Als Bürger Peter Dobcak bin ich 2 x geimpft und regelmäßig getestet. Mit der Maskenpflicht könnte ich gut leben, erspare mir damit vielleicht auch die ein oder andere Verkühlung. Wenn ich allerdings als Interessenvertreter unterwegs bin und täglich miterlebe welches Kontrollchaos in der Gastronomie derzeit herrscht, will und kann ich dazu nicht länger schweigen.
Fast 2 Jahre tragen wir als Branchenvertreter die auferlegten Maßnahmen mit und erklären bei unseren Besuchen und über die Medien die Sinnhaftigkeit derselben. Ganz nach dem Motto: „Durchhalten, es kann nur besser werden!“ Die dazu gehörende Disziplin und Loyalität gegenüber den politischen Entscheidungsträgern ist dabei Basis für funktionierendes politisches Management, besonders in der Krise.
Ab einem gewissen Punkt allerdings gilt es, mich daran zu erinnern, daß mir der liebe Gott einen wachen Geist und einen gesunden Körper gegeben hat und damit den Auftrag für meine Überzeugung einzustehen. Das galt für meine jungen Jahre und noch viel mehr heute, gestützt durch eine gewisse Lebenserfahrung. Somit einige offene Worte…
Als Enkelkind der Kriegsgeneration, aufgewachsen mit einem für die Zeit selbstverständlichen Glauben an die Entscheidungskraft unserer gewählten Volksvertreter, ist es für mich zunehmend unerträglich mir jeden Tag diese Feigheit vor dem Herrn anzuhören.
Die große Errungenschaft einer Demokratie ist, dass das Volk ihre Vertreter mittels Wahl bestimmt. Aber dann dürfen wir, eben im Namen des Volkes, Entscheidungen zum Wohl der Bevölkerung erwarten. Auch wenn diese für eine Minderheit manchmal unbefriedigend sein mögen.
Ich brauche keine Volksvertreter, die wie verschreckte Kinder in einer so wichtigen Zeit um den heißen Brei herumreden, vor jeder notwendigen Entscheidung Umfragen durchführen und nachfragen, ob die Entscheidung hoffentlich so genehm ist. Meine gewählten Volksvertreter, die aus der Natur der Sache einen deutlichen Informationsvorsprung haben, sind von mir gewählt um das Notwendige zu entscheiden. Auch wenn es mir manchmal nicht passt.
Wenn man allerdings, dem Zeitgeist folgend, versucht, dem Geschrei jeder noch so kleinen Minderheit absolutes Gehör und damit völlig übertriebenes Gewicht zu schenken, wundert es nicht, wenn die Sorgen der numerischen Mehrheit und damit der demokratischen Mehrheit im Volk gefährlich vernachlässigt werden. Es ist genau das über Jahrzehnte hochgejubelte egozentrische Weltbild, scheinbar als Geburtsrecht dem Bürger verliehen, welches den Begriff Solidarität und Gesamtverantwortung wie Fremdworte klingen lässt. Genauso wird jetzt gehandelt, oder besser nicht gehandelt.
Als steuerzahlender Bürger, aber vor allem als Vertreter einer von der Pandemie besonders betroffenen Branche, frage ich schon, wie wir dazu kommen bei den inzwischen zur Verfügung stehenden Impfungen noch immer unter massiven Einschränkungen leiden zu müssen, wirtschaftlich, wie gesellschaftlich? Wie kann es sein, dass die Belegschaft der Krankenhäuser als Resultat mangelnder Konsequenz verzweifelt vor ihren Häusern demonstrieren muss, um auf den abermals aufkeimenden Wahnsinn im kommenden Winter aufmerksam zu machen? Wieso ist es den Unternehmern und ihren Mitarbeitern einfach so zuzumuten, sich jeden Tag aufs Neue mit dringend benötigten Gästen auf Diskussionen einlassen zu müssen, warum sie jetzt das Lokal nicht besuchen dürfen? Mit einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht, wird von der Wirtschaft erwartet, die Vorgaben der Regierung einzuhalten, obwohl jeder weiß, dass diese bloß wieder von Zögerlichkeit und Inkonsequenz diktiert sind. Die am Freitag Abend verkündeten Stufen 4 & 5 sind, bei allem Verständnis, wieder so ein Beispiel.
Führt doch endlich die allgemeine Impfpflicht ein und werdet Eurer Verantwortung gegenüber Österreich gerecht!
Fast hätte ich geschrieben, verdammt noch mal.
Euer
Peter Dobcak
Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer Wien