Der Sautanz hat ihn bekannt gemacht. Auch der große Anthony Bourdain war auf Gut Purbach und wollte „immer mehr“. Max Stiegl hat eine soziale Botschaft. In „Kitchen Impossible“ kämpfte er gegen Tim Mälzer. Er wünscht sich gegrilltes Biberherz als letztes Abendmahl.
Wir treffen Max Stiegl im Restaurant Dstrikt, wo er im Februar als Gastkoch werkte (Hier geht es zum Artikel). Es ist 16.30, das Abendgeschäft startet in eineinhalb Stunden. Max, entspannt und bester Laune, ist vor der Kamera zu allerlei Späßen aufgelegt. Im Gespräch entpuppt sich der 39-jährige dann als emphatischer Mensch mit Botschaft. Oft fällt das Wort sozial. Seinen drei Kindern möchte der übezeugte Anti-Alkoholiker durch positives Vorleben ein Vorbild sein. Auch seine Nose-to-tail-Küche sieht er als Erziehungsauftrag. Der 3-Hauben-Koch ist kein Mann der sich hinter seinem Herd versteckt. Er ist „gern unter die Leut“.
Gastro News Wien: Der Brite Fergus Henderson, ursprünglich Architekt, gilt mit seinem Buch Nose to Tail-Eating als Godfather der gleichnamigen Bewegung. Seit wann lassen Sie eigentlich die Menschen um die Sau tanzen?
Max Stiegl: Im Burgenland ist das nichts Neues. Ich hab damit vor 13 Jahren angfangt. Mit fünf Leuten. Jetzt haben wir vier bis fünf Mal im Jahr 200 Leut‘. Es kommen Gäste aus der ganzen Welt.
Auch Anthony Bourdain war schon Gast auf Gut Purbach. Wie war der Tag mit dem großen „Tony“?
Tony ist wirklich groß, auch seine Hände sind riesig. An dem Tag hat es extrem geschneit (gschnieben, sagt Stiegl). So wie ich es noch nie erlebt hab im Burgenland. Über Vermittlung von Joachim Riedl ( Publizist und Leiter des Wien-Büros der „Zeit„; Fotografiert hat damals Manfred Klimek) sind zwei Fernsehteams gekommen. Wir haben ein Schaf geschlachtet und ein Kameramann ist mit samt der Kamera einfach weggekippt (lächelt). Anthony kam später dazu. Er war ganz cool. Ich hab Hirn, Zunge, Nieren, Leber für ihn gemacht. Er hat alles aufgegessen und wollte immer mehr kosten. Für mich war es ein aufregender Tag, denn Bourdain war für uns junge Köche ein Gott.
Was ist denn das Besondere am Sautanz?
Das Soziale. Alle Nachbarn sind früher zsammen kommen. Das Schwein war die „Vorratskammer“ der Menschen. In der kalten Jahreszeit, wo man sonst wenig hatte, wurde es geschlachtet und verarbeitet. Da wurde den ganzen Tag gekocht, Wurst gemacht, Gammeln ausgelassen, und eingerext. Die Innereien hat ma‘ gleich gegessen. Es war ein soziales Miteinander. Auch die „Benachteiligten“ sind gekommen. Für die hat’s Blunznsuppn gebn.
Nur etwas über die Hälfte der Tiere landet bei uns auf dem Teller. Die andre Hälfte geht in Industrie, Tierfütterung etc. Wie sehen Sie das?
Wenn es schon sterben soll, muss es auch als Ganzes verwertet werden. Da geht es um Respekt.
Jeder Einkauf ist politischer Akt, kochen detto. Hat Max Stiegl einen Erziehungsauftrag?
Natürlich. Ich bin auch Vater von drei Kindern. Man lebt ja was vor. Ich glaube, dass man einen politischen Auftrag hat und dass es ist wichtig ist, mit der sozialen Botschaft, die man mit sich trägt, sorgsam umzugehen.
Apropos sozial. Jene Menschen, die wenig Geld zu Verfügung, plagen wohl andere Sorgen. Wie kann man da diese Botschaft vermitteln?
Das geht schon. Schaun wir doch mal die italienische Küche an. Biserl a Pasta, Olivenöl und du hast a sehr gutes Essen gmacht.
Da muss man aber kochen können?
Schon, aber Couscous oder Risotto ist wirklich nicht schwer.
Uns alle hat der Geschmack der Kindheit geprägt. Wie war das bei Ihnen?
Sehr einfach. Ich komm aus dem einfachsten Arbeiterkreis. Wir hatten wirklich wenig Geld. Gekocht hat die Mama. Manchmal hat es Faschiertes mit hart gekochten Eiern geben, oft Sarma, viele Eintöpfe.
Aber keine Fertigkost?
Das hats früher bei uns nicht gebn, denn die war ja teurer. Nur Aufstriche aus meiner Heimat Slowenien (Max wurde in Slowenien geboren und ist in Salzburg aufgewachsen).
Sie treten auch im Fernsehen auf. Muss man heutzutage, wenn man erfolgreich sein will?
Das ist ein Teil unseres Berufs. Ich transportiere eine Botschaft. Ich bin auch nicht in einer Großstadt, sondern in Purbach am Neusiedlersee . Auch die Bücher verkaufn sich dadurch besser. Ich find’s auch eine Wertschätzung unserem Beruf gegenüber.
Was essen Sie eigentlich selbst gerne – und was essen gar nicht?
Gänseleber ess ich nicht gern. Avocados mag ich auch nicht. Sonst ess ich eigentlich alles, was gut zubereitet ist.
Anthony Bourdain hat, nachdem er in Fergus Henderson St. John geröstetes Knochenmark mit Petersilie gegessen hatte, dieses unwideruflich zu seiner Henkersmahlzeit erwählt. (Nachzulesen in Christian Seilers großartigem Buch: Alles Gute) Was soll Ihre letzte Mahlzeit sein?
Ein Topfenschmarrn. Ein Lammzüngerl mit einer Krensauce. Was ich irsinnig gern ess, ist Biberherz. Gegrilltes Biberherz.
Soll ich da schnell was kochn, fragt Max und schwingt sich in die Kuchl. Wenig später, sensibel abgeschmeckt und leichtfüßig kommen Kutteln serbisch mit Bohnen und Octopus.
Max Stiegl, danke sehr für das Gespräch!