Groß verkündet wird die längst überfällige Reform der Gewerbeordnung. Es ist ja wirklich nur schwer nachvollziehbar warum ein Betrieb für ähnliche Arbeiten oder Zusatzleistungen extra Gewerbescheine benötigt. Wer allerdings glaubt, dass dies den notwendigen Kern einer Bürokratiereform darstellt, ist den populistischen Meldungen der Politik auf den Leim gegangen.
Das ganze Paket auf die Ersparnis von wenigen hundert Euro Kammerumlage aufzuhängen lenkt nicht nur davon ab, dass die Regierung wieder den dringenden Handlungsbedarf in den eigenen Reihen ignoriert, sondern schädigt die Interessenvertretung der Unternehmer nachhaltig. Klar ist es Mode geworden die Wirtschaftskammer für sämtliche Versäumnisse der Wirtschaftspolitik verantwortlich zu machen. Dass Gesetze im Nationalrat beschlossen werden und nicht von Herrn Leitl gemacht werden, ist dabei ohne Belang. Ja, es sind über die letzten Jahre viele faule Kompromisse geschlossen worden. Ja, der Klubzwang ist ein Stachel in unserem demokratischen Verständnis. Ja, die Wirtschaftskammer hat an politischem Einfluss verloren, doch das ist noch lange kein Grund die Sozialpartnerschaft zu gefährden in dem man, eben zufällig mal wieder, genau die Unternehmervertretung angreift. Es ist schon merkwürdig, dass über die Existenzberechtigung der Arbeiterkammer und des ÖGB kein kritisches Wort aus der Regierung zu hören ist. Darüber sollte man in der ÖVP auch einmal nachdenken. Eine Hintergrundanalyse dazu ein andermal.
Dass eine Bereinigung der vielen Gewerbe notwendig ist, steht außer Zweifel, dass sich jede Institution stetig hinterfragen muss und verbessern, ebenso. Doch die wahre Ersparnis liegt nicht darin ob man nun einen Gewerbeschein benötigt oder nicht, sondern in den dahinter liegenden Auflagen, die weit in andere Gesetze hineinreichen.
Was ist mit dem Arbeitnehmerschutz? Dass Herr Stöger hier Reformen aus dem Grund ablehnt, weil laut Statistik die Anzeigen der Arbeitsinspektoren zurückgegangen sind, ist lächerlich. Denn von den Millionen Euro, die die Unternehmer aufgrund der überbordenden Auflagen „freiwillig“ investieren um eben keine Anzeige zu bekommen, ist dabei keine Rede. Von den immer neuen Wünschen unterschiedlicher Inspektoren bei jeder Verhandlung, ebenso nicht.
Wie sieht es aus mit den Vorgaben zur Erlangung einer Betriebsanlagengenehmigung? Was hier aufgeführt wird widerspricht jeglicher Idee von effizienter Verwaltung. Nur weil ich mir einen neuen Herd kaufe, der möglicherweise mehr Kw verbraucht als der alte, muss ich die gesamte Betriebsanlage auf den letzten Stand bringen? Der dadurch entstehende gewaltige Investitionsstau entwertet den Betrieb mehr und mehr. Viele notwendige Renovierungen sind einfach nicht mehr leistbar.
Dass wir in Österreich eines der strengsten Lebensmittelgesetze der Welt haben klingt gut und gibt Sicherheit, doch für uns Gastronomen bedeutet dies den Wünschen der Lebensmittelbehörde völlig ausgeliefert zu sein. Eine gesprungene Küchenfliese, ein gebrauchtes Schneidebrett, Proben die wir selbst bezahlen dürfen, rutschfeste Trittauflagen laut Arbeitsinspektor, die aber unhygienisch sind usw., usw. Auch hier heißt es zahlen, zahlen, zahlen.
Ein weiterer Punkt ist die Mehrfachbestrafung bei Übertretungen. Bei einer offenen Gesellschaft mit zwei Gesellschaftern zum Beispiel wird die Firma bestraft und zusätzlich jeder einzelne Gesellschafter, weil Alle haften. Die Behörde kassiert für ein Vergehen dreifach. Das ist nicht zu akzeptieren!
So gibt es noch viele andere Bereiche, die ebenso evaluiert und ausgemistet werden sollten. Hier liegt das wahre monetäre Potential einer Bürokratiereform für die Unternehmen.
Nur ein wenig zum Nachdenken wenn es die Interessenvertretung nicht mehr gibt:
An wen wendet sich dann der Unternehmer mit einer Frage? Jetzt ist klar, dass er seine oder ihre Fachvertretung anruft – und dann?
Wer verhandelt die Kollektivverträge mit der Gewerkschaft? In letzter Konsequenz heißt das, dass jedes einzelne Unternehmen mit der Gewerkschaft einen eigenen Kollektivvertrag verhandelt. Das bei 55.000 Gastronomiebetrieben in Österreich.
Wer berät den kleinen Gastwirt wenn er Umbauten vor hat und einen neue Betriebsanlage benötigt? Die Spezialisten der Kammer für Betriebsanlagen werden dann nicht mehr da sein.
Wer gibt Auskunft bei Fragen zum Arbeitsrecht? Dann wohl der eigene Anwalt, wo dieselbe Auskunft mehr kostet als die Kammerumlage in der Gastro für ein ganzes Jahr.
Wie sieht es mit den Lehrlingen aus? Wer verhandelt die Lehrinhalte und vertritt die Interessen der Lehrherren? Nur mehr die Gewerkschaft?
Ich denke, die Beispiele sind ausreichend um zu zeigen, dass noch einige Fragen zu beantworten sind bevor die Regierung eine sinnvolle Verwaltungsreform verkünden kann. Ein erster Schritt wird im Herbst getan werden. Ich kann nur hoffen, dass man vor lauter Eifer nicht unbedacht nachhaltigen Schaden anrichtet.
Euer,
Peter Dobcak