Little Ho-Chi-Minh-City in Wieden?

Andrea Wieger

Mitte Mai hat im Herzen des vierten Bezirks ein neues asiatisches Restaurant namens „Bep Viet“ eröffnet, was so viel heißt wie „vietnamesische Küche“.  Was ist nun anders? Was ist es, das vietnamesisch interessanter oder gar exotischer macht als einige andere allseits bekannte Asia-Küchen?

Hung Cuong Nguyen heißt der Besitzer des Lokals, er stammt aus Ho-Chi-Minh-Stadt, ist seit 16 Jahren in Österreich und war bereits zuvor in mehreren asiatischen Restaurants tätig, bevor er mit dem Bep Viet sein erstes Eigenes eröffnete. Vorstellbar, dass es gar nicht einfach ist, den perfekten Gastro-Standort zu finden, doch in asiatischen Kreisen in Wien geht das womöglich doch nicht so schwer. Immerhin gabs an dieser Adresse -perfekt gelegen nahe der TU, dem Naschmarkt und dem Freihausviertel – bereits zuvor zwei Chinarestaurants. Wie dem auch sei, das Interieur ändert sich meist kaum. Gemütlichkeit, zumindest optisch betrachtet, ist vermutlich für viele Asiaten ein Fremdwort. Dies würde erklären, warum die Einrichtung in solchen Restaurants meist eher karg und kühl wirkt. Weder alt noch modern, weder extrem hässlich noch besonders hübsch anzuschauen ist die Kombination aus dunklem Holz und verspiegelten Metallelementen an Tischen und Stühlen. Ebenso der Gastgarten: er erfüllt zwar seinen Zweck des Draußen-Essen-Könnens, doch lauschige und idyllische Stunden verbringt man hier eher nicht.

Macht nix. Immerhin liegt der Fokus in dieser Sache ja auch woanders, nämlich beim Essen: Herr Nguyen bietet eine unglaublich umfangreiche vietnamesisch-deutsch-verfasste Speisekarte mit insgesamt zehn (!) Kategorien an, meine Entscheidungsfreudigkeit wird somit wieder auf die Probe gestellt. Vorspeise, Salat, Reisbandnudelsuppe („Pho“), Reisnudelsuppe, Nudelgericht, gegrillte Speisen oder doch eine „klassische“ Hauptspeise? Huiii… not easy. Der Zufallsgenerator in meinem Kopf hat sich zuerst für den Papayasalat mit Shrimps (€ 5,50) entschieden. Der kam schnell zu Tisch, sah etwas einfärbig aus und schmeckte leider auch bisschen fad. Die Papayajulienne etwas unknackig, zwar abgeschmeckt mit Erdnuss, Sesam, Koriander und gerösteten Reisbröseln, doch irgendwie dann doch nicht so geschmackvoll wie erhofft. Gut, die zweite Runde steht ja noch an: ich ordere gebratenes Hühnerfleisch mit Basilikum, Gemüse und Koriander, wundere mich dann als Huhn in orange-gelber Sauce ohne Koriander zu Tisch kommt. Fehler im Computer heißt es. Ok. Obwohl ich nicht unbedingt ein großer Fan von Curry bin, esse und teste ich das Curryhühnerfleisch , das mir serviert wird. Das Fleisch ist – wie immer in asiatischen Restaurants – sehr weich und zart, das Gemüse grob geschnitten und knackig, die Sauce nicht schlecht, doch nicht wirklich als Currysauce definierbar und wenig aromatisch. Auch hier wieder: etwas mehr vom „echten“ Geschmack fehlt mir. Der Reis dazu wird – auch wie meist üblich in asiatischen Restaurants – mit dem Puddingförmchen auf den Teller gestürzt, hat eine sehr gute Konsistenz. Nach dem Salat und der Hauptspeise bin ich dann zwar satt, aber nicht wirklich zufrieden. Das ändert ein wenig die kleine Gratis-Nachspeise, die jeder Gast bekommt: roter Reis mit Taro und Kokosmilch. Schaut aus wie Kirschjoghurt, schmeckt aber herrlich kokosnussig und richtig gut. Als Entschuldigung für die falsch servierte Hauptspeise schenkt der Chef mir noch eine kalte Sommerrolle zum mitnehmen. Diese mit Reisnudeln, Salat und Shrimps gefüllte Reisteigrolle kann meine Begeisterung dann zwar auch nicht mehr wirklich entfachen, Fakt ist jedoch ebenso, dass man  – beziehungsweise ich – wegen zwei nicht ganz so umwerfenden Speisen noch nicht negativ urteilen sollte, wenn die Speisekarte an die hundert (!) Positionen bietet, von denen nicht wenige recht vielversprechend klingen: knuspriger Entensalat beispielsweise, faschierte Garnelen auf Zuckerrohr, die Spezial-Reisbandnudelsuppe mit verschiedenen Rindfleischsorten und Kräutern, gebratener Wasserspinat mit Knoblauch, geschmorter Fisch aus dem Tontopf oder – für experimentierfreudige Gäste – gebratene Froschschenkel mit grünen Bananen und  „La Lot“ Blättern (das sind sogenannte vietnamesische Pfefferblätter).

Mein Fazit:

Das Servicepersonal ist freundlich, die Preise moderat, der Gesamteindruck nicht umwerfend, aber durchaus in Ordnung. Eine zweite Chance hat das Bep Viet allemal verdient.

 

Bep Viet

Favoritenstraße 2

1040 Wien

Tel. 01/992 12 00

Geöffnet: MO bis FR & Feiertags 10:30 bis 22:30 Uhr, SA & SO 17:00 bis 22:30 Uhr