Martin Rohla, 56, hat alles verkauft. Textilhandel, Apotheken, Pharmafirma. Seit Jahren investiert er fast nur noch in wirklich nachhaltige Unternehmen. Biorama, Habibi & Hawara, Swing Kitchen, Fair Finance u.a. Im TV tritt Rohla in der Puls4 Start-up Show „2 Minuten 2 Millionen“ auf. Der praktizierende Katholik und Jäger kam zur Gastronomie „wie die Jungfrau zum Kind“. Ein Talk über Gott und die Welt der Kulinarik.
Martin Rohla ist ein Mann mit Haltung und klaren Wertvorstellungen. Vom loftigen Innenstadtbüro im Dachgeschoss – kreatives Chaos, viele Bilder, viele Bücher, viel von David Bowie – blickt er auf das Dach des „Steffl“. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich der umtriebige Investor hier wohl fühlt, denn der praktizierende Katholik lauscht jeden Sonntag andächtig der Predigt von Dompfarrer Toni Faber („Ein Marketinggenie“). Rohla versucht nach den göttlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung zu leben, die er um die vier Kardinaltugenden Tapferkeit, Klugheit, Gerechtigkeit, Bescheidenheit ergänzt. „Mit so einem Wertegerüst kann man eigentlich nichts falsch machen“. Rohla legt seit 25 Jahren regelmäßig die Beichte ab, allerdings oft im Café ums Eck. „Eine Gratis-Psychotherapie, sogar mit Absolution am Ende“, meint er scherzhaft, fügt aber gleich ernsthaft hinzu, dass es um ein stetes Streben, um ein Bemühen gehe. Auch der Name seines Unternehmens passt ins Bild: Goodshares investiert in wirklich nachhaltige Projekte. Der passionierte Jäger kocht gerne, isst Fleisch, bezeichnet sich aber auch als „Fan des Veganismus“.
Gastro News Wien: Sie hatten Textil- und Pharmaunternehmen, jetzt sind Sie Biolandwirt. Ein ungewöhnlicher Weg. Wie kam’s?
Martin Rohla: Ich habe BWL studiert – aus Faulheit, weil’s damals noch einfach war. Dann habe ich mit 25 ein halbes Jahr bei der Creaditanstalt in N. Y gearbeitet, aber festgestellt, dass ich mit großen Unternehmen nicht kompatibel bin. Mit 26 habe ich mich dann entschlossen, selbständig zu sein. Ich hab‘ noch nie ein Gehalt bekommen.
Dann hatten Sie einige Firmen…
Ja, ich war schon in vielen Branchen (lacht). Mit einem türkischen Freund im Textilhandel. Nach wenigen Jahren hatten wir sechs Filialen. Ein Pharmafirma, Apotheken (Rohla hat ua. Saint Charles gegründet) eine EDV-Firma und einiges mehr.
Die Anteile ihrer Firmen haben Sie verkauft. Jetzt investieren Sie mit Goodshares in nachhaltige Projekte. Nachhaltigkeit ist ja ein inflationär gebrauchter Begriff. Wie definieren Sie ihn?
Nachhaltiges Unternehmertum ist leicht definiert. Ökologische, soziale, aber vor allem auch ökonomische Verantwortung. Unternehmen müssen immer auch wirtschaftlich funktionieren.
In der Investment Show 2 Minuten, 2 Millionen geht es bei manchem Unternehmern um die blanke Existenz. Sie entscheiden darüber mit. Wie geht man mit dieser Verantwortung um?
Ich kannte die Sendung zuerst gar nicht. Nach einem Essen mit Hans Peter Haselsteiner, der mir die eigentliche Wirkung, nämlich Menschen zum Unternehmertum zu motivieren, erklärt hat, bin ich eingestiegen. Das Gute: die Sendung inspiriert Menschen tatsächlich, eigeninitiativ etwas zu schaffen, etwas zu machen. Ich sitz‘ da drinnen, weil ich nachhaltig und analog bin. Und wir sind im Gegensatz zu den anderen ähnlichen Formaten zu den Pitchern (fast) immer nett.
In der Show präsentieren sich auch viele Start-up Unternehmen, die mit Kulinarik zu tun haben. Was haben Sie für eine Beziehung zu Tieren, zum Essen generell?
Ich bin Jäger, sogar Jagdaufseher, gleichzeitig aber auch ein großer Fan des Veganismus (Rohla ist beteiligt an Swing Kitchen).
Das geht sich aus?
Ja, klar. Es geht bei Veganismus nicht nur um Tierschutz, sondern um die dramatischen Folgen der industriellen Tierhaltung. 4 wesentliche Punkte: 50 Prozent des weltweiten Wasserkonsums verbrauchen industriell gehaltene Tiere. 70 Prozent der Ackerfläche gehen für Tierfutter drauf. Die Exkremente und Flatulenzen produzieren mehr umweltschädliche Impacts als alle Autoabgase zusammen. Das ärgste aber ist die Energieeffizienz: Man muss sozusagen 9 Mal mehr an Kalorien einfüttern , als das Tier dann für uns Menschen als Nahrung hergibt! Das ist auch eine Berechtigung der Jagd. Kein Ackerland, kein industrieller Wasserverbrauch und Verwertung „Nose to Tail“!
Uns alle hat der Geschmack der Kindheit geprägt. Wie war das bei Ihnen?
Mein prägendster Kindheitsgeschmack ist Grieskoch mit Himbeersaft. Aber wir haben sonst gerne gut gegessen. Meine Mutter war keine tolle Köchin, hat aber großen Wert auf Tischkultur gelegt. Wenn wir Kinder uns vor der Mutter hingesetzt oder gar angefangen haben zu essen, mussten wir in der Küche fertig essen.
Kochen Sie auch selbst?
Sehr gerne. Kochen entspannt mich. Ich bin zur Gastronomie wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Dann haben wir Habibi & Hawara als Flüchtlingsintegrationsprojekt in der völlig verrückten Annahme, der dumme Satz „wer nichts wird, wird Wirt“ sei richtig, gegründet. Dabei ist die Gastronomie das schwerste Geschäft überhaupt!
Sie haben aber schnell dazu gelernt, Habibi & Hawara entwickelt sich prächtig. Mittlerweile gibt es 3 Habibis, das jüngste im Nordbahnviertel. Wie stehts mit neuen Projekten?
Wir haben die Ausschreibung für das Cobenzl gewonnen. Ich bin jetzt 30 Jahre Pächter. Auf 5.000 Quadratmetern bauen wir die schönste Eventlocation Österreichs. Natürlich mit guter Gastronomie.
Fad wird Ihnen auch in Zukunft nicht?
Nein. Ganz nach Matthäus 23: „Das eine tun, das andre nicht lassen!“ 😉
Nach dem Interview plaudern wir noch eine Weile über Gott, Politik und David Bowie. Rohla hat sich intensiv mit Bowie als Musiker und Künstler befasst. Er ist fasziniert vom vielschichtigen Charakter, Hunky Dory zählt zu seinen (und meinen) Lieblingsalben. Auch seine Kinder „mussten“ von klein auf Bowie hören. Zum Ausklang spielt er mir am Handy noch seinen Lieblingssong vor: Under Pressure, live in Dublin. Bowies geniale Bassistin Gail Ann Dorsey übernimmt dabei den Gesangspart von Freddy Mercury.
Hier finden sie Informationen zur 7. Staffel von 2 Minuten 2 Millionen.
Hier finden Sie die Interviews, die Chefredakteur Marko Locatin in seiner Rubrik „Locatin Trifft“ geführt hat. U.a mit: Silvio Nickol, Nadja Bernhard, Martin Leutgeb, Juan Amador, Leo Hillinger, Robert Huth, Michael Schottenberg Mario Plachutta, Clemens Obonya und Peter Friese.