Wien (Culinarius) – Murauer – Die Traditionsbrauerei aus der Steiermark, die eine der wenigen ist, die nicht zu einem Großkonzern gehört, begeistert hierzulande vor allem in studentischen und alternativen Kreisen mit klassischen Sorten wie Märzen, Weissbier und Pils. Gleichzeitig setzt die Privatbrauerei aber ebenso auf Innovationen, indem sie laufend neue Bierkreationen auf den Markt bringt, wie beispielsweise dem „preisel&bier“, „Black Hill“, „Lemongras“ und dem neusten Produkt „Ananas Weiße“. Das hopfengestopfte Murauer 11/11 wurde sogar von Bierpapst Konrad Seidl vor kurzem zur Bier-Innovation des Jahres gekürt.
Der Mann, der seit einem Jahr hinter diesen Bierkreationen steht, nennt sich Johann Zirn: Der gebürtige Bayer aus Tegernsee absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Brauer und Mälzer, schloss 2004 das Studium als staatlich geprüfter Produktionsleiter für Brauwesen und Getränketechnik ab und sammelte Erfahrung im Bereich der Bierherstellung, unter anderem auch in der Schweiz. Seit Mai 2015 lebt er in Österreich und ist neuer Braumeister bei Murauer Bier. Im Interview mit Gastronews Wien erzählt er von der „Brauerei der Sinne“ und darüber, was ihm Inspiration für neue Kreationen gibt. Außerdem erklärt er, was für ihn die wichtigste Auszeichnung ist…
Gastronews Wien: „Seit einem Jahr arbeiten Sie bei Murauer, wie ist Ihr Eindruck bisher?“
Zirn: „Sehr gut! Sowohl privat wie auch geschäftlich. Murau gefällt mir besonders gut! Nach sieben Jahre in der Schweiz in das grüne Herzen Österreichs zu gehen, ist fast ein Bisschen wie „heimkommen“ . Das Bayrische und Steirische passt meiner Meinung nach sehr gut zusammen, es gibt viele Übereinstimmungen, auch im Dialekt.“
„Sie sind aus Tegernsee – warum haben Sie sich dazu entschieden, zu Murauer zu gehen und nicht beispielsweise zum Tegernseer Bier?“
Zirn: „Zum damaligen Zeitpunkt hatte ich drei Angebote, eines davon aus Bayern. Doch für mich war schnell klar, dass meine Frau und ich in die Struktur hier in Murau besser hineinpassen würden. Nach meiner Tätigkeit in der Schweiz suchte ich nach einer neuen Herausforderung, wobei es mir wichtig war, in eine Privatbrauerei zu gehen, da man hier einfach viel mehr gestalten kann als in einem Großkonzern. Außerdem genießt die Brauerei Murau einen ausgezeichneten Ruf in im „deutschsprachigen Raum“
„Wie entstand Ihr Berufswunsch, Braumeister zu werden?“
Zirn: „Mit 11 oder 12 Jahren half ich bereits bei dem Heimdienstservice aus, der Getränke nach Hause lieferte. Dort kam ich in ersten Kontakt mit Bierkisten und machte Ausflüge zu Brauereien. Mit 14 Jahren hatte ich dann einen Ferienjob in einer Bierbrauerei. So entstand der Berufswunsch zum Braumeister.“
„Wie sieht Ihr Alltag bei Murauer aus?“
Zirn: „Um 7Uhr in der Früh fange ich meinen Geschäftstag an und gehe durch alle Abteilungen. Um 8Uhr ist Morgenbesprechung, dann folgen unterschiedliche Termine und Themenschwerpunkte vom Rohstoffeinkauf, Qualitätssicherung, Projektbearbeitung, Prozesskontrolle und Verbesserung ,etc. dabei liegt mir der direkte Kontakt zu unseren ausgezeichneten Mitarbeiter besonders am Herzen. Mein Alltag hier ist also sehr vielfältig.“
„Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf besonders gut?“
Zirn: „Ich finde es toll, ein so vielfältiges Produkt herzustellen, das vielen Menschen Freude bereitet. Außerdem gefällt mir die Herausforderung, Qualität zu erzeugen.“
„Woher nehmen Sie die Inspiration zu neuen Bierkreationen?“
Zirn: „Ich gehe mit offenen Augen durch die Welt, lasse mich sowohl von der Brauszene inspirieren wie auch von Gesprächen, beispielsweise mit meiner Frau, die ebenfalls vom Fach ist. Des weiteren inspiriert mich ein schöner Spaziergang in der Steiermark genauso wie eine Auslandsreise mit gutem Bier.“
„Das Murauer 11/11 wurde von Conrad Seidl zur Bier-Innovation des Jahres gekürt, welches der Murauer Biere hätte Ihrer Meinung nach außerdem diesen Titel verdient?“
Zirn: „Wir bringen sehr viele Innovationen laufend in unser Sortiment ein, wie zum Beispiel das ‚preisel&bier’ und die ‚Ananas Weiße’, mein persönlicher Favorit bleibt aber das Murauer Märzen. Ich denke jedes unserer Produkte hätte einen Preis verdient, aber darauf kommt es nicht an. Für mich ist der größte Preis die zufriedene Kundschaft, die sich über unser Bier freut.“
„Findet man Mitarbeiter bei Murauer, die kein Bier trinken?“
Zirn: „Ja, wenige, aber es gibt sie. Mir fallen ein paar ein, die überhaupt keinen Alkohol trinken. Solange man Alkohol nicht als absolutes Verbot im Leben sieht, muss man also nicht unbedingt Bier-affin sein, um hier zu arbeiten.“
„Wie gelingt es Ihnen, dass das Murauer besonders bei Studenten Anklang findet?“
Zirn: „Ich denke dem jungen Publikum ist Nachhaltigkeit wichtig und da sind sie bei uns genau richtig, denn wir legen großen Wert darauf, umweltbewusst zu produzieren. So benutzen wir zum Beispiel Heizwasser, anstatt Heizöl. Außerdem gelingt es uns, Tradition und Innovation zu kombinieren, sind modern und stehen gleichzeitig für eine regional etablierte Marke. Noch dazu gehört Murauer keinem Großkonzern an, was den jungen Leuten denke ich auch gut gefällt.“
„Ist der Craft Beer Trend eine Bedrohung für traditionelle Biersorten?“
Zirn: „Ganz und gar nicht, es ist eher ein Segen. Craft Beer polarisiert. Auch das Murauer 11/11 stellt eines dar. Aber die Hauptsorte von Murauer wird immer das Märzenbier bleiben, es hat eine enorm hohe ‚drinkability’, was bedeutet, wenn man ein Bier davon getrunken hat, möchte man unbedingt ein weiteres.“
„Sind weitere Bierkreationen für die Zukunft in Planung?“
Zirn: „Definitiv! Unser neuestes Projekt ist die ‚Brauerei der Sinne’, die wir momentan bauen und im Herbst hier in Murau eröffnen werden. Dort möchten wir den Fokus nicht auf das Märzenbier lenken, sondern auf Sorten, die nicht so bekannt sind. Es soll eine Spielwiese werden für unsere Bierbrauer, die ihre eigenen Kreationen verwirklichen wollen. Außerdem sollen die Konsumenten mehr einbezogen werden, weshalb es auch ein Besucherzentrum geben wird. Allerdings verdient Murauer hauptsächlich Geld mit Märzenbier, nur mit Spezialitäten alleine funktioniert es nicht. Deshalb probieren wir uns zwar aus, verlieren aber nicht unsere Wurzeln.“
Fotocredit: Brauerei Murau eGen