Im Interview mit Gastro.News spricht die Top-Winzerin Silvia Heinrich über den Brückenschlag von Tradition und Moderne, den Druck Erwartungen gerecht zu werden und klärt auf, warum Wein immer eine persönliche Handschrift hat.
Silvia Heinrich, die burgenländische Winzerin kann mit Fug und Recht als beste Rotwein-Winzerin Österreichs bezeichnet werden. Gastro.News hat die sympathische Burgenländerin zum Interview gebeten um über aktuelle Projekte, ihre Rolle im Burgenland-Tourismus und mehr zu sprechen.
Gastro.News: Das Weingut Heinrich blickt auf eine rund 250-jährige Geschichte zurück. Fühlst du dich der Tradition verpflichtet oder gibt es Raum für innovative Ideen und Projekte?
Heinrich: Sowohl als auch. In diesem Punkt findet aber auch bei mir eine spürbare Entwicklung statt. Ich merke nämlich immer öfter, dass ich mich mit zunehmendem Alter der Tradition näher fühle. Aber es ist und bleibt genug Spielraum um Neues zu versuchen und kulinarische Wagnisse einzugehen. Wir sind ein recht junges Team und streben nach Qualität im herkömmlichen Sinn, genau wie in der Veränderung.
Gastro.News: Der zu empfehlende Weg ist also ein ausgewogener Mix?
Heinrich: So sehe zumindest ich das. Wir probieren gerne Neues und bewahren parallel die Tradition. Unser Blick ist nach vorne gerichtet, aber die Erfahrung ergibt sich aus dem was vergangen ist.
Gastro.News: Du wurdest zur besten Rotwein-Winzerin Österreichs ausgezeichnet. Geht damit ein gewisser Druck einher?
Heinrich: Überhaupt nicht. Die Auszeichnung ist die Summe aller Bewertungen der letzten Jahre und damit eine tolle Bestätigung für die Arbeit unseres gesamten Teams. Und natürlich für unseren Wein! Druck macht man sich aber höchstens selber. Der kommt nicht von außen. Ich habe den Anspruch jedes Jahr Top-Qualität zu produzieren, das war schon immer so. Mit Druck kann ich also ganz gut umgehen.
Gastro.News: Du kennst das Gefühl und die Routine eines klassischen 9-to-5 Bürojobs aus eigener Erfahrung. Kannst du dir diese Art der Arbeit heute noch vorstellen?
Heinrich: Ich habe zehn Jahre lang für Reuters gearbeitet. Das war für mich und meine persönliche Entwicklung ungemein wichtig. Ich möchte daher keinen Tag aus dieser Phase meines Lebens missen. Aber es ist natürlich so, wir leben und arbeiten hier am Land, weit weg von der großen Stadt. Als junger Mensch ist das vielleicht ein Problem, heute bin ich dankbar dafür.
Was zu mir und unserer Linie passt, wähle ich sehr genau aus und hasche bestimmt nicht jedem Trend hinterher.
Silvia Heinrich
Gastro.News: Wann bist du in den Familienbetrieb eingestiegen?
Heinrich: Im Alter von 28 Jahren.
Gastro.News: Wie stehst du zu aktuellen Trends der Branche?
Heinrich: Ich bin offen und freue mich über die Dynamik und das Lebendige der Branche. Das ist doch spannend. Außerdem koste ich alles gerne, das ehrlich und authentisch produziert wird. Was zu mir und unserer Linie passt, wähle ich aber sehr genau aus und hasche bestimmt nicht jedem Trend hinterher. Insgesamt bin ich eher eine Traditionalistin, mit großer Liebe und Passion für den Blaufränkisch.
Gastro.News: Was passiert mit einem Jahrgang, mit dem ihr weniger zufrieden seid?
Heinrich: Natürlich gab es in der Vergangenheit schon Jahrgänge, bei denen wir uns bewusst für den Verzicht der Produktion unserer Top-Weine entschieden haben. Das Jahr 2010 war ein solcher Fall. Die Qualität hat damals dem Anspruch für unsere Top-Weine nicht genügt. Und wir füllen diese nur ab, wenn wirklich alle Parameter erfüllt werden. Dafür wurde unsere zweite Linie in dem Jahr umso besser. Und wir haben uns nicht die Blöße gegeben, einen Top-Wein anzubieten, von dem wir selbst nicht restlos überzeugt waren.
Gastro.News: Du bist mit dem Burgenland, den Menschen und der Region tief verbunden. Und auch Teil des Burgenland-Tourismus. Wie kam’s?
Heinrich: Es stimmt, ich habe eine Stimme im Burgenland-Tourismus, auch wenn es nur eine sehr kleine ist. Dafür bin ich dankbar und freue mich auch darüber, diese Möglichkeit zur Anteilnahme angeboten bekommen zu haben. Das Burgenland ist meine Heimat. Dort bin ich verwurzelt. Positiv an dessen Entwicklung mitgestalten zu dürfen, ist daher ein Privileg, keine Aufgabe. Wir sind zwar ein kleines Bundesland, aber nicht unbedeutend!
Der Wein ist die Handschrift des Winzers, seine Wurzeln und sein Charakter.
Silvia Heinrich
Gastro.News: Welchen Wein kannst du unseren Leserinnen und Lesern empfehlen, an dem du gerade besonders große Freude hast?
Heinrich: Mein kulinarisches Herz brennt natürlich für unser breites Angebot an Blaufränkisch Weinen. Insgesamt haben wir sieben verschiedene im Sortiment. Mich für einen davon zu entscheiden ist kaum möglich, das ist, als müsste ich mich entscheiden welches von sieben Kindern ich am liebsten habe. Natürlich kann ich trotzdem eine Empfehlung aussprechen. In diesem Fall würde ich den Ried Goldberg Reserve Blaufränkisch wählen. Der ist für mich weit mehr als bloß ein guter Wein. Das ist eine Herzensangelegenheit.
Gastro.News: Apropos Herzensangelegenheit, ist die Herstellung von Wein etwas Persönliches?
Heinrich: Ganz bestimmt sogar. Ich finde, dass der Wein die Handschrift vom Winzer ist. Seine Wurzeln und seinen Charakter widerspiegelt. Das ist ganz natürlich und für unsere Branche auch wichtig. Damit gewinnt das Produkt an Persönlichkeit, die im besten Fall auch von den Kunden verstanden wird.
Gastro.News: An welchen aktuellen Produkten oder Projekten arbeitest du gerade auf die wir uns schon freuen dürfen?
Heinrich: Bei uns ist immer etwas los. Und wir arbeiten stets daran unser Produktportfolio zu erweitern. Das betrifft natürlich auch meine persönliche Linie, die Silvia Heinrich Weine. Insgesamt habe ich so viele spannende Projekte im Kopf, die nur darauf warten umgesetzt zu werden. Langeweile kommt auf jeden Fall nie auf. Und worauf man sich schon besonders freuen kann ist auch schnell beantwortet: Das Picknick am Goldberg.
Gastro.News: Worauf kannst du kulinarisch nicht verzichten?
Heinrich: Einen guten Blaufränkisch.
Gastro.News: Hält ein Glas Wein täglich fit und ist gut für Gesundheit und Seele?
Heinrich: In Maßen genossen, auf jeden Fall.
Gastro.News: Danke für das Gespräch.