattform als noch lange nicht beendet an.
Die eigens erstelle Website www.20JahreOhneGentechnik.at bietet dabei umfassende Informationen über Gentechnik-freie Lebensmittelproduktion ebenso wie über Produktneuheuten, Gewinnspiele und Verkostungsmöglichkeiten.