Ein Bärendienst

Marko Locatin

Die kritische Einstellung von Sebastian Kurz gegenüber der Wirtschaftskammer bzw. den Sozialpartnern kennen wir. Obwohl die Interessenvertretung die Gesetze nicht macht, stört manch kritische oder warnende Stimme aus dieser Richtung das möglichst friktionsfreie Umsetzen der politischen Ziele. Auf Zwischenrufe aus den Kammern kann tunlichst verzichtet werden. Besonders wenn diese quasi aus der schwarzen, Verzeihung, türkisen Wirtschaftskammer kommen.

Besonders in Vorwahlzeiten ist es für die unterschiedlichen wahlwerbenden Parteien wichtig, möglichst alle potentiellen Wählergruppen bei der Stange zu halten. Es darf durch voreilige Zusagen einem möglichen Koalitionspartner gegenüber keine Stimme verlorengehen. Daher ist völlig klar, dass niemand auch nur einen Millimeter von seinem Kurs abweicht, indem auf Forderungen anderer Gruppen eingegangen wird.

Wie hält man nun, trotz politischem Gegenwind, seine Forderungen im Gedächtnis der Wähler und Wählerinnen ohne sich selbst und die anderen Parteien zu zwingen sich in ihren Argumenten einzugraben? Ganz klar, man spielt über die Bande.

Genau hier kommen die Sozialpartner ins Spiel. Auch wenn die Zwischenrufe manchmal lästig erscheinen, kommen die Forderungen quasi von aussen. Sie zwingen damit keinen Kandidaten dem politischen Mitbewerber seine Forderung direkt abzuschlagen und sich selbst damit für die Zeit nach der Wahl festzunageln. Mit anderen Worten, wir Interessenvertreter haben die Aufgabe Themen nach aussen am Kochen zu halten und intern das politische Feld für Lösungen aufzubereiten. Damit verliert kein Politiker sein Gesicht oder eine Stimme.

Die wieder aufgeflammte Diskussion um das Rauchverbot in der Gastronomie ist ein klassisches Beispiel dafür. Die Gastronomievertreter in der Wirtschaftskammer fordern Ausnahmen, der Präsident als oberster Unternehmervertreter bestätigt das mit konkreten Vorschlägen. Lassen wir sie doch. Wir Politiker fahren unsere Linie, trotz Geschrei, bis zur Wahl. Verhandelt wird danach.

Leider hat sich eine Partei dazu verleiten lassen mit eigenen Vorschlägen direkt an die Öffentlichkeit zu gehen. Natürlich ist der politische Gegner nun gezwungen diese abzulehnen und hat sich damit voraussichtlich auch für die Verhandlungen nach der Wahl eingegraben. Ein absolut ungeschicktes Vorgehen des damaligen kleinen Koalitionspartners nur wegen ein paar Stimmen. Der Spielraum für eine Lösung ist wieder ein gutes Stück kleiner geworden.

Ein wenig mehr diplomatisches Geschick, begleitet von etwas politischem Weitblick, wäre in diesem Fall für die Gastronomie nützlicher gewesen. Denn die agierenden Damen und Herren sitzen bald gut bezahlt im Nationalrat. Die betroffenen Gastronomen auf den Scherben der politischen Kurzsichtigkeit.

Euer

Peter Dobcak