Im Interview mit Gastro News spricht Peter Dobcak, Fachgruppenobmann der Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien über die angespannte Stimmung der Branche, den Lockdown, seine Pläne als Fachgruppenobmann und stellt klar, warum wir jetzt alle ein bisschen mehr Bruce Willis und Will Smith sein sollten.
Peter Dobcak ist ein Mann der klaren Worte. Ein Interessenvertreter aus Leidenschaft, der sich nicht scheut, unbequem zu werden und Heikles anzusprechen. Egal wie lästig die Reaktionen auch ausfallen, der Fachgruppenobmann der Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien spricht lieber Tacheles, als sich hinter leeren Worthülsen und Floskeln zu tarnen. Gastro News hat ihn zum Interview am Wiener Judenplatz getroffen.
Gastro News: Du betreibst als Interessenvertreter der Wiener Gastronomie seit nun fast zwei Jahren permanentes Krisenmanagement. Kümmerst dich um die Belange der Anderen und kämpfst für deren Unterstützung und Hilfspakete. Aber wie geht es eigentlich dir?
Dobcak: Nächste Frage bitte (lacht).
Gastro News: Wie lange hast du vor der Aufgabe als Fachgruppenobmann der Gastronomie der Wirtschaftskammer Wien noch zu nachzukommen?
Dobcak: So lange ich gesund bin, es mir Spaß macht und meine Frau es zulässt. Die aktuelle Amtsperiode läuft noch bis 2025. Bis dahin möchte ich es auf alle Fälle noch machen.
Gastro News: Und darüber hinaus?
Dobcak: Das wird erst die Zeit zeigen.
Gastro News: Bis dahin bleibt ohnehin noch genug zu tun, denn die Ereignisse überschlagen sich zuletzt wieder. Wird hier von Seiten der Regierung im Umgang mit der Krise alles richtig gemacht?
Dobcak: Es sind gewisse Dinge notwendig, um die Pandemie zu überwinden. Wir stehen nun mal vor den Tatsachen und es hat jetzt wenig Sinn mit dem Konjunktiv zu arbeiten. Mit „Hätt´ i, war´ i“ ist auch keinem geholfen. Ich freue mich daher sehr darüber, dass die Regierung nach Monaten des Zögerns, Stärke und Führungsqualität beweist und plant, die Impfpflicht ab Februar 2022 einzuführen.
Gastro News: Wie schnell muss jetzt seitens der Entscheidungsträger auf das bevorstehende Chaos der Branche reagiert werden?
Dobcak: Wir sind ein Tourismusland. Die Hauptkonzentrationen sind gerade zur kälteren Jahreszeit, und das ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar, oftmals auf die westlichen Bundesländer gerichtet. Dabei wird gerne übersehen, dass die Städte, insbesondere Wien, keine Wintersaison haben. Unsere Saison sind die 5-6 Wochen vor Weihnachten. Mit dem Martini Gansl und den Weihnachtsfeiern. Wir sind jetzt mitten in der Krise, gehen am Montag erneut in einen Lockdown und da muss es Unterstützungen geben. Vor allem zeitgerecht, denn eines ist ganz klar, die Weihnachtsgehälter werden aus dem Umsatz des Weihnachtsgeschäfts finanziert. Da genügt es nicht, wenn man Zusagen finanzieller Unterstützung macht, das Geld dann aber erst im März überwiesen wird. Das wird zu spät sein.
Gastro News: Die Branche muss sich erneut auf Take-Away und Lieferservice konzentrieren.
Dobcak: Das ist leider so. Take-Away und der Lieferservice sind gekommen, um zu bleiben. Diese Geschäftszweige haben in den letzten zwei Jahren eine großartige Entwicklung gemacht, decken aber keinesfalls den Absatzverlust ab, den wir zum Beispiel durch die Rückkehr ins Homeoffice haben, denn man bestellt nur ganz selten Getränke mit. Die werden im Lebensmittelhandel gekauft. Damit gehen uns wichtige Umsätze verloren.
Gastro News: Die Gastronomie hat seit dem Ausbruch der Corona Krise als stabile Branche an Glaubwürdigkeit verloren. Schon früher sind aufgrund der Lockdowns und schlechten Planbarkeit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgewandert und haben sich beruflich neu orientiert. Ist durch die aktuelle Entwicklung mit einer erneuten Massenabwanderung zu rechnen?
Dobcak: Das ist zu befürchten, denn die Menschen wollen arbeiten und brauchen ihr Geld. Wenn das ausfällt, und das tut es, werden Sie vielleicht in anderen Branchen ein bisschen weniger verdienen, aber ein Gefühl der Sicherheit erleben. Das schlägt sich natürlich unmittelbar auf den Fachkräftemangel unserer Branche nieder und verschärft die Situation weiter.
Gastro News: Wie erlebst du die aktuelle Stimmung der Branche, wie geht es den Gastronominnen und Gastronomen?
Dobcak: Es herrscht schon eine gewisse Resignation. Das Vertrauen in die Politik ist erschüttert. Aber nicht gebrochen. In Wirklichkeit kannte sich in den letzten Wochen niemand mehr aus und die logistischen Aufgaben sind alles andere als einfach zu bewältigen. Als Interessenvertretung werden wir überhäuft mit den verzweifelten Bitten, Klarheit zu schaffen. Das ist mitunter sehr belastend, auch für uns.
Gastro News: Du hast es in deinen Kolumnen schon gefordert, jetzt steht auch die Bundesregierung hinter der Einführung einer Impfpflicht. Was sagst du zu diesem Sinneswandel?
Dobcak: Lieber ein Ende mit Schrecken, als Schrecken ohne Ende. Wir haben inzwischen einen nationalen Notstand. Hier gilt es, klare Entscheidungen zu treffen und nicht auf Partikularinteressen Rücksicht zu nehmen. Wir bekommen jetzt präsentiert, was sich seit fast 30 Jahren entwickelt: Die „Ich-Aktie“ und die „Geiz-ist-Geil-Generation“, Menschen die nur an sich denken und dem Gerücht mehr glauben, als wissenschaftlich basierten Aussagen. Das ist ein Rückfall ins Mittelalter. Daher halte ich die Einführung der Impflicht nach wie vor für den richtigen Schritt.
Gastro News: Das Weihnachtsgeschäft steht vor der Tür und schon jetzt hat die Branche mit massiven Reservierungsausfällen und Storni zu kämpfen. Die aktuelle Entscheidungen der Regierung in den Lockdown zu gehen, verschärft die Situation zudem. Schlechte Aussichten für die Branche?
Dobcak: Jetzt ist es an der Politik zu handeln, um das Schlimmste zu verhindern, denn die Selbstverständlichkeit mit der seitens der Politik davon ausgegangen wird, dass wir die existenzgefährdenden Maßnahmen quasi auf Zuruf umsetzen, ist schon störend. Wenn wir dann Unterstützung fordern, werden wir sofort wieder in die Rolle der Bittsteller gedrängt. Das ist einfach nicht akzeptabel. Loyalität ist nunmal keine Einbahnstraße!
Gastro News: Am Ende ist es an allen Wienerinnen und Wienern ihren Beitrag zur Überwindung der Krise zu leisten.
Dobcak: Das stimmt. Ich habe in einer kurzen Ansprache einmal einen treffenden Vergleich gebracht, an den ich an dieser Stelle gerne erinnern möchte. Wir schauen uns doch alle gerne Action-Filme an, in denen Helden auftreten, die für das Gute kämpfen und sich für das Wohl der Allgemeinheit aufopfern. Das kennen wir z.B. aus „Independence Day“ oder „Armageddon“. Wir sitzen dann da, manche von uns mit feuchten Augen und sind von der Selbstlosigkeit dieser Helden überwältigt. Ich glaube, dass wir im Moment alle die Chance haben, Held zu sein und mit einer Impfung unseren Teil beitragen. Diese Chance sollten wir nicht verstreichen lassen.
Gastro News: Danke für das Gespräch.