Wien (Culinarius) – Gerald Bayers Traum vom eigenen Lokal war schon immer vorhanden. Nachdem er mit 39 Jahre auf 10 Jahre Dienstzeit als Geschäftsführer im Café Halle zurückblicken konnte, beschloss er, es endlich zu wagen: „Es war ein Sprung ins kalte Wasser; ein „ein entweder – oder“ – es wurde am Ende das „Entweder“ in Form des Ulrichs am Ulrichsplatz.
Notfallplan hatte er damals keinen: „Ich glaube Qualität setzt sich immer durch – mache das was du machst gut, gern, mit Liebe und mit einem (gewissen) möglichst hohen Maß an Professionalität – dann setzt sich eine Idee auch durch.“ Genau diese Werte, welche Bayer als Motto hat, spiegeln sich auch in der Gestaltung, dem Flair und dem Personal des Ulrichs wider.
„Man muss auf sein Ziel fokussiert bleiben und diesem dann nachgehen.“
Natürlich gibt es kein allgemein gültiges Erfolgsrezept für einen gelungenen Gastronomiebetrieb – denn bereits vor dem Start gab es auch einige Momente, an denen in Bayer einige Zweifel aufkamen: „Die gab‘s fast jeden Tag, als ich auf der Baustelle gesessen bin.“
Doch davor musste erst die passende Location ausgewählt werden: „Das Wichtigste war es, eine Location zu finden. Als ich das Museumsquartier verlassen habe, hatte ich noch keine – es war mehr oder weniger ins Blaue hinein. Wäre ich aber dort geblieben hätte ich meinen Traum nie umsetzen können. Ich musste einen Schritt machen.“ – der Rest ist (Erfolgs-)Geschichte.
Vor allem durch Berichte in den Medien aber auch durch das gastronomische Netzwerk, welches Bayer sich über die Jahre bereits aufgebaut hatte, erhielt er ein wenig Starthilfe. Er ist sich aber bewusst, dass unterm Strich „Faktoren wie Ambiente, das erfolgreiche Ansprechen des Zielpublikums und eine dauerhaft hohe Qualität“ die wohl ausschlaggebenden Bestandteile seines Erfolges sind. „Du kannst super vernetzt sein und das beste Marketing haben, wenn das Gesamtkonzept nicht passt oder es an der Umsetzung hapert, ist das alles umsonst.“
Auch den „Schanigarten des Jahres 2015“ (ausgezeichnet durch die WKO Wien) darf das Ulrich sein Eigen nennen. „Der Platz ist ideal – das perfekte Ambiente mit der alten Kirche.“
Dass dahinter ein Haufen Arbeit steckt, liegt auf der Hand – „aber ich bin nicht fürs Leicht machen.“, ergänzt Bayer. Das Gastgarten-Konzept der Vorbesitzer musste grundlegend geändert werden, alles wurde heller und übersichtlicher – inklusive maßangefertigter Einrichtung.
„Im Ulrich war es mir schon wichtig, dass man das Grätzl um die Kirche, insbesondere das Gasthaus, welches es schon lange gegeben hat, auf der einen Seite dasselbe bleibt, aber auf der anderen Seite neuinterpretiert wird. Sachen die man auf der einen Seite kennt, aber auf der anderen Seite diesen gewissen Pepp haben“ Auch in Bezug auf die Speisekarte findet sich das Motto der Neuinterpretation wieder: Beispielsweise das Wildschweinschnitzel mit Kürbiskernkruste und Preiselbeeren – „Schmeckt den Leuten genauso, ist aber etwas anderes – und mehr bio geht nicht.“
Bayer: Trends und Inspiration
Natürlich ist es immer spannend zu erfahren, woher Gastronomen Ihre Inspiration holen.
„Ich hatte ein ganzes Jahr Zeit mir ein Konzept zu überlegen und mir dabei viele Lokale selber angeschaut – einiges habe ich aber auch aus dem Internet. Schau dir was von den Besten ab, wie und was sie machen. Dann nimm dir von jedem etwas raus und probiere es mit dem eigenen Konzept – das Konzept ist Ulrich.“
Auf die Frage, wie er zu Trends steht meint Bayer: „Ich glaube man muss nicht auf jeden Trend aufspringen – (und zweitens), wenn man aufspringt, dann mach‘s g’scheit – ich glaube man kann einen Trend auch überstrapazieren. Aber keine Frage, der Trend geht zu gesünder und nachhaltiger.“ Ein gutes Beispiel für das Gespür des erfahrenen Gastronomen bewies sich bei einer der Stärken des Ulrichs: Dem Frühstück. Als immer mehr Nachfragen bezüglich eines veganen Frühstücks gestellt wurden nahmen er und sein Team sich Zeit, um ein adäquates Frühstück zu kreieren. Dieses Gespür für Trends bestätigt sich: Gleich am ersten Tag wurde das vegane Frühstück sehr gut angenommen und fand seinen Weg aus der Küche auf die Tische der Gäste.
Seine Inspiration drückt er durch die „Signature Drinks oder Signature Dishes in Form von Speisen, die du sonst nirgends bekommst.“, aus.
„Limonade selber machen ist einmal das Eine, aber wie sie dann aussieht, schmeckt und präsentiert wird ist das Andere – es ist zwar ein wahnsinniger Aufwand, aber wenn man sieht wie‘s angenommen wird, ist das ein wunderschönes Gefühl.“
„Wichtig ist es Authentisch zu sein und das auch zu leben“
„Ich habe einfach ein Lokal eröffnen wollen, bei dem ich sage: Da gehe ich selber gerne hin, da fühl ich mich wohl. Was mich immer am Fine Dining und Haubenlokalen gestört hat, ist dieses Steife – das bin ich nicht, das kann ich nicht. Ich möchte aber trotzdem gut essen – nett präsentiert, zu einem vernünftigen Preis und in einem coolen Ambiente.“ – Und genau das ist der Eindruck den das Ulrich liefert, sobald man es betritt, dezent, angenehm und ungezwungen wirkt alles.
„Ich gehe lieber in ein schummriges Wirtshaus, wo eine g’standene Wirtin drinnen ist, die ein supergeiles Gulasch und ein g’scheites Bier serviert – das ist authentisch. Aber auch zum Asiaten der Sushi macht: Es geht darum, dass der Gastronom das lebt, was er anbietet.“
Aber auch die Details in seinen Restaurants sind ihm sehr wichtig: „Details sind bei Konzepten wie diesem das Um und Auf – Mir tut es weh, wenn ich Lokale besuche und sehe, da hat sich jemand wirklich etwas überlegt und auf einmal siehst du drei Sachen, die gar nicht gehen. Das finde ich dann schade. Genau diese drei Sachen sind dann vielleicht ausschlaggebend, nicht mehr hin zu gehen.“
„Ich steh‘ auf Vielfalt!“
Der Erfolg liegt bis dato auf der Hand: Das Ulrich hat in den letzten Jahren eingeschlagen wie eine Bombe und ist mittlerweile ein Fixpunkt im Grätzl. Vom Studenten, über den alteingesessenen Wiener bis hin zum Schlipsträger zieht es ein bunt durchmischtes Publikum an.
Dieser Erfolg beflügelt: Zwar gab es offiziell ursprünglich keinen Wunsch zu expandieren, doch seit Februar hat der Ulrich einen kleinen Bruder Namens Erich – einem weiteren Lokal die Gasse runter.
Bezüglich der Zukunftsperspektive der zwei Brüderlokale meint Bayer: „Ich bin davon überzeugt, wenn man die Qualität in puncto Atmosphäre, Service, Speisen und Getränken halten kann, dann werden die Leute immer kommen – ich denke die Grundvoraussetzung hierfür ist gelegt. Man muss aber auch mit der Zeit gehen, immer nur das Selbe kann ich nicht, ich könnte unmöglich ein Lokal betreiben, welches das ganze Jahr die Selbe Speisekarte hat. Wenn man nie was ausprobiert, dann hätten wir in 50 Jahren noch unverändertes nur Schnitzel und Gulasch – aber bitte nicht falsch verstehen: Die zwei Gerichte stehen ganz oben auf meiner Lieblingsspeisen Scala!“
Fotocredit: Christof Wagner